Koblenz:Terrorist oder Lügner? Urteil in Taliban-Prozess erwartet

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Koblenz (dpa/lrs) - Im teils rätselhaft wirkenden Koblenzer Prozess gegen einen mutmaßlichen Kämpfer der radikalislamischen Taliban wird an diesem Freitag (8. Dezember) das Urteil erwartet. Ist der junge Afghane ein Terrorist, ein Lügner oder beides? Diese Frage will der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) am 14. Verhandlungstag beantworten.

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Koblenz (dpa/lrs) - Im teils rätselhaft wirkenden Koblenzer Prozess gegen einen mutmaßlichen Kämpfer der radikalislamischen Taliban wird an diesem Freitag (8. Dezember) das Urteil erwartet. Ist der junge Afghane ein Terrorist, ein Lügner oder beides? Diese Frage will der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts (OLG) am 14. Verhandlungstag beantworten.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten gemäß seinem eigenen früheren Geständnis bei der Polizei Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung, Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und Beihilfe zum Mord vor. Er sei in seiner Heimat als Leibwächter eines regionalen Taliban-Befehlshabers bei mindestens 50 Hinrichtungen dabei gewesen und habe auch den Henker beschützt. Einmal soll ein von den Taliban zum Tode verurteilter Soldat nachts aus seinem Haus verschleppt worden sein. Weil er sich nicht habe freikaufen können, sei er erschossen worden.

Der Angeklagte sitzt seit Januar 2017 in Untersuchungshaft. Anfang Juli begann sein Prozess. Im September kam die Wende: Der junge Afghane widerrief sein früheres Geständnis. Dieses sei auf Anraten eines Bekannten in einem Flüchtlingsheim in Deutschland frei erfunden gewesen, um hier als angeblicher Taliban-Deserteur leichter Asyl zu erhalten. Er wolle von Deutschland aus die Armut seiner Familie lindern. Sein ehemaliger Chef in Afghanistan, der Cousin seines Vaters, habe gar nicht für die Taliban gearbeitet.

Die Bundesanwaltschaft ging laut einem OLG-Sprecher in ihrem Plädoyer am vergangenen Freitag jedoch weiterhin von der ersten Version aus, hielt also an ihren Vorwürfen fest. Sie forderte eine Jugendhaftstrafe von vier Jahren. Der Angeklagte wurde nach eigenen Angaben 1996 geboren - damit könnte er noch unter das mildere Jugendstrafrecht fallen. Das genaue Alter des Mannes galt allerdings vorerst als ungeklärt - auch hier soll das Urteil Aufschluss geben.

Die Verteidigung forderte in ihrem Plädoyer einen Freispruch unter Verweis auf die zweite Version ihres Mandanten, wonach alles nur erfunden sei.

Bundesweit haben sich bereits zahlreiche afghanische Flüchtlinge als einstige Taliban offenbart. Die Terrorgruppe strebt laut der Bundesanwaltschaft an, „alle ausländischen Kräfte vom Gebiet Afghanistans zu vertreiben und auf dem Staatsgebiet einen allein auf islamischem Recht (Scharia) basierenden Gottesstaat zu errichten. Dieses Ziel versuchen die Taliban durch Selbstmordattentate, Minen- und Bombenanschläge, Entführungen und Erschießungen zu erreichen.“

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