Arbeitsminister Jung:Immer zu Diensten

Kochs Schatten, Merkels Altlast: Als Arbeitsminister muss Franz Josef Jung beweisen, dass er in dem schweren Amt keine Verlegenheitslösung ist.

Thomas Öchsner

Für die meisten Wähler dürfte es ziemlich befremdlich klingen: Der Mann, der bislang den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan verteidigte, soll sich künftig um Hartz IV, Renten und die Reform der Jobcenter kümmern. Niemand in Berlin hat erwartet, dass ausgerechnet Franz Josef Jung (CDU) neuer Arbeits- und Sozialminister wird und Olaf Scholz (SPD) ablöst.

Arbeitsminister Jung: Fit für den neuen Job? Die Berufung des bisherigen Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU) an die Spitze des Arbeitsministeriums hat viele erstaunt.

Fit für den neuen Job? Die Berufung des bisherigen Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU) an die Spitze des Arbeitsministeriums hat viele erstaunt.

(Foto: Foto: Getty)

Und die politischen Beobachter in der Hauptstadt fragen: Kann der das überhaupt?

Mit der Rochade innerhalb des Kabinetts überraschte Kanzlerin Angela Merkel alle, trotzdem ist ein solcher Wechsel so ungewöhnlich nicht. Gute Politiker müssen reden und begeistern, führen, organisieren und sich schnell in ein Thema einarbeiten können. Spezialisten in ihrem Amt können sie dann immer noch werden. Manchen gelingt dies mühelos. Der SPD-Mann Peter Struck war nie bei der Bundeswehr und schaffte es doch, bei den Soldaten beliebt zu werden.

Alles ist möglich

Als Karl-Theodor zu Guttenberg zum Wirtschaftsminister avancierte, hieß es, er habe von dem Ressort keine Ahnung. Wenige Monate war er der Jung-Star im Kabinett. Andere scheiterten kläglich, wie etwa Michael Glos (CSU) als Wirtschaftsminister und Rudolf Scharping (SPD) als Verteidigungsminister. Alles ist möglich - das gilt deshalb auch für Jungs späte Umschulung.

Der CDU-Politiker kommt in das Haus an der Berliner Wilhelmstraße allerdings mit einem Startnachteil: Der 60 Jahre alte, promovierte Jurist gab zuletzt als Verteidigungsminister eine eher unglückliche Figur ab. Er gilt als Merkels Altlast, der sein Amt vor allem dem Regionalproporz verdankt (ein Hesse muss im Kabinett sein). Außerdem warten auf ihn Aufgaben, mit denen er sich sehr schnell unbeliebt machen kann.

Den 20 Millionen Rentner wird er erklären müssen, warum sie in den nächsten Jahren, wenn überhaupt, nur mit minimalen Erhöhungen ihres Altersgeldes rechnen können. Er wird dafür streiten müssen, dass die schwarz-gelbe Regierung keine weiteren Mindestlöhne per Gesetz will, obwohl die große Mehrheit der Deutschen dafür ist.

Jung ist ein Diener

Und er muss bis Ende 2010 die komplizierte Reform der Jobcenter durchsetzen, in denen die knapp sieben Millionen Bezieher von Hartz IV und Sozialgeld betreut werden. So will es das Bundesverfassungsgericht, das die 350 Arbeitsgemeinschaften aus Arbeitsagenturen und Kommunen als grundgesetzwidrig verworfen hatte. Aber Jung ist ein Diener, er macht schon seit Jahren klaglos das, womit ihn seine Chefs betrauen.

Als Chef der Staatskanzlei in Hessen organisierte er die Unterschriftenkampagne gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, mit der sein Freund Roland Koch (CDU) zum Ministerpräsidenten des Landes aufstieg.

Später dann, als Ende 1999 die schwarzen Kassen des ehemaligen Bundesinnenministers Manfred Kanther entdeckt werden, ist es Jung, der in der CDU-Spendenaffäre um die vermeintlichen jüdischen Vermächtnisse zurücktritt und Koch den Kopf rettet. Hessens Regierungschef zeigte seine Dankbarkeit, indem er seinen treuen Freund 2005 ins Bundeskabinett bugsierte. Angela Merkel konnte dies nicht ablehnen, weil Koch nach ihrem schlechtem Wahlergebnis den Mund hielt.

Nun dient Jung eben der Kanzlerin. Und wenn sie will, auch als Arbeits- und Sozialminister, wobei der Winzersohn aus dem Rheingau erleichtert sein wird, nicht mehr derjenige sein zu müssen, der zu erklären hat, warum schon wieder deutsche Soldaten in Afghanistan ihr Leben ließen.

Lesen Sie weiter, wie der Kumpeltyp Jung im Amt verkrampfte.

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