Öffentlicher Nahverkehr:Wissing will den deutschen "Tarif-Dschungel" lichten

Lesezeit: 1 Min.

In den Monaten Juni, Juli und August ist es egal, wohin man mit dem Bus oder Zug fährt - wenn man ein Neun-Euro-Ticket hat. Das gilt bundesweit. (Foto: Martin Schutt/dpa)

Der Verkehrsminister preist das Neun-Euro-Ticket als "fulminanten Erfolg". Einen Erfolgsfaktor würde er gerne auf Dauer einführen: Dass Nahverkehrskarten bundesweit gelten und die einzelnen Tarifsysteme abgeschafft werden.

Nach dem zeitlich begrenzten Neun-Euro-Ticket will sich Bundesverkehrsminister Volker Wissing für eine dauerhafte Vereinfachung des Tarifsystems im öffentlichen Nahverkehr einsetzen. "Wenn die komplizierten Tarifzonen verschwinden und die Tickets bundesweit gelten, wird der öffentliche Nahverkehr sehr viel stärker genutzt", sagte der FDP-Politiker der Neuen Osnabrücker Zeitung. "Wir sollten deswegen endlich Wege finden, den Tarif-Dschungel in Deutschland zu beenden."

Die Erfahrungen mit den Neun-Euro-Tickets, die noch bis Ende August zu haben sind, sollten demnach erst gründlich ausgewertet werden, sagte Wissing. "Ab Herbst werden wir dann die notwendigen Schlüsse ziehen." Die wichtigste Lehre, die er aus der Begeisterung für das Neun-Euro-Ticket ziehe, laute: "Es braucht strukturelle Veränderungen."

SZ PlusMeinungNahverkehr
:Das Neun-Euro-Ticket muss bleiben

Kommentar von Kassian Stroh

Die Bundesregierung hat es mit dem Ziel eingeführt, die Menschen angesichts der hohen Inflation zu entlasten und einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Das Ticket berechtigt Käuferinnen und Käufer, für jeweils neun Euro in den Monaten Juni, Juli und August im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) durch ganz Deutschland zu fahren. Wissing nannte das Ticket einen "fulminanten Erfolg" und die "beste Idee für den Bahnverkehr seit ganz langer Zeit". In der Ampelkoalition durchgesetzt hatten es vor allem die Grünen - nicht zuletzt als Gegenmodell zu dem von der FDP geforderten dreimonatigen Tankrabatt.

Ein Ticket für neun Euro könne der Bund nicht dauerhaft finanzieren, sagt Wissing

Laut dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen wurden mit Stand Ende Juni bundesweit etwa 21 Millionen der Sonderfahrkarten verkauft. Hinzu kommen zehn Millionen Abonnenten, die das vergünstigte Ticket automatisch erhalten. "Wir haben spürbar weniger Verkehr auf den Straßen, deutlich weniger Staus", sagte Wissing. "Offenbar sind viele vom Auto in Busse und Bahnen umgestiegen."

Wie ein günstiges Nahverkehrsticket aber konkret aussehen und vor allem, wie es finanziert werden könnte, dazu hielt Wissing sich dem Bericht zufolge bedeckt. Dass die Finanzierung des ÖPNV für die Bundesländer eine große Herausforderung sei, "kann ich nachvollziehen", sagte er. "Allen ist aber auch klar, dass der Bund kein Monatsticket für neun Euro auf Dauer finanzieren kann. Das wären jährlich rund zehn Milliarden Euro", sagte der Minister. "Ich kann hier nicht den Haushaltsverhandlungen vorgreifen."

© SZ/dpa/kast - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivMarode Schienenstrecken
:"Man hat die regionalen Netze vernachlässigt"

An mehr als 350 Stellen im Freistaat müssen die Züge besonders vorsichtig unterwegs sein, weil Gleise und Brücken in die Jahre gekommen sind. Das Unglück bei Garmisch-Partenkirchen lenkt den Blick auf jahrzehntelange Versäumnisse von Bahn und Politik.

Von Sebastian Beck, Maximilian Gerl, Andreas Glas, Matthias Köpf und Klaus Ott

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: