80 Prozent der natürlichen Lebensräume in der Europäischen Union sind in einem schlechten Zustand und zehn Prozent der Bienen- und Schmetterlingsarten sind vom Aussterben bedroht. Dies sind nur Auszüge aus einer verheerenden Bestandsanalyse der Natur in der EU. Um diese doch noch zu retten, haben Unterhändler des Europäischen Parlaments und der Mitgliedsländer sich in der Nacht auf ein Naturschutzgesetz geeinigt. Künftig sollen mehr Wälder aufgeforstet, Moore bewässert und Flüsse in ihren natürlichen Zustand zurückversetzt werden. Die Mitgliedstaaten sollen nationale "Wiederherstellungspläne" erstellen, zum Beispiel um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen.
Dem Gesetz, das als Pfeiler des Green Deal von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gilt, war ein heftiger Streit vorausgegangen. Vor allem die Christdemokraten waren gegen das Vorhaben Sturm gelaufen und versuchten, es komplett auf Eis zu legen. Ein Antrag, das Gesetz zurückzuweisen, bekam im Sommer im Parlament jedoch keine Mehrheit.
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Größter Streitpunkt waren die strengeren Auflagen für Landwirte. Das Gesetz sah zunächst vor, dass diese bis zu zehn Prozent der Agrarflächen für umweltfreundliche Maßnahmen bereitstellen müssen. Das steht im ausgehandelten Kompromiss nun nicht mehr drin. Die für die Grünen an den Verhandlungen beteiligte Abgeordnete Jutta Paulus spricht von einigen schmerzhaften Kompromissen. Wichtig sei aber das Signal, dass die EU internationale Verpflichtungen ernst nehme. Die Christdemokraten haben in den Verhandlungen deutliche Lockerungen durchgesetzt.
Die EU-Kommission wiederum begrüßt das Verhandlungsergebnis. Die EU-Staaten sollen bis 2030 auf mindestens 20 Prozent der Land- und Meeresflächen Maßnahmen durchführen, um einen guten Zustand wiederherzustellen. Der gefundene Kompromiss muss noch formell von den EU-Staaten und dem Europaparlament abgesegnet werden. Normalerweise ist das Formsache. In diesem Fall ist jedoch nicht ganz sicher, ob genug Christdemokraten von der EVP dem Kompromiss zustimmen, um eine ausreichende Mehrheit im Parlament zu bekommen.