AfD:"Ich würde nichts lieber tun, als heute bei euch zu sein"

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Bei einer Wahlkampfveranstaltung der AfD in Mödlareuth an der Grenze zwischen Thüringen und Bayern sprach Alice Weidel nur per Videobotschaft. (Foto: Martin Schutt/DPA)

AfD-Co-Chefin Alice Weidel bleibt "aus Vorsichtsgründen" einem Wahlkampftermin fern. Ihrer Partei zufolge soll es Anschlagspläne gegen sie gegeben haben. Offiziell bestätigt ist das noch nicht.

Von Roland Preuß

Sollte auf Alice Weidel und ihre Familie ein Anschlag verübt werden? Eine offizielle Bestätigung dafür blieb am Mittwoch aus, das für die Sicherheit von Weidel zuständige Bundeskriminalamt (BKA) wollte sich dazu nicht äußern. Nach Angaben ihrer Partei gab es jedoch offenbar Anschlagspläne gegen die Co-Vorsitzende der AfD. Frau Weidel und ihre Familie seien von Sicherheitsbehörden "aus ihrer privaten Wohnung an einen sicheren Ort verbracht" worden, weil sich Hinweise verdichtet hätten, die "auf einen Anschlag auf ihre Familie hindeuteten", erklärte die AfD.

Weidel hatte zuvor eine für den Tag der deutschen Einheit geplante Rede im bayerisch-thüringischen Grenzort Mödlareuth abgesagt, es sollte ein Auftritt werden vor der Landtagswahl in Bayern kommenden Sonntag. "Ich würde nichts lieber tun, als heute bei euch zu sein, aber ich kann es leider nicht", sagte Weidel in einer Videobotschaft an ihre Anhänger. Die AfD erklärte, Weidel habe am Dienstag "aus Vorsichtsgründen" auf öffentliche Auftritte verzichtet.

Der Personenschutz für Weidel sei verstärkt worden, heißt es aus ihrem Umfeld

Weidel wohnt in Überlingen am Bodensee, hat aber nach eigenen Angaben auch einen Wohnsitz in der Schweiz, wo sie mit ihrer Schweizer Partnerin und zwei Söhnen zusammenlebt. Der als bedrohlich eingestufte Vorfall ereignete sich laut AfD am vorvergangenen Wochenende. Nähere Angaben dazu machte die AfD nicht. Die Kantonspolizei Schwyz bestätigte der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch einen Polizeieinsatz am 23. September in Zusammenhang mit Weidel in deren Wohnort. Ein Sprecher der Behörde sagte, Weidel habe die Polizei selbst kontaktiert. Weitere Angaben wolle man aus polizeitaktischen Gründen nicht machen.

Aus dem nahen Umfeld von Weidel hieß es, der mutmaßlich geplante Anschlag habe offenbar einen politischen Hintergrund. Man sei im Austausch mit dem BKA, Tatverdächtige gebe es bisher nicht. Der Personenschutz für Weidel sei verstärkt worden. Weiter hieß es aus Weidels Umfeld, dass sie und ihre Familie sich inzwischen nicht mehr an dem sicheren Ort aufhalten würden. Der Termin in Mödlareuth ist demnach nicht auf Anraten des BKA abgesagt worden, sondern ist eine Entscheidung von Weidel selbst gewesen. Weidel wollte sich am Mittwoch nicht zu dem Vorfall erklären.

Am Mittwochabend veröffentlichte der Spiegel jedoch Details zu Weidels Aufenthaltsort am Tag der Deutschen Einheit. Demnach war Weidel zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Familie auf Mallorca im Urlaub. Weidels Sprecher bestätigte das dem Spiegel. Allerdings habe es zuvor tatsächlich einen sicherheitsrelevanten Zwischenfall gegeben, so der Sprecher.

Tino Chrupalla wurde bei einem Auftritt in Ingolstadt ins Krankenhaus gebracht

Die 44-jährige Weidel ist seit 2017 AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, auf dem Bundesparteitag vergangenes Jahr in Riesa wurde sie zudem zur Co-Parteivorsitzenden neben Tino Chrupalla gewählt. Mit diesem führt sie zudem die Bundestagsfraktion.

Auch bei Chrupalla gab es nach Angaben der AfD einen Zwischenfall. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ingolstadt am Mittwochnachmittag sei es zu einem "tätlichen Vorfall" gegen den Bundesvorsitzenden gekommen, teilte ein Sprecher der Partei am Abend mit. Wie die Polizei jedoch am späten Mittwochabend bekannt gab, gebe es nach derzeitigem Ermittlungsstand keine Hinweise auf einen Angriff. In einer Mitteilung schrieb sie, dass der AfD-Politiker gegen 16.30 Uhr, noch vor seiner Rede, "hinter der Bühne medizinisch versorgt werden" musste. Anschließend sei er in ein Krankenhaus gebracht worden, wobei eine offensichtliche Verletzung zu diesem Zeitpunkt nicht erkennbar gewesen sei. "Um die näheren Umstände dieses medizinischen Vorfalls abzuklären, wurden die weiteren Ermittlungen durch die Kriminalpolizeiinspektion Ingolstadt übernommen", hieß es in der Mitteilung weiter.

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In sozialen Medien stellten AfD-Politiker sowohl die mutmaßlichen Anschlagspläne gegen Weidel als auch den Vorfall mit Chrupalla als Konsequenz der scharfen Kritik der etablierten Parteien an der AfD dar. Dies sei "die Saat" von Steinmeier, Merkel, Söder, dem "Altparteien-Establishment" und "gelenkten Medien", schrieb die bayerische AfD-Spitzenkandidatin Katrin Ebner-Steiner auf der Plattform X, vormals Twitter, über die mutmaßlichen Anschlagspläne gegen Weidel. "Merkel, Söder und Konsorten haben das alles zu verantworten", sagte sie in ähnlicher Weise am Mittwochabend nach dem Vorfall in Ingolstadt.

AfD-Politiker, darunter auch Alice Weidel, schlagen regelmäßig einen scharfen Ton gegenüber politischen Gegnern an, Anfang September hatte die AfD-Vorsitzende auf einer Wahlveranstaltung gesagt: "Wir werden von Wahnsinnigen regiert und von Idioten." Sich selbst sieht die Partei allerdings zugleich als Opfer einer Ungleichbehandlung durch die anderen Parteien, Medien und andere gesellschaftliche Akteure wie Verbände, die eine Zusammenarbeit mit der in Teilen rechtsextremen Partei ablehnen.

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