Kampf um Bergkarabach:Türkei sagt Aserbaidschan militärische Unterstützung zu

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Konflikt um Berg-Karabach: Ein Mann geht in der Region an einer Hauswand vorbei, an der viele Einschusslöcher zu sehen sind. (Foto: dpa)

Armenien wirft den Luftstreitkräften Aserbaidschans vor, Bombenangriffe auf Bergkarabach zu fliegen. Zuvor hatte sich der Weltsicherheitsrat zu dem Konflikt geäußert.

In dem neu aufgeflammten Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Kaukasus-Region Bergkarabach hat die Türkei Aserbaidschan offiziell militärische Unterstützung zugesichert. Die Türkei werde bei einem Hilfegesuch Aserbaidschans "tun was notwendig ist", sagte Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu am Mittwoch auf eine entsprechende Frage von Journalisten der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Ein Vertreter des armenischen Verteidigungsministeriums in Eriwan warf den Luftstreitkräften Aserbaidschans vor, Bombenangriffe auf Bergkarabach zu fliegen. Dabei seien erneut türkische Kampfjets vom US-Typ F-16 eingesetzt worden. Zudem werde mit Raketen geschossen. Und es seien Funksprüche in türkischer Sprache zwischen den Piloten abgefangen worden, sagte Arzrun Owanissjan in Eriwan.

Kämpfe um Bergkarabach
:Gefechte mit Vorgeschichte

Den Kämpfen zwischen Armenien und Aserbaidschan um das Gebiet Bergkarabach gingen jahrzehntelange Spannungen voraus - ein Krieg könnte folgen.

Von Silke Bigalke

Aserbaidschan und die Türkei hatten den Einsatz von F-16-Kampjets dementiert. Das aserbaidschanische Militär betonte, selbst ausreichend gerüstet zu sein. Es sind die schwersten Kämpfe seit Jahrzehnten zwischen den beiden früheren Sowjetrepubliken.

Am Dienstag hatte die Regierung in Ankara die Darstellung Armeniens als falsch zurückgewiesen, die türkische Luftwaffe habe einen armenischen Kampfjet abgeschossen. Die Regierung Armeniens veröffentlichte am Mittwoch Fotos des Flugzeugwracks und bekräftigte ihre Vorwürfe an die Türkei.

Die beiden verfeindeten Südkaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan führten den vierten Tag in Folge schwere Kämpfe um die Konfliktregion Bergkarabach. An der gesamten Demarkationslinie der bergigen Region sei am Mittwochmorgen mit Artillerie geschossen worden, teilte eine Sprecherin des armenischen Verteidigungsministeriums in Eriwan mit. Das Militär in Aserbaidschan informierte darüber, dass die Stadt Terter auf eigenem Staatsgebiet von den Armeniern angegriffen worden sei. Viele Menschen seien verletzt, Gebäude zerstört worden.

Sicherheitsrat fordert Einstellung der Kämpfe

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen forderte am Dienstag die sofortige Einstellung der seit drei Tagen andauernden Gefechte zwischen Armenien und Aserbaidschan in der Region Bergkarabach. "Die Mitglieder des Rates sprachen sich für die Forderung des Generalsekretärs aus, die Kämpfe sofort einzustellen, die Spannungen abzubauen und unverzüglich an den Verhandlungstisch zurückzukehren", schrieb der 15-köpfige Rat in einer Erklärung am Dienstag. Die Vereinten Nationen seien besorgt "über Berichte über großangelegte militärische Aktionen entlang der Kontaktlinie in der Konfliktzone Bergkarabach" und "verurteilen nachdrücklich die Anwendung von Gewalt".

Zuvor hatten die Mitglieder des Gremiums das Thema hinter verschlossenen Türen besprochen. Die Initiative dafür war von Deutschland und Frankreich ausgegangen und wurde von Belgien, Großbritannien und Estland unterstützt.

UN-Generalsekretär António Guterres hatte bereits mehrfach ein sofortiges Ende der Kämpfe in Bergkarabach gefordert - auch per Video-Telefonschalte mit jeweils dem aserbaidschanischen Präsidenten İlham Əliyev (Ilham Alijew) und dem armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan. Guterres forderte die sofortige Wiederaufnahme von Verhandlungen und die Wiederentsendung von OSZE-Beobachtern in die Region.

Die schwersten Gefechte seit 2016

Bergkarabach gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan und hatte sich während eines Krieges in den 1990er Jahren von dem Land losgesagt, wird aber von keinem Staat als unabhängige Republik anerkannt. Zwar schlossen das mehrheitlich christliche Armenien und das mehrheitlich muslimische Aserbaidschan 1994 einen Waffenstillstand. Dennoch melden beide Seiten regelmäßig Angriffe in der Region und entlang der gemeinsamen Grenze.

Die jetzt wiederaufgeflammten Gefechte sind die schwersten seit 2016. Offiziell wurden auf armenischer Seite mehr als 100 Menschen getötet. In Aserbaidschan sprachen die Behörden von offiziell zehn getöteten Zivilisten. Beide Seiten behaupten, Hunderte Soldaten des jeweiligen Gegners getötet zu haben. Baku sprach am Mittwoch sogar von insgesamt 2300 armenischen Toten und Verletzten seit Sonntag.

Armenien und Aserbaidschan hatten Friedensgespräche zuletzt abgelehnt. Sein Land wolle verhandeln, aber Armenien sperre sich, behauptete der aserbaidschanische Präsident Əliyev im russischen Staatsfernsehen. Der armenische Ministerpräsident Paschinjan sagte, es verhandle sich sehr schlecht, während Militäraktionen im Gange seien. Eriwan warf der Türkei den Abschuss eines seiner Flugzeuge vor, was Ankara und Baku dementierten.

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