Stilkritik:Lawrow und das Rätsel um sein iPhone

Der russische Außenminister lässt sich mit US-amerikanischen Devotionalien wie Apple-Watch und Basquiat-T-Shirt filmen. Ist das echt oder vielleicht doch ein Bubenstreich eines österreichischen Künstlers?

Glosse von Martin Zips

Vielleicht steckt ja André Heller hinter der Sache. Alles nur ein Bubenstreich, genauso wie die Aktion mit den Besenstielen, aus denen Heller damals diesen Basquiat-Rahmen genagelt hat und für viel Geld verkaufte. Jean-Michel Basquiat war der erste afroamerikanische Künstler, der in der von Weißen dominierten Kunstwelt den Durchbruch geschafft hat. Man könnte schon meinen, dass ein offenherziger Typ wie Basquiat zum Beispiel das aktuelle Moskauer Regime total abgelehnt hätte.

Umso überraschender, dass sich nun ausgerechnet Russlands Außenminister Sergej Lawrow am G-20-Gipfel in Bali in einem blauen Basquiat-T-Shirt filmen ließ. Es sollte einen nicht wundern, wenn dieses T-Shirt schon bald bei André Heller zum Verkauf angeboten wird. Und sicher kann man bei Heller dann auch Lawrows iPhone und seine Apple-Watch kaufen, die in dem Video ebenfalls zu sehen sind. Das Video wurde von Lawrows Ministerium veröffentlicht. Offenbar, um zu zeigen, wie pumperlgesund der Chef noch ist. Von wegen Herzprobleme und Krankenhaus und so. Dass ausgerechnet der russische Außenminister US-amerikanisches Digitaldesign und für antikolonialistische New Yorker Künstler werbende Oberbekleidung bevorzugt, kann aber eigentlich nur ein Bubenstreich sein.

Hat Heller also das Video manipuliert? Zumindest könnte er Lawrow eine Oligarchennichte ins Ferienhaus gesetzt haben, mit ein paar lustigen Requisiten. Wirklich, man sollte in den kommenden Tagen schon ein sehr genaues Auge auf den Museumsshop der Wiener Albertina haben. Denn dort ist noch bis Anfang Januar eine Basquiat-Ausstellung zu sehen. Wehe, es tauchen irgendwelche sündhaft teuren T-Shirts auf!

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