SZ-Kolumne "Bester Dinge":Der Flügel, der aus der Schmuddelecke kam

(Foto: Sabine Brose/Imago Images)

An einer japanischen Schule verstaubt ein altes Musikinstrument jahrzehntelang unter einer Treppe - bis sich herausstellt: Es ist ein Meisterstück.

Von Thomas Hahn, Tokio

Das Ding musste weg. Es stand schließlich schon seit Jahrzehnten unter der Treppe im ersten Stock der Azuma-Mittelschule in Suzaka, Präfektur Nagano, Japan, wie ein nutzloses Möbelstück. Man sah ihm an, dass es ein Flügel war. Aber Saiten und Tasten waren kaputt, ein Fall für den Sperrmüll. Und tatsächlich hätte Prinzipal Hiroyuki Shimada das Klavier wohl eines Tages entsorgen lassen, wenn er im vergangenen Winter nicht das Bedürfnis gehabt hätte, in seinem Büro Dokumente zu sortieren.

Dabei stieß er auf ein Papier, welches das Ding als kostbare Seltenheit auswies. Es handelte sich demnach um einen echten Pleyel. Um ein Instrument aus dem Hause des Pariser Herstellers also, dessen Produkte seinerzeit vor allem der polnisch-französische Komponist Frédéric Chopin (1810 bis 1849) schätzte. Shimada machte ein Lehrprojekt daraus. Dabei lernten die Schülerinnen und Schüler: dass der Flügel, Jahrgang 1924, vor 64 Jahren als Eröffnungsgeschenk eines Industriellen in die Schule gekommen war. Und dass man ihn 1995 wegen Renovierungen unter die Treppe gestellt hatte.

Die Schülerschaft bringt ihn laut Zeitung Asahi wieder zum Klingen. Unter Anleitung eines Klavierstimmers hat sie Einzelteile gereinigt. Sie sammelt Geld für die teure Reparatur, verkauft dafür unter anderem Kräuter aus dem Schulgarten und plant Events. Für das Kulturfestival der Schule am 2. Oktober ist Profipianist Takashi Yamamoto angekündigt. Er soll auf dem Flügel spielen, der aus der Schmuddelecke kam. Das Ding hat wieder eine Zukunft.

Vorherige Folgen der Kolumne lesen Sie hier . Weitere gute Nachrichten finden Sie hier .

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ-Kolumne "Bester Dinge"
:Wenn Sachen lachen

Japanische Forscher haben einen Roboter trainiert, im richtigen Moment zu lachen - und das auch noch im richtigen Maß. Gar nicht so leicht, wie man bei Kylian Mbappé sehen konnte.

Von Moritz Geier

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: