Außenministertreffen in Genf:Durchbruch bei Atomgesprächen mit Iran möglich

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US-Außenminister John Kerry ist am Samstagmorgen in Genf angekommen. (Foto: REUTERS)

Gibt es Fortschritte bei den Gesprächen über das umstrittene Atomprogramm Irans? Die Außenminister der UN-Vetomächte sowie Deutschlands eilen an diesem Wochenende nach Genf - offenbar um letzte Meinungsverschiedenheiten auszuräumen.

In den Atom-Gesprächen der Weltmächte mit Iran verdichten sich die Anzeichen auf eine unmittelbar bevorstehende Einigung: Die fünf UN-Vetomächte USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland (P 5 + 1) haben ihre Außenminister nach Genf geschickt. Diplomaten hatten vor dem Beginn der Verhandlungen gesagt, die Ressortchefs reisten nur an, wenn ein Text für ein Interimsabkommen mit Iran zum Unterzeichnen vorliege. Er sehe eine "realistische Chance" auf eine Einigung, sagte Russlands Außenminister Sergej Lawrow laut einer Mitteilung des Außenministeriums in Moskau.

Die Gespräche hätten ihren "finalen Moment" erreicht, sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Hong Lei, am frühen Samstagmorgen der Agentur Xinhua zufolge. Nachdem der russische Außenminister Lawrow am Freitag völlig überraschend in Genf eingetroffen war und mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sowie seinem iranischen Kollegen Mohammed Dschawad Sarif gesprochen hatte, kündigte das US-Außenministerium an, dass John Kerry nach Genf reisen werde. Er traf am Samstagmorgen ein.

Iran spricht von "gewissen Fortschritten"

Anderthalb Stunden nach Kerrys Mitteilung folgten der französische Außenminister Laurent Fabius und sein britischer Kollege William Hague mit der Ankündigung, zu den Verhandlungen dazuzustoßen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) wollte laut einem Sprecher ebenfalls am Samstag in Genf sein. Die chinesische Regierung bestätiogte schließlich am Samstagmorgen die Teilnahme von Außenminister Wang Yi. Dieser sei bereits auf dem Weg nach Genf, hieß es auf der Internetseite des Außenministeriums. "Die Atomverhandlungen gehen in die letzte Phase."

Die Delegation aus Teheran hatte sich bereits am Freitag zuversichtlich über den Stand der Verhandlungen geäußert. "Heute Abend haben wir gewisse Fortschritte in den Verhandlungen gemacht", sagte der iranische Vizeaußenminister Abbas Araghchi. Der Minister betonte zugleich, dass die Ergebnisse der letzten Verhandlungen noch nicht endgültig seien. Daher werde er auch nicht ins Detail gehen.

Ein einstündiges Gespräch mit der EU-Chefunterhändlerin Ashton am Morgen wurde von der iranischen Seite als "positiv, wenn auch kurz" bezeichnet. Außenminister Sarif schrieb auf seiner Facebookseite, über eine "begrenzte Zahl von Themen" gebe es noch "Meinungsverschiedenheiten". Iranischen Medien sagte er: "Mit Gottes Willen werden wir ein Ergebnis erzielen."

Israel bleibt skeptisch

Ziel der Gespräche ist bisherigen Angaben zufolge eine vorläufige Einigung, die eine Fortentwicklung des iranischen Atomprogramms vorerst stoppt. Danach soll eine umfassende dauerhafte Vereinbarung ausgehandelt werden, die eine rein friedliche Nutzung der Atomkraft in Iran sicherstellt. Der Westen wirft dem Land vor, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Atomenergie nach Kernwaffen zu streben. Iran bestreitet die Vorwürfe.

Diplomaten zufolge zeichnet sich ein Kompromiss bei der Frage ab, ob Irans Recht auf Uran-Anreicherung international anerkannt wird. Während der Westen dies bisher ablehnte, machte es Iran es zu einer zentralen Forderung. Die Anreicherung kann zur Stromerzeugung, aber auch zum Atomwaffen-Bau genutzt werden. Letztmals hatten die Parteien Anfang November in dem seit vielen Jahren währenden Streit miteinander verhandelt und damals bereits von erheblichen Fortschritten gesprochen.

Israel warnte indes die Weltmächte vor einer Lockerung der Sanktionen und einem Abkommen, das nicht den kompletten Verzicht Irans auf sein Atomprogramm beinhaltet. Frankreich hatte Israel zugesichert, einer Lockerung von Sanktionen erst zuzustimmen, wenn klar sei, dass Iran nicht den Bau von Atombomben verfolge.

Der Streit schwelt seit vielen Jahren und westliche Länder haben scharfe Sanktionen gegen Iran erlassen. Beobachtern zufolge hat dies erst ermöglicht, dass das Land unter seinem neuen Präsidenten Hassan Ruhani jetzt zu Zugeständnissen im Gegenzug für eine Lockerung der Sanktionen bereit ist.

Nach Schätzungen von US-Experten büßt Iran wegen der internationalen Sanktionen jeden Monat etwa fünf Milliarden Dollar an Wirtschaftskraft ein. Seit der Verhängung der Strafmaßnahmen hätte sich dies inzwischen auf 120 Milliarden Dollar summiert. Zusätzlich seien etwa 100 Milliarden Dollar iranischer Guthaben auf Banken im Ausland eingefroren.

© Reuters/AFP/dpa/mest - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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