Ausblick 2016:Ein schwieriger Spagat

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3. Die Union muss sich rechts der Mitte positionieren

Das klingt zunächst schizophren: Merkels "Wir schaffen das" aufrechterhalten und gleichzeitig die rechte Flanke wieder abdecken. Ein schwieriger Spagat. Aber notwendig. Die Union ist heute das, was die SPD mal war: eine Volkspartei links der Mitte. So wird sie zumindest nach einer jüngsten Umfrage von den meisten Bürgern gesehen.

Wenn die Union schon links der Mitte ist, dann ist rechts der Mitte viel, zu viel Platz. Genug Platz, damit sich eine rechtskonservative bis in Teilen rechtsradikale Partei wie die AfD da austoben kann. "Rechts von der CSU darf es keine demokratisch legitimierte Partei geben." Dieses Diktum von Franz Josef Strauß kommt gerade ziemlich in Bedrängnis. CSU-Chef Horst Seehofer hat sich dem zwar jüngst wieder verpflichtet.

Das Problem ist: In diesem Mitte/Links der Mitte-Kosmos ist die Union gerade recht erfolgreich. Trotz der Flüchtlingsfrage führt sie in den Umfragen mit nur knapp unter 40 Prozent. Kurzfristig könnte es ihr das sogar helfen, wenn die AfD zu parlamentarischen Kräften etwa in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz aufsteigt. Dann wäre eine Regierung ohne die CDU als jeweils stärkste Kraft möglicherweise nicht zu stemmen. Ein politischer Underperformer wie Guido Wolf, Spitzenkandidat der BaWü-CDU, könnte so dank der AfD unversehens in Amt des Ministerpräsidenten gespült werden.

Langfristig aber kann eine größer werdende AfD der Union nicht gefallen. Sie greift auch stramm konservative Wählerschichten an, die früher noch CDU gewählt hätten. Links der Mitte tummelt sich zudem praktisch die ganze restliche Konkurrenz. Da kann es eng werden, sollte die SPD irgendwann mal wieder zu neuer Stärke finden.

4. Die Union muss sich mehr für die Grünen öffnen

In vielen Städten und Kreisen und Ländern fehlt es der Union nicht an Stärke. Es fehlt an einem Bündnispartner. Die FDP ist weggebrochen und berappelt sich nur langsam wieder. Noch ist nicht ausgemacht, ob die Liberalen es 2013 wieder in den Bundestag schaffen - oder ob sie in den Kommunal- und Landesparlamenten wieder flächendeckend Fuß fassen können.

Abschreiben sollte die Union die FDP nicht. Mit ihr rechnen kann sie allerdings auch nicht. Wenn die Union sich nicht dauerhaft mit großen Koalitionen zufrieden geben will, dann muss die das schwarz-grüne Projekt stärker noch als bisher pushen.

In Hamburg ist schwarz-grün mal gescheitert, in Hessen dagegen läuft es trotz schlechtester Vorzeichen geradezu vorbildlich. Wer wissen will, wie solche Bündnisse halten können, trotz großer kultureller Unterschiede, der sollte nach Wiesbaden reisen und sich die schwarz-grüne Regierung von Ministerpräsident Volker Bouffier, CDU, und seinem grünen Stellvertreter Tarek al-Wazir erklären lassen.

Wenn jetzt in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt wird kann das die CDU auf die nächste Probe stellen. Groko oder Schwarz-Grün. In Baden-Württemberg hat Guido Wolf mit seinem Dauerfeuer auf den hochangesehenen grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann inzwischen so viel Porzellan zerdeppert, dass die Grünen sich ganz schön winden müssten, mit diesem Mann über Optionen überhaupt nur zu reden. Julia Klöckner in Rheinland-Pfalz macht das schlauer. Sie fährt einen prägnanten Kurs, ohne mit Dauerwatschen für politische Gegner zu nerven, von denen einer womöglich ihr nächster Koalitionspartner werden wird.

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