Umweltschutz:Damit sich die Isar wehren kann

Lesezeit: 2 Min.

Wenn die Isar Rechte hätte, könnte sich jeder per Gerichtsverfahren gegen deren Verschmutzung einsetzen. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Natur muss eigene Rechte haben, findet eine Initiative aus Bayern. Sie sammelt Unterschriften für ein Volksbegehren, um die Verfassung zu ändern.

Von Nadja Tausche, München

In der bayerischen Verfassung wäre es nur eine kleine Anpassung, sagt Hans Leo Bader - in der Wirkung aber gehe es um eine grundlegende Systemänderung und "um die Frage, wie wir miteinander leben wollen". Bader hat das Volksbegehren "Rechte der Natur" initiiert, gemeinsam mit Mitstreitern sammelt er dafür seit September Unterschriften in Bayern. Das Ziel: Die Natur soll eigene Rechte bekommen - die könnte dann jeder Bürger vor Gericht einklagen. Es gehe nicht darum, wegen jedem gefällten Baum einen Prozess zu starten, sagt Bader. "Aber wir haben ein Rechtssystem, das die Natur als Objekt ansieht." Wenn also konkret die Isar Rechte hätte, könnte sich jeder per Gerichtsverfahren gegen deren Verschmutzung einsetzen, ohne selbst von den Auswirkungen betroffen zu sein.

Um ihr Ziel durchzusetzen, arbeiten die Mitglieder der Initiative "Rechte der Natur" auf internationaler Ebene mit Verfassungsrechtlern zusammen. Aktiv engagieren sich in dem Netzwerk Bader zufolge nur etwa 15 Menschen, das Projekt hat aber mehrere große Unterstützer: die Deutsche Umweltstiftung etwa, in deren Vorstand Bader selbst aktiv ist, oder Wirtschaftswissenschaftler und Politiker Alberto Acosta Espinosa; er ist Schirmherr des Projekts und kommt aus Ecuador. Dort wurden die Rechte der Natur im Jahre 2008 in die Verfassung geschrieben.

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In Gesprächen ist man außerdem mit dem Hilfswerk Misereor, um die Kirchen ins Boot zu holen. 25 000 Unterschriften braucht die Initiative, um erst einmal den Antrag auf ein Volksbegehren durchzubringen - "aber wir reichen erst ein, wenn wir viel mehr haben", sagt Bader. Man müsse jetzt erst einmal bekannt werden.

Bader spricht von einer "Riesenaufgabe" - optimistisch ist er trotzdem. Denn dass sich in Sachen Umweltschutz etwas verändern muss, daran hat er keine Zweifel. "Die Menschen brauchen etwas, an dem sie sich festhalten können", glaubt er. Klimaverträge, die nicht rechtlich bindend sind, Vorgaben wie das 1,5-Grad-Ziel, die die Menschheit gar nicht mehr einhalten könne: "Ich glaube, wir sind in einer Phase, in der die Menschen das satthaben." Bader vergleicht die Situation mit dem Update eines Betriebssystems, das die Politik beim Thema Klima dringend nötig habe.

Bayern soll dabei nur der Anfang sein. Derzeit laufen Vorbereitungen für weitere Volksbegehren in Berlin und Baden-Württemberg. Am Ende soll es dann ums Grundgesetz gehen, das ist das wichtigste Ziel der Initiative: Es soll um die Rechte der Natur ergänzt werden. Sie soll eine juristische Person werden, so wie dies in Deutschland auch Unternehmen sein können. Anschließend müsse sich die Änderung dann in Gesetzen niederschlagen, sagt Bader, um Wirkung zu erzielen.

Auf das Thema gestoßen ist der Initiator des Volksbegehrens Ende 2017. Er habe einen Artikel über die Rechte von Pflanzen gelesen, erzählt er: "Ich fand das erst lustig, dann habe ich angefangen nachzuforschen." Schließlich habe er sich mit Klaus Bosselmann zusammengetan, Autor, Professor für Umweltrecht in Neuseeland und Vorstandsmitglied zahlreicher Gruppierungen zum Schutz der Natur. Auch Bader hat beruflich mit Umweltschutz zu tun, als ökologischer Projektentwickler setzt er sich für den Bau nachhaltiger Häuser und Wohnungen ein, außerdem ist er in München in der ÖDP aktiv. Er war auch bei dem erfolgreichen bayerischen Volksbegehren "Rettet die Bienen" im Jahr 2019 beteiligt.

Zu schnell will man mit dem Volksbegehren zu den Naturrechten nun nicht vorpreschen. Das Sammeln der Unterschriften sei allein in Bayern auf mehrere Jahre angelegt, sagt Bader. Denn: "So eine Systemänderung muss ja gelebt werden." Derzeit stehe man mit einigen Zig Unterschriften noch am Anfang. Als nächsten Schritt ist im kommenden Jahr unter anderem eine Tour durch die großen Städte Bayerns geplant. "Wir wollen mit Menschen direkt in Kontakt kommen, die dann die Idee weitertragen", so Bader. Im Endeffekt, betont er noch, käme es den Menschen zugute, wenn man der Natur Eigenrechte zuspräche. Es gehe immerhin darum, ihre Lebensgrundlage zu erhalten.

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