AfD Sachsen:"Wurzeln im historischen Nationalsozialismus"

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Die Chefs mehrerer AfD-Landesverbände demonstrierten im Oktober in Erfurt, darunter Jörg Urban aus Sachsen und Björn Höcke aus Thüringen (Mitte). (Foto: Imago)

Nach Thüringen und Sachsen-Anhalt haben Verfassungsschützer auch in Sachsen keine Zweifel mehr, dass die AfD gesichert rechtsextremistisch ist. Was folgt daraus?

Von Christoph Koopmann und Iris Mayer, Leipzig/München

Vier Jahre hat der sächsische Verfassungsschutz geprüft, am Freitag stufte er den Landesverband der AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung ein. Nach Thüringen und Sachsen-Anhalt ist dies bereits der dritte Landesverband. 134 Seiten umfasst das Gutachten des Landesverfassungsschutzes, mit dem laut Präsident Dirk-Martin Christian unzweifelhaft belegt wird, "dass der AfD-Landesverband verfassungsfeindliche Ziele verfolgt". Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wie begründet der Verfassungsschutz seine Einschätzung?

Die Beamten haben Äußerungen und politische Forderungen von hohen Funktionären, Mandatsträgern und Kreisverbänden gesammelt. Dabei kamen sie zu dem Schluss, dass der Landesverband zwar personell heterogen zusammengesetzt sein mag, aber vom früheren radikalen Flügel und dessen geistigem Vater Björn Höcke dominiert wird. Die Partei erscheine nach außen wie ein "monolithischer Block", heißt es. Rechtsextremistische Äußerungen würden unwidersprochen hingenommen.

Zahlreiche inhaltliche Positionen des Landesverbandes verstießen gegen die Grundprinzipien der freiheitlich demokratischen Grundordnung, wie die in Artikel 1 des Grundgesetzes verankerte Menschenwürde. So verfolge die AfD eine Politik des Ethnopluralismus, mit der Migranten und ethnische Minderheiten als Menschen zweiter Klasse angesehen und pauschal verächtlich gemacht würden. "Eine derart rassistische Ausprägung des Volksbegriffs, wie ihn die AfD Sachsen öffentlich vertritt, hat seine Wurzeln im historischen Nationalsozialismus", sagte Christian.

Dies drücke sich auch in einer drastischen und angsteinflößenden Wortwahl wie "Messer-Migranten" oder "importierte Killer" aus, mit der der AfD-Landesverband fortlaufend Ängste und Ressentiments gegen Ausländer schüre. Neben Antisemitismus hält der Verfassungsschutz auch eine fortdauernde Agitation gegen die politische Grundordnung der Bundesrepublik für belegt. Es gehe ihm um eine generelle Herabwürdigung der Demokratie, mit der das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert werden solle. Die sächsische AfD sei zudem mit sämtlichen relevanten rechtsextremistischen Akteuren eng vernetzt.

Was bedeutet die Hochstufung?

Zunächst einmal, dass der sächsische Verfassungsschutz überhaupt öffentlich über die AfD reden darf. Im Gegensatz zu anderen Landesämtern darf die Behörde laut Landesgesetz über Verdachtsfälle nicht informieren. Faktisch wird sich ansonsten kaum etwas ändern. Schon seit der Einstufung als Verdachtsfall im Februar 2021 durfte der Verfassungsschutz gegen die sächsische AfD "nachrichtendienstliche Mittel" einsetzen, also Mails mitlesen, Telefone abhören und V-Leute einsetzen. Die Hürden dafür sind durch die Hochstufung allerdings künftig niedriger. Folgen könnte die Entscheidung für Beamte haben, die Mitglieder der Sachsen-AfD sind. Eine Betätigung in einer gesichert extremistischen Partei kann als Verletzung der "politischen Treuepflicht" für Beamte gewertet und mit Disziplinarmaßnahmen bis hin zur Entlassung geahndet werden.

Hat die Entscheidung Folgen für die Bundespartei?

Nicht direkt. Der Bundesverband der AfD, dessen Co-Vorsitzender Tino Chrupalla aus Sachsen kommt, gilt für das Bundesamt für Verfassungsschutz bisher als Verdachtsfall. Aber Behördenchef Thomas Haldenwang hat zuletzt häufiger darauf hingewiesen, dass seine Beamten immer wieder extremistische Äußerungen von AfD-Vertretern registrierten. Früher oder später muss die Behörde entscheiden, ob sich der Verdacht erhärtet hat.

Wie gehen andere Bundesländer mit der AfD um?

Der Landesverband Thüringen unter Björn Höcke war der erste, der als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wurde, vor wenigen Wochen folgte Sachsen-Anhalt. In mindestens fünf Bundesländern gilt die AfD als Verdachtsfall: in Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg, Bremen und Niedersachsen. In den restlichen acht Ländern dürfen die Verfassungsschutzämter entweder nicht über Verdachtsfälle sprechen oder sie prüfen, ob eine Beobachtung gerechtfertigt ist.

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Kann die AfD die Einstufung anfechten?

Ja, das kann und tut sie in der Regel überall, wo der Verfassungsschutz tätig wird oder sich öffentlich äußert. Auch in Sachsen rechnet man mit einer Klage. Mit Spannung wird ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster Ende Februar erwartet. Die Richter sollen entscheiden, ob die Einstufung der Bundes-AfD als Verdachtsfall rechtens ist. Erst danach dürfte der Verfassungsschutz bekannt geben, ob er auch die Gesamtpartei als gesichert rechtsextremistisch einstuft.

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