Kanzleramt:Empörung nach Holocaust-Vergleich von Abbas

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Kanzleramt, Empörung nach Holocaust-Vergleich von Abbas (Video: Reuters)

Im Berliner Kanzleramt spricht Palästinenserpräsident Abbas von "50 Holocausts", die Israel begangen habe. Scholz verurteilt den Vergleich - aber erst hinterher. Israels Ministerpräsident Lapid spricht von einer "moralischen Schande".

Von Daniel Brössler, Berlin

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat mit Holocaust-Vorwürfen an die Adresse Israels während einer Pressekonferenz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Kanzleramt Empörung ausgelöst und auch seinen Gastgeber in Erklärungsnot gebracht. "Ein unfassbarer Vorgang im Kanzleramt. Der Bundeskanzler hätte dem Palästinenserpräsidenten klar und deutlich widersprechen und ihn bitten müssen, das Haus zu verlassen!", twitterte CDU-Chef Friedrich Merz. Der CDU-Politiker Armin Laschet nannte den Auftritt von Abbas "die schlimmste Entgleisung, die je im Kanzleramt zu hören war".

Die Äußerungen von Abbas waren zum Ende der Pressekonferenz am Dienstagnachmittag gefallen und von Scholz nicht mehr kommentiert worden. Der Kanzler meldete sich aber noch am Abend zu Wort. "Gerade für uns Deutsche ist jegliche Relativierung des Holocaust unerträglich und inakzeptabel", sagte er der Bild-Zeitung. Nach Darstellung des Kanzleramtes war Scholz über die Äußerungen seines Gastes empört gewesen und hatte eigentlich unmittelbar reagieren wollen. Regierungssprecher Steffen Hebestreit hatte die Pressekonferenz aber planmäßig nach der letzten Antwort von Abbas beendet.

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Abbas war während der Pressekonferenz gefragt worden, ob er sich zum 50. Jahrestag des von palästinensischen Terroristen verübten Attentats auf die israelische Olympiamannschaft in München bei Israel entschuldigen werde. "Israel hat seit 1947 bis zum heutigen Tag 50 Massaker in 50 palästinensischen Orten begangen", antwortete der Palästinenserpräsident. Dann fügte er hinzu: "50 Massaker, 50 Holocausts." Tagtäglich würden Menschen von der israelischen Armee getötet. "Wenn wir weiter in der Vergangenheit wühlen wollen, ja bitte", sagte er. Auf die eigentliche Frage ging er nicht ein.

Der Verlauf der Pressekonferenz zeige, "wes Geistes Kind Abbas" sei, sagte Volker Beck

"Scholz hat nicht reagiert. Das hätte nicht passieren dürfen", sagte Volker Beck, der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Süddeutschen Zeitung. Vor allem aber zeige der Verlauf der Pressekonferenz, "wes Geistes Kind Abbas" sei. "Er spricht von einem Holocaust an den Palästinensern, statt den Terrorismus zu verurteilen. Die Verhöhnung der Opfer des Olympiaattentates ist auch ein Schlag in das Gesicht Deutschlands", kritisierte der frühere Grünen-Politiker. "Das muss unmittelbar Konsequenzen im bilateralen Verhältnis haben", forderte er. Wer so spreche wie Abbas, wiegele zur Gewalt auf. Deutschland müsse weitere Zahlungen an die Autonomiebehörde an Bedingungen knüpfen. So dürften keine "Märtyrerrenten" mehr an Attentäter und ihre Hinterbliebenen gezahlt werden.

Auch der israelische Ministerpräsident Jair Lapid meldete sich zu Wort. Er wies die Vorwürfe des Palästinenserpräsidenten via Twitter mit scharfen Worten zurück: "Dass Mahmud Abbas Israel beschuldigt, "50 Holocausts" begangen zu haben, während er auf deutschem Boden steht, ist nicht nur eine moralische Schande, sondern eine ungeheuerliche Lüge." Der israelische Politiker verwies auf die sechs Millionen Jüdinnen und Juden, die im Holocaust ermordet wurden. Die Geschichte werde Abbas niemals verzeihen. Auch Verteidigungsminister Benny Gantz äußerte Kritik. Die Worte von Abbas seien "verachtenswert und falsch" sowie ein "Versuch, die Geschichte zu verzerren und umzuschreiben", twitterte Gantz am Mittwoch. Der von Abbas getätigte Vergleich sei Holocaust-Leugnung. Lapid und Gantz sind beide Söhne von Holocaust-Überlebenden.

Auch das Internationale Auschwitz-Komitee kritisierte die Aussagen von Palästinenserpräsident Abbas scharf. Der Exekutiv-Vizepräsident Christoph Heubner sagte laut der Deutschen Presseagentur am späten Dienstagabend, der Präsident habe "die politische Bühne Berlins gezielt genutzt, um die deutsche Erinnerungskultur und die Beziehungen zum Staat Israel zu diffamieren. Mit seinem schändlichen und unangemessenen Holocaust-Vergleich hat Abbas erneut versucht, antiisraelische und antisemitische Aggressionen in Deutschland und Europa zu bedienen." Auch an der Bundesregierung übte Heubner Kritik. "Es ist erstaunlich und befremdlich, dass die deutsche Seite auf Abbas' Provokationen nicht vorbereitet war und seine Äußerungen zum Holocaust in der Pressekonferenz unwidersprochen geblieben sind", teilte Heubner in Berlin mit. Der Leiter der Jerusalemer Holocaustgedenkstätte Yad Vashem, Dani Dayan, forderte die Bundesregierung auf, angemessen "auf dieses unentschuldbare Verhalten im Bundeskanzleramt" zu reagieren.

Abbas setzte während der Pressekonferenz die israelische Besatzung auch mit der südafrikanischen Rassentrennung zur Zeit der Apartheid gleich, stieß damit aber unmittelbar auf Widerspruch von Scholz. "Ich will ausdrücklich hier an dieser Stelle sagen, dass ich mir das Wort Apartheid nicht zu eigen mache und dass ich das nicht für richtig halte für die Beschreibung der Situation", sagte Scholz. Abbas hatte zuvor gesagt, die "Umwandlung in die neue Realität eines einzigen Staates in einem Apartheid-System" diene nicht der Sicherheit und Stabilität in der Region. Es sei "gut", dass Scholz den von Abbas ebenfalls während der Pressekonferenz erhobenen Apartheidvorwurf "klar zurückgewiesen hat", lobte DIG-Präsident Beck.

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