Die Schweizer Firma, die im Jahr der Bundestagswahl mehr als 130 000 Euro an die Alternative für Deutschland (AfD) überwiesen hat, wurde offenbar nur zur Tarnung benutzt. Bei ihr handelt es sich um die PWS Pharmawholesale International AG. Dieser Name steht auf Auszügen eines AfD-Kontos, auf dem das Geld eingegangen ist. Der Sitz von PWS liegt heute in Zürich. Als das Unternehmen im Jahr 2017 in mehreren Tranchen Geld an die AfD spendete, lag der Firmensitz noch im Schweizer Ort Volketswil. Laut ihrer Website ist die Firma PWS unter anderem auf den Vertrieb von Kosmetikprodukten spezialisiert.
Der Verwaltungsrat von PWS sagte auf Anfrage von Süddeutscher Zeitung, NDR, WDR und des Zürcher Tages-Anzeigers, der Geschäftsführer habe das Geld "treuhänderisch" im Auftrag eines "Geschäftsfreundes" überwiesen. Er habe diesem einen Gefallen tun wollen und habe nicht gewusst, dass das Geld für die AfD bestimmt gewesen sei. Das Geld sei durch den Bekannten direkt auf das Konto der Firma PWS überwiesen worden, es sei kein Bargeld benutzt worden. Der Geschäftsführer werde jetzt anhand seiner Unterlagen nachvollziehen, in wessen Auftrag er das Geld damals überwiesen habe. Als Überweisungszweck sei damals bloß "Wahlkampfspende Alice Weidel" genannt worden.
Parteispenden an die AfD:Alice Weidel steckt in großen Erklärungsnöten
Die Anhänger der AfD wollen so gerne an das Bild der Rechtsstaatspartei glauben. Aber der Finanzskandal ist mehr als nur eine peinliche Nachlässigkeit. Es geht um einen schweren Verdacht.
Das Unternehmen aus Zürich betont, es sei nur eine "kleine Kutsche"
Der Verwaltungsrat erklärte ferner, er sei eigentlich Treuhänder und habe das Mandat bei PWS ebenfalls nur aus "Gefälligkeit" übernommen, weil der Geschäftsführer ihn darum gebeten habe. Er selbst habe erst aus den Medien davon erfahren, dass PWS Geld an die AfD überwiesen habe. PWS sei eine "kleine Kutsche" und produziere selbst nur ein einziges Produkt, ein Nahrungsergänzungsmittel. Der Geschäftsführer, ein Apotheker aus Zürich, sei bestimmt kein Extremist und habe nichts mit der AfD zu tun. Der Geschäftsführer sagte auf Anfrage, dass er zunächst nicht mit Journalisten reden wolle.
Die Bundestagsverwaltung, die über die Spende allein schon wegen der erheblichen Höhe hätte informiert werden müssen, forderte die AfD am Montag zu einer Stellungnahme auf, nachdem Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR über die Spende berichtet hatten. Die Spende einer Schweizer Firma an die AfD wäre illegal, weil deutsche Parteien kein Geld aus Ländern außerhalb der Europäischen Union annehmen dürfen. Illegale Spenden müssen unverzüglich zurücküberwiesen werden an den Spender oder aber an die Bundestagsverwaltung.
Die AfD hat das Geld, das zwischen Juli und September 2017 in 18 Einzelüberweisungen eingegangen war, deswegen auch zurückgezahlt, allerdings erst im April 2018, als die Bundestagswahl längst vorüber war. Die Zahlungen aus der Schweiz gingen zwischen Juli und September 2017 zunächst auf einem Konto des AfD-Kreisverbands Bodenseekreis ein. Von dort wurde es auf ein Extrakonto des Kreisverbands überwiesen. Dort blieb es allerdings nicht unberührt liegen, sondern diente der Partei zwischenzeitlich dazu, Rechnungen zu bezahlen.
Ob dieses Konto eine Art "Kriegskasse" für den Wahlkampf darstellte, ist derzeit unklar. Den Kontoauszügen zufolge wurden mit dem Geld aus der Schweiz mehrere Anwaltsrechnungen in insgesamt fünfstelliger Höhe bezahlt. Mitte August 2017 wies das Extrakonto des Kreisverbands nur ein Guthaben von gut tausend Euro auf. Bald jedoch ging auf dem Konto das Spendengeld aus der Schweiz ein, in insgesamt 18 Einzelbeträgen. Weitere nennenswerte Zahlungseingänge hat es offenbar nicht gegeben. Ende September betrug der Kontostand mehr als 110 000 Euro.
Dann folgte eine Serie von Überweisungen an die Anwaltskanzlei für Medienrecht. Aus den Kontoauszügen ergibt sich, dass zwischen dem 5. Oktober und dem 25. Oktober sieben Einzelüberweisungen im Gesamtwert von mehr als 16 000 Euro erfolgten. Alice Weidel, die im Bodenseekreis für die Wahl angetreten war und heute als Co-Chefin die AfD-Fraktion im Bundestag führt, erklärte auf Anfrage zu den Rechnungen, diese hätten ausschließlich mit Anwaltskosten zu tun, "die sich aus meiner Tätigkeit als AfD-Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl" ergaben.
Weidel legt Wert darauf, dass die Spende aus der Schweiz nicht ihr persönlich gegolten habe. Sie kenne den Spender nicht; für die Finanzen sei der Landesverband zuständig. Allerdings wirft dies neue Fragen auf. Weidel sagt selbst, sie habe im September 2017 von der Spende erfahren. Warum setzte sie sich nicht sofort für eine Rückzahlung ein, und warum erfolgte die Rückzahlung erst im Frühjahr 2018? Und wusste Weidel, dass die AfD ihre Anwaltskosten von dem Konto mit dem Schweizer Geld bezahlte?