Airbus-Attentat:Kritik an Obamas Krisenmanagement

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Die Republikaner werfen der US-Regierung ein Versagen des Sicherheitssystems vor - und fordern eine Ansprache der Präsidenten. Der urlaubt weiter auf Hawaii.

Einreise trotz klarer Warnsignale: Nach dem vereitelten Anschlag auf ein US-Flugzeug haben die oppositionellen Republikaner die Sicherheitsstandards bei Flugreisen und das Krisen-Management der Regierung von US-Präsident Barack Obama kritisiert.

Nach dem versuchten Attentat wurden die Sicherheitskontrollen - wie hier am Flughafen von Dallas - in den USA und Europa verschärft. (Foto: Foto: AFP)

Es sei "erstaunlich", dass trotz Warnhinweisen jemand wie der 23-jährige Nigerianer Umar Faruk Abdulmutallab ein Flugzeug in Richtung USA besteigen konnte, sagte der republikanische Minderheitsführer Mitch McConnell dem Sender ABC.

Sein Parteikollege Peter King kündigte eine Untersuchung des Kongresses an, die klären soll, warum Abdulmutallab in die USA reisen durfte, obwohl sein Name auf einer Beobachtungsliste stand und sein Vater die Behörden gewarnt hatte. Das bisherige Sicherheitssystem funktioniere nicht, sagte King.

"Wir müssen uns der Realität stellen, dass wir in einer gefährlichen Welt leben, in der islamische Terroristen uns töten wollen", sagte der Republikaner. Er forderte Obama auf, sich wegen des Vorfalls persönlich an die US-Bürger zu wenden.

"In den letzten fast 48 Stunden hätte jemand zum amerikanischen Volk sprechen und die Welt wissen lassen müssen, dass wir mit der Sache fertig werden", kritisierte King.

"Der Welt zeigen, dass wir mit der Sache fertig werden"

Barack Obama weilt derzeit in den Weihnachtsferien auf Hawaii und hat sich bisher lediglich über seine Sprecher geäußert.

"Der Präsident ist der festen Überzeugung, dass die Angelegenheit eine überparteiliche ist", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, dem Sender NBC. "Wir müssen (...) die Einheit wiederfinden, die wir nach dem 11. September hatten", sagte Bill Burton, ein weiterer Sprecher Obamas, auf Hawaii. Dort wurde der US-Präsident von einem neuen Zwischenfall auf der Linie Amsterdam-Detroit unterrichtet.

Nach Angaben der Fluggesellschaft Delta-Northwest Airlines forderte die Besatzung am Sonntag Sicherheitskräfte an, weil sich ein Passagier "verbal auffällig" verhielt. Der verdächtige Mann an Bord der mit knapp 270 Insassen besetzten Maschine habe einen "Wutausbruch" gehabt, sagte eine Sprecherin.

Laut FBI erregte der Mann zudem Aufmerksamkeit, da er "übermäßig" lange Zeit auf der Toilette verbrachte. Dies sei aller Wahrscheinlichkeit jedoch einer Erkrankung geschuldet gewesen. Bei der Durchsuchung des Flugzeugs und einer erneuten Gepäcküberprüfung sei nichts Auffälliges gefunden worden. Das FBI stufte den Zwischenfall als "nicht ernsthaft" ein. Der Mann wurde dennoch in Gewahrsam genommen.

Mutmaßlicher Attentäter ins Gefängnis verlegt

Abdulmutallab, der am Freitag die Insassen einer Delta-Maschine in Angst und Schrecken versetzt hatte, wurde inzwischen in ein US-Bundesgefängnis verlegt. Nach der Behandlung seiner Brandverletzungen in einem Krankenhaus in Ann Arbor nahe Detroit sei der 23-Jährige in das rund 15 Kilometer südlich gelegene Gefängnis von Milan gebracht worden, sagte seine Anwältin Miriam Siefer.

Der Nigerianer hatte laut Anklageschrift versucht, einen Airbus beim Landeanflug auf Detroit mit Hilfe des hochexplosiven Sprengstoffs PETN in die Luft zu sprengen. Dabei setzte er seine Kleidung in Brand und wurde anschließend von Passagieren überwältigt.

Nach Mitteilung der niederländischen Behörden war der Nigerianer vor dem Flug in die USA auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol durch eine Sicherheitskontrolle gegangen, ohne dass an seinem Körper versteckter Sprengstoff entdeckt wurde.

"Bei der Sicherheitskontrolle wurden keine Unregelmäßigkeiten festgestellt, obwohl sie gemäß der Vorschriften durchgeführt wurde", sagte ein Sprecher des Büros für die Koordinierung des Terrorismusbekämpfung. Allerdings seien die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Abdulmutallab sagte aus, der Sprengstoff sei in seine Unterwäsche eingenäht gewesen.

Die Spuren des vereitelten Attentats vom Freitag führen einem US-Medienbericht zufolge in den Jemen und zum Terrornetz El Kaida. Die Organisation von Osama bin Laden habe die Tat geplant und den Sprengsatz geliefert, der 80 Gramm des hochexplosiven Plastiksprengstoffs PETN enthielt, wie der US-Fernsehsender ABC meldete.

Abdulmutallab sei in dem arabischen Land auch für das Selbstmordkommando trainiert worden. Der Sprengsatz sei von einem Top-Bombenbauer von El Kaida im Jemen gebaut worden. Ein Inferno wurde demnach nur verhindert, weil ein Zünder nicht funktionierte.

Der 23-Jährige habe laut der Ermittler über den in den USA geborenen und nun im Jemen lebenden radikalen Prediger Anwar al-Awlaki Kontakt zu El Kaida aufgenommen - derselbe Geistliche, mit dem auch der Attentäter von Fort Hood in Verbindung gestanden haben soll, meldete ABC. Der muslimische Major Nidal Malik Hasan hatte Anfang November dabei 13 Menschen erschossen und Dutzende verletzt.

Neue Sicherheitsregeln für Passagiere

Als Konsequenz aus dem Vorfall vom Freitag wurden die Sicherheitsmaßnahmen auf den Flughäfen der USA, in Deutschland und vielen anderen Staaten Europas verschärft.

So müssen Passagiere in der letzten Stunde des Fluges vor der Landung sitzen bleiben, berichteten mehrere Fluggesellschaften, darunter British Airways und Air Canada. Außerdem dürfen die Flugreisenden in diesem Zeitraum nicht mehr an ihr Handgepäck.

Während des gesamten Fluges sind Gegenstände auf dem Schoß vorerst nicht gestattet. An Flughäfen wird auf Wunsch der US-Behörden an jedem Abflugsteig noch einmal gesondert Handgepäck durchsucht, Reisende werden noch einmal besonders kontrolliert.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat mehr Personal für die Kontrolle von Fluggästen gefordert. Die personelle Ausstattung genüge nicht, sagte Gewerkschaftschef Wendt der Berliner Zeitung. Der Fluggastkontrolldienst als wichtigste Schnittstelle der Luftsicherheit müsse "optimal" ausgestattet werden.

Politiker in Koalition und Opposition haben sich indessen gegen schärfere Sicherheitsgesetze gewandt. Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), verwies in der Berliner Zeitung darauf, dass in den vergangenen Jahren bereits viele Sicherheitslücken geschlossen worden seien. Gegen menschliches Versagen würden auch keine schärferen Gesetze helfen, fügte er hinzu.

Es sei nun Aufgabe technischer Forschung, Durchsuchungsgeräte zu entwickeln, "die Tatmittel leichter erkennbar machen, ohne dabei die Privat- und Intimsphäre der Passagiere zu verletzen", sagte Bosbach dem Hamburger Abendblatt. Die so genannten Nackt-Scanner erfüllten diese Voraussetzungen bislang nicht. Zugleich warb Bosbach um Verständnis für verschärfte Personen- und Handgepäckkontrollen: "Die Durchsuchungen an den Flughäfen sind nicht Folge einer Sicherheitshysterie, sondern leider notwendig."

Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz sagte der Berliner Zeitung, zunächst müsse untersucht werden, wie der mutmaßliche Täter die Sicherheitsschleusen überwinden konnte. Erst dann könne über Folgen debattiert werden.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele sprach sich gegen Verschärfungen aus. Wichtig sei, dass vorhandene Informationen zusammengeführt würden. Dies hätten die US-Behörden offenbar versäumt.

© AFP/dpa/kat - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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