Judenhass in Schulen:"Antisemitismus entgegentreten, aufklären und Werte vermitteln"

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Katharina Günther-Wünsch, Berliner Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, will, dass an Schulen auch jüdische Geschichte behandelt wird. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Was tun gegen Hass und Vorurteile an deutschen Schulen? Nach einer Expertenrunde in Berlin gibt es konkrete Forderungen.

Von Philipp Saul, Berlin

Seit dem Angriff der terroristischen Hamas auf Israel "ist die Welt eine andere". Das sagte die Berliner Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) am Dienstag nach einer Expertenrunde zur Antisemitismusprävention im Bundesbildungsministerium und fügte an: "In Israel, im Nahen Osten, aber leider auch auf unseren Schulhöfen in Deutschland und in Berlin."

In Berlin habe das Thema in den vergangenen Tagen "leider unrühmliche Bekanntheit" erlangt, bedauerte die Vorsitzende der Kultusministerkonferenz nach zahlreichen antisemitischen Demonstrationen und Vorfällen. Und der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warnte: "Jüdinnen und Juden waren seit Jahrzehnten nicht mehr so stark in Gefahr wie in den letzten Tagen."

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Die Politik will deshalb stärker gegen Judenhass kämpfen und setzt auf Prävention. Dafür seien die Schulen zentrale Orte, sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Gerade dort solle man "dem Antisemitismus entgegentreten, aufklären und Werte vermitteln", forderte sie. "Wir müssen unsere Lehrkräfte dabei unterstützen, ihnen den Rücken stärken." Es könne nicht sein, dass "jüdisches Leben Angst haben muss" und dass Kinder deshalb nicht zur Schule gehen.

Die Auseinandersetzung mit Antisemitismus und Judentum solle sich nicht auf den Nationalsozialismus und die Schoah begrenzen, forderte Günther-Wünsch, sondern auch mit zentralen Aspekten der Demokratiebildung verknüpft werden: "Unsere Schulen bleiben Orte, an denen Frieden, Versöhnung und Toleranz vermittelt werden." Konkret forderte sie, dass im Unterricht auch jüdische Geschichte, Kultur und Religion behandelt werden.

Gerade in den Schulen, wo man das Fundament einer auf demokratischen Werten basierenden Gesellschaft schaffen wolle, dürfe man keinen Hass zulassen, verlangte Klein. "Damit Informationen nicht ungefiltert auf Schüler einprasseln", sollten an Schulen Angebote gemacht werden, wie man sich verantwortlich im Internet informieren kann. Initiativen zur Gegenrede müssten gestärkt werden, um israelfeindlichen Narrativen etwas entgegenzusetzen. Er setzte sich zudem erneut für eine bundesweite Meldepflicht für antisemitische Vorfälle an Schulen ein. In Berlin etwa gebe es bereits Notfallpläne, was bei antisemitischen Vorfällen zu tun sei, lobte Klein.

Steinmeier: kein Generalverdacht gegen Muslime

Jüdisches Leben in Deutschland zu schützen, sei eine Aufgabe, "die jeden in unserem Land etwas angeht", betonte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei einer Veranstaltung der Deutschlandstiftung Integration, die Menschen mit Migrationsbiografie fördert. Der Bundespräsident bezeichnete Deutschland als "Land mit Migrationshintergrund", auch wenn "Anspruch und Realität im Alltag leider immer wieder auseinanderklaffen".

Wer in Deutschland lebe, "der muss wissen, welche Verantwortung uns aus Auschwitz erwächst, der muss die Werte unseres Grundgesetzes respektieren", sagte Steinmeier, warnte aber auch vor Vorverurteilungen: So würden viele Muslime in Deutschland die grausamen Taten der Hamas verurteilen. Einen Generalverdacht gegen Muslime dürfte es nicht geben, Rassismus und Menschenfeindlichkeit dürften nicht geduldet werden.

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