US-Präsident Donald Trump mischt sich in den Wettbewerb um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May ein. Solch eine Parteinahme ist ein Bruch mit diplomatischen Gepflogenheiten. Es wurde erwartet, dass Trump am Dienstag, dem zweiten Tag seines umstrittenen StaatsbesuchsMichael Gove trifft. Der Umweltminister und Brexit-Vorkämpfer möchte May beerben. Trump bot auch dem Brexit-Hardliner Boris Johnson ein Gespräch an, doch der Ex-Außenminister, der als Favorit im Nachfolgerennen gilt, lehnte aus Zeitgründen ab.
Bereits kurz vor seiner Anreise hatte Trump gesagt, Johnson wäre ein "exzellenter" Premierminister. May wird am Freitag den Vorsitz der Konservativen Partei niederlegen, bleibt aber Regierungschefin, bis die Partei im Juli einen Nachfolger gekürt hat. Es gibt zwölf Kandidaten.
Großbritannien:Diese Tories wollen May beerben
Theresa May hat den Parteivorsitz abgegeben. Ihr Nachfolger wird auch Premierminister werden - das Feld der Bewerber ist groß. Ein Kandidat ist bei der Basis besonders beliebt, doch die Fraktion sieht ihn skeptisch.
May wurde von Kabinett und Partei zum Rücktritt gedrängt, nachdem sie den mit Brüssel abgeschlossenen Brexit-Vertrag dreimal nicht durchs Parlament bekam.
Am Dienstag trafen May und Trump Wirtschaftsvertreter in London. Der Präsident versprach dabei erneut, nach dem Brexit mit dem Königreich "ein sehr, sehr substanzielles Handelsabkommen" abzuschließen. Darauf folgten Gespräche in Mays Amtssitz 10 Downing Street, bei denen Außenminister Jeremy Hunt - ein weiterer Kandidat für das Amt des Premiers - ebenfalls anwesend war. In der Innenstadt hatten sich Tausende zu Protesten gegen den Präsidenten versammelt. Sie kritisierten unter anderem seine Flüchtlingspolitik und sein Werben für den Brexit.
Bei einer Pressekonferenz mit May bezeichnete Trump jedoch Berichte über Demonstrationen als "Fake News". Er habe bloß "Tausende jubelnde Menschen" gesehen: "Wo sind die Proteste?" Trump bedankte sich bei Königin Elizabeth II. für die Einladung zu diesem "sehr, sehr besonderen Staatsbesuch" und nannte die Königin "eine fantastische Person, eine fantastische Frau".
Trump sagte zudem, er habe die Bitte Jeremy Corbyns um ein Treffen ausgeschlagen. Der Vorsitzende der größten Oppositionspartei Labour hatte aus Protest gegen Trumps Politik nicht am Staatsbankett am Montag in Buckingham Palace teilgenommen. Er sprach am Dienstag zu den Demonstranten.
Trump wiederum empfing gegen Abend in der US-Botschaft noch den Chef der Brexit-Partei, Nigel Farage.
Trump will Differenzen mit May ausräumen
Einer der Streitpunkte zwischen der britischen und der amerikanischen Regierung ist der Umgang mit Huawei. Washington fordert seine Verbündeten auf, den chinesischen Telekommunikationsausrüster nicht am Ausbau des Mobilfunknetzes mit der schnellen 5G-Technik zu beteiligen - aus Angst vor möglicher Spionage durch Peking. London folgt hier aber eher dem Ansatz der EU und will Huawei daher nicht komplett ausschließen. "Wir werden unsere Differenzen ausräumen können", sagte Trump nach dem Treffen mit May. An diesem Mittwoch nimmt er an Feierlichkeiten in der Hafenstadt Portsmouth teil, die an die Landung der Alliierten in der Normandie vor 75 Jahren erinnern.