Christdemokraten:Explosiv entspannt

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War was? Auf die Frage nach der CSU-Kritik antwortete Armin Laschet ruhig und langsam. (Foto: Filip Singer/Pool/Getty Images)

In der CDU empfindet man die jüngsten Sticheleien aus München als unverschämt und destruktiv. Kanzlerkandidat Laschet aber reagiert demonstrativ gelassen.

Von Nico Fried und Robert Roßmann, Berlin

Armin Laschet hat eine gewisse Routine entwickelt, immer neuen Angriffen aus der CSU mit demonstrativer Gelassenheit zu begegnen. Am Freitag präsentiert der Unionskanzlerkandidat sein dreiköpfiges Team für Sicherheitsfragen, aber natürlich weiß er, dass wieder die Fragen kommen werden nach den jüngsten Äußerungen aus der Schwesterpartei. Nach den Sticheleien aus der CSU kann Laschet seit Wochen fast die Uhr stellen, aber natürlich sagt er darauf, was ein Kanzlerkandidat sagen muss, auch wenn man nicht sicher sein kann, dass es das ist, was er über diese ständigen Störmanöver wirklich denkt.

So hatte Markus Söder dieses Wochenende zur letzten Gelegenheit erklärt - "wenn es noch eine Chance gibt" - , den schlechten Umfragetrend für die Union zu brechen, und damit den Druck auf Laschet weiter erhöht. Söders Generalsekretär Markus Blume sagte dem Spiegel sogar: "Natürlich stünden wir mit Markus Söder besser da." Laschet, der am Samstag auf dem CSU-Parteitag erwartet wird, nimmt die Fragen der Journalisten zur Kenntnis und antwortet darauf langsam und zum Mitschreiben.

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In der CDU haben sie Erfahrung mit Ärger aus München

Die Wahl, sagt der Kanzlerkandidat, werde am 26. September entschieden "und nicht am kommenden Sonntag". Dennoch sei der kommende Sonntag wichtig, weil "ein großes Triell" im Fernsehen stattfinden werde. Das werde Millionen Bürgern die Gelegenheit geben, "sich mal sehr unmittelbar einen Eindruck der drei Kandidaten und ihrer politischen Inhalte zu verschaffen". Und dann werde "die nächsten 14 Tage weitergekämpft", sagt Laschet. "Und deshalb endet am Sonntag gar nichts, sondern beginnt der Endspurt." Auch auf die Provokation des CSU-Generalsekretärs reagiert Laschet demonstrativ entspannt. Die Kernfrage sei, wer nach dem 26. September in Deutschland regiere - "und nicht hätte, wäre, könnte".

Es ist ja nicht so, dass sie in der CDU keine Erfahrung mit Sticheleien aus München hätten. Franz Josef Strauß, Edmund Stoiber und Horst Seehofer haben da in ihren Jahren an der CSU-Spitze Maßstäbe gesetzt. Die Herren hatten dabei nur selten Scheu, ihre Kritik dem jeweiligen CDU-Chef auch direkt ins Gesicht zu sagen. Legendär ist der CSU-Parteitag 2015, auf dem Seehofer die neben ihm stehende Kanzlerin 13 Minuten lang wegen ihrer Flüchtlingspolitik maßregelte.

Die CDU reagierte auf derlei meistens wie eine große Schwester: ziemlich souverän. Angela Merkel hat Seehofer am Tag nach dem Parteitag zwar angerufen - allerdings wegen anderer Themen, die Brüskierung vom Parteitag erwähnte sie mit keinem Wort. Was hätte es auch gebracht?

Und so reagiert die CDU-Spitze auch diesmal. Es brodelt zwar in der Partei. "Völlig destruktiv" seien die Äußerungen von Blume, sagt ein Bundesvorstandsmitglied. Sie würden einen Wahlkampf, in dem es für die Union um alles gehe, noch schwerer machen. Offenbar würden sich da manche schon auf die Zeit nach einer Niederlage vorbereiten, statt jetzt mit aller Kraft für einen Wahlsieg zu kämpfen. Doch öffentlich zurechtweisen will am Freitag kein CDU-Grande die CSU.

Der Unmut ist aber groß - egal mit welchem Lager man in der CDU spricht. Blumes Äußerungen in der jetzigen Lage und in einem autorisierten Interview - also keinesfalls leichtfertig - könne man nur als politisches Foul begreifen. Bestenfalls sei es eine politische Dummheit, heißt es. Denn die Äußerung werde die gesamte Berichterstattung über den CSU-Parteitag überlagern.

Zwei Tage lang werde es jetzt vor allem um die Frage gehen, wie es die CSU mit Laschet hält. Am Samstag um 11.30 Uhr soll der CDU-Chef in Nürnberg reden. Eigentlich sollte der Parteitag dem Wahlkampf der Union und ihrem Kandidaten neuen Schwung verleihen - vor dem wichtigen Triell am Sonntagabend. Doch jetzt wird Laschets Rede seine nächste Bewährungsprobe.

Die CSU versucht, für sich zu retten, was noch zu retten ist - ohne Rücksicht auf Laschet

Dass Blume so ein Interview ohne Billigung Söders gibt, glaubt man in der CDU nicht. Dass sein Satz ein Ausrutscher war, auch nicht. Blume spricht ja sogar darüber, was das Motto einer Kanzlerkandidatur Söders gewesen wäre ("Bereit für Deutschland"). Und er sagt, die "ungebrochen hohen Zustimmungswerte" für Söder würden zeigen, welches Potential die Union "eigentlich" habe. Übersetzt heißt das: Laschet ist an den schlechten Umfragewerten der Union schuld. Und damit auch an denen der CSU in Bayern.

In der CDU beobachtet man mit Sorge, wie die CSU für sich zu retten versucht, was noch zu retten ist - und dabei keine Rücksicht auf Laschet mehr nimmt. Auch die Forderung von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, Laschet müsse beim Triell am Sonntag "klar zeigen, dass er der stärkste der drei Kandidaten ist", ist aus Sicht der CDU eine Frechheit. Ja, Laschet liegt im jüngsten Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen bei der Kanzlerfrage deutlich hinter Olaf Scholz und nur knapp vor Annalena Baerbock. Aber gibt man in einem Wahlkampf öffentlich zu, dass der eigene Kandidat erst noch zeigen muss, der stärkste zu sein?

Die CDU versuchte am Freitag trotzdem, ihrem Unmut zu überspielen. Als ob nichts gewesen wäre, veröffentlichte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak gemeinsam mit Blume einen Aufruf, in dem es heißt: "Wir senden mit Armin Laschet und Markus Söder das Signal von maximaler Geschlossenheit und Entschlossenheit der Union aus Nürnberg."

Ach ja, das Team für die Sicherheitspolitik: Neben Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und dem Terror-Experten Peter Neumann gehört auch Stephan Mayer dazu, parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium und CSU-Mitglied. Er freue sich, "dass du mit dabei bist", sagt Laschet bei Mayers Vorstellung. Dann fügt der Kandidat mit Blick auf die Sicherheitspolitik hinzu: "In den Fragen stehen CDU und CSU eng zusammen." Die Betonung legt Laschet auf das Wörtchen "den".

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