Coronavirus:Was es mit der Astra-Zeneca-Impfung für Jüngere auf sich hat

In drei Bundesländern ist das Vakzin nun für Impfwillige aller Altersgruppen freigegeben. Wie passt das zu den behördlichen Empfehlungen? Wer kann sich tatsächlich impfen lassen - und wo? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Von Julia Bergmann

Nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern hat nun auch Bayern die Priorisierungen für die Impfung mit dem Vakzin von Astra Zeneca aufgehoben. Das bedeutet: In diesen drei Bundesländern können sich nun auch Erwachsene mit dem Impfstoff immunisieren lassen, die jünger als 60 Jahre sind. Antworten auf die wichtigsten Fragen:

Wo kann ich mich mit Astra Zeneca impfen lassen?

In Bayern und Sachsen ist die Impfung mit dem Medikament von Astra Zeneca ohne Priorisierung und auf freiwilliger Basis in der Regel nur in Hausarztpraxen möglich; Ausnahmen gibt es bei Sonderimpfaktionen in regionalen Impfzentren. Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) betont: "Die Ärzte kennen ihre Patienten gut und wissen, wem sie aus dem Kreis der unter 60-Jährigen unter Berücksichtigung der Vorgaben der Ständigen Impfkommission (Stiko) ein Impfangebot mit diesem Wirkstoff machen können - und beraten hierzu ausführlich." Dieses besondere Vertrauensverhältnis solle genutzt werden, "denn jede Dosis Impfstoff muss möglichst rasch verimpft werden". Sowohl Holetschek als auch seine sächsische Amtskollegin Petra Köpping (SPD) betonen, dass die Impfung in den am Impfprogramm beteiligten Praxen nur nach einer vorherigen ausführlichen Beratung erfolgen könne.

In Mecklenburg-Vorpommern kann das Astra-Zeneca-Vakzin unabhängig von Alter und Priorisierung sowohl in den Impfzentren als auch durch mobile Teams oder in den Hausarztpraxen verabreicht werden. "Die Freigabe ist ein Angebot, das diejenigen, die keine oder wenige Vorbehalte gegen den Impfstoff haben, nutzen können", sagt Gesundheitsminister Harry Glawe (CDU). Wie sein Ministerium mitteilt, sei bei Menschen unter 60 Jahren vorab jedoch eine ausführliche Beratung durch den Impfarzt notwendig.

Warum wurde die Priorisierung in den drei Bundesländern aufgehoben?

Ziel der Lockerung ist es, dass kein Impfstoff mehr liegen bleibt und das Impftempo beschleunigt wird. Zuletzt war immer wieder berichtet worden, dass Impfberechtigte, die das Medikament von Astra Zeneca erhalten sollten, Termine nicht wahrgenommen hatten.

Aus diesem Grund erwägt auch die Bremer Gesundheitsbehörde, die Impfreihenfolge für Astra Zeneca aufzuheben. Das sagte Sprecher Lukas Fuhrmann dem Weser-Kurier am Donnerstag. Es sei deshalb vorstellbar, allen unter 60-Jährigen ein offenes Angebot zu machen. Das erwäge man allerdings erst, wenn es mehr Impfstoff von Astra Zeneca gebe als Impfberechtigte über 60 Jahre. Noch herrsche Knappheit bei den Impfstoffen. Deshalb beinhalte der Anspruch auf Impfung nicht das Recht, den Impfstoff eines bestimmten Herstellers zu wählen.

Wer kann sich jetzt freiwillig mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff immunisieren lassen?

Mit dem Impfstoff von Astra Zeneca können sich nun in Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern alle Erwachsenen unabhängig von Alter und Priorisierung auf freiwilliger Basis impfen lassen. Für alle anderen Impfstoffe gilt auch in den drei Bundesländern weiterhin die Priorisierung.

Warum wurde der Impfstoff von Astra Zeneca zuvor nur bei Menschen über 60 Jahren eingesetzt?

Wegen sehr seltener, aber schwerer Fälle von Blutgerinnseln, insbesondere Hirnvenenthrombosen, gerade bei jüngeren Patienten, hatte die Stiko am 31. März die Empfehlung ausgesprochen, nur noch Menschen ab 60 Jahren mit dem Astra-Zeneca-Impfstoff zu behandeln. Das Paul-Ehrlich-Institut, das solche Meldungen in Deutschland sammelt, stellte Ende März "eine auffällige Häufung" solcher Verdachtsfälle in zeitlicher Nähe zu Impfungen mit Astra Zeneca fest. Dem Institut wurden bis Mitte April 59 Verdachtsfälle einer Hirnvenenthrombose gemeldet. Betroffen waren 45 Frauen im Alter von 20 bis 79 Jahren. Fünf Frauen waren 60 Jahre und älter. 14 Meldungen betrafen Männer im Alter von 20 bis 70 Jahren. In zwei Fällen waren die Männer 60 Jahre oder älter. In insgesamt zwölf Fällen war der Ausgang tödlich.

Gilt die Empfehlung der Stiko weiterhin?

Eine generelle Empfehlung für die Immunisierung mit dem Medikament von Astra Zeneca gilt laut Stiko weiterhin ausschließlich für Menschen ab 60 Jahren. Das bedeutet aber nicht, dass die Gabe des Impfstoffs für jüngere Menschen verboten oder grundsätzlich ausgeschlossen ist. Die festgestellten Nebenwirkungen treten vergleichsweise sehr selten auf. Betroffen ist einer von 100 000 Geimpften. Da die Stiko vor dem 31. März die Impfung mit dem Vakzin auch für Personen unter 60 empfohlen hatte, haben zuvor auch jüngere Menschen bereits eine Erstimpfung mit dem Impfstoff von Astra Zeneca erhalten. Für sie empfiehlt die Stiko seit Anfang April eine Zweitimpfung mit den Vakzinen von Biontech/Pfizer oder Moderna.

Gelten die Einschränkungen auch für den Impfstoff von Johnson & Johnson?

Der Impfstoff von Johnson & Johnson basiert auf einem ähnlichen Wirkprinzip wie das Vakzin von Astra Zeneca. Bei beiden handelt es sich um sogenannte vektorbasierte Impfstoffe. Auch bei dem Vakzin von Johnson & Johnson war es zu Fällen von seltenen Thrombosen nach der Impfung gekommen. Auch hier vor allem bei Frauen unter 60 Jahren. Deswegen hatte der Hersteller nach Bekanntwerden von acht solchen Fällen in den USA zunächst die Auslieferung gestoppt. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) kam jedoch am Dienstag nach einer Überprüfung der Fälle zu dem Schluss, dass die Vorteile der Impfung mit dem Vakzin die Risiken überwiegen. Das Bundesgesundheitsministerium will das Mittel nach der Entscheidung der EMA "zeitnah" an die Länder ausliefern, von übernächster Woche an auch an die Praxen.

Eine offizielle Empfehlung der Stiko für Deutschland steht allerdings noch aus. Die Stiko wollte am Donnerstag über den Einsatz des Covid-19-Impfstoffs von Johnson & Johnson beraten. Es sei aber noch nicht absehbar, ob es am Donnerstag auch eine Stellungnahme gebe, sagte eine Sprecherin des Robert-Koch-Instituts, bei dem die Stiko angesiedelt ist. Damit blieb zunächst weiter offen, ob es für das Vakzin eine Altersbeschränkung wie bei Astra Zeneca gibt.

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