Rede von Biden:"Du kannst dein Land nicht nur lieben, wenn du gewinnst"

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US-Präsident Biden spricht vor US-Flaggen im Bahnhof Union Station in Washington, D.C. (Foto: IMAGO/JIM LO SCALZO/IMAGO/UPI Photo)

In seiner schärfsten Rede als US-Präsident wirft Joe Biden seinem Vorgänger Donald Trump kurz vor den Midterms Machtmissbrauch vor - und warnt vor einem "Angriff auf unsere Demokratie".

Von Peter Burghardt, Washington

" In our bones - tief in unserem Inneren - wissen wir, dass die Demokratie in Gefahr ist", sprach Joe Biden. Dies war einer der Sätze seiner schärfsten und eindringlichsten Rede seit Amtsantritt. Immer wieder hatte der US-Präsident zuletzt vor dem radikalen Teil der Republikaner gewarnt, der MAGA-Bewegung, die Donald Trumps Wahlspruch "Make America Great Again" anhängt. Am Mittwochabend wurde Biden grundsätzlich, kurz vor den US-Zwischenwahlen.

Seine Demokraten stehen bei diesen Midterms am 8. November unter Druck, sie könnten ihre Mehrheit im Abgeordnetenhaus verlieren und vielleicht auch im Senat. Biden widmete sich nun dem politischen Klima. Er tat dies wenige Tage nach dem Überfall eines Mannes auf das Haus von Nancy Pelosi in San Francisco. Der Verschwörungserzähler wollte die demokratische Sprecherin der Abgeordneten entführen, er verletzte ihren Mann mit einem Hammer schwer, Biden beschrieb die Attacke.

Gut zwanzig Minuten lang dauerte der Vortrag zur besten Fernsehzeit. Biden stand dabei vor US-Flaggen in einem Raum des Bahnhofs Union Station von Washington, D.C., nahe dem Kapitol, das am 6. Januar 2021 ein Mob von Trump-Anhängern gestürmt hatte. "Dies ist der Weg ins Chaos in Amerika", sagte Biden. "Er ist beispiellos. Es ist ungesetzlich. Und es ist unamerikanisch." Dies seien die ersten Wahlen seither. Er wünsche sich, er könne sagen, "dass der Angriff auf unsere Demokratie an diesem Tag endete. Aber ich kann es nicht".

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Als Ursache erkennt Biden nicht zuletzt die Weigerung seines Vorgängers Trump, dessen Niederlage 2020 anzuerkennen. Die große Lüge vom Wahlbetrug habe zu einem gefährlichen Anstieg der politischen Gewalt und der Einschüchterung von Wählern geführt. "In diesem Moment müssen wir diesen Lügen die Wahrheit entgegensetzen. Die Zukunft unserer Nation hängt davon ab."

Biden nannte den Namen Trump nicht, doch jeder weiß, wer gemeint ist. Der ehemalige Präsident akzeptiere das Wahlergebnis und den Willen des Volkes nicht. "Er hat seine Macht missbraucht und die Loyalität zu sich selbst über die Loyalität zur Verfassung gestellt, und er hat eine große Lüge zu einem Glaubensartikel für die MAGA-Republikaner, eine Minderheit dieser Partei, gemacht."

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Die Frage ist, wie seine Worte in umkämpften Wahlkreisen wirken. Präsident Biden wolle verzweifelt von Inflation, Verbrechen und offenen Grenzen ablenken, twitterte der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell. "Jetzt behauptet er, dass Demokratie nur funktioniert, wenn seine Partei gewinnt." Joe Biden sagte: "Du kannst dein Land nicht nur lieben, wenn du gewinnst."

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