Porträt-App:Der Mensch will sich vergleichen - jetzt auch mit der Kunst

Google hat eine App entwickelt, die Fotos mit berühmten Porträts der Kunstgeschichte abgleicht. Wem wohl welcher Promi ähnelt? Fünf Versuche.

Von Hannes Vollmuth

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(Foto: dpa, Nelson-Atkins-Museum)

Google hat Deutschland am 20. Firmengeburtstag eine neue App geschenkt. Im Produkt-Blog im Internet steht dazu: "Art Selfies ist ein Experiment, um euren Doppelgänger unter Zehntausenden von Kunstwerken aus Sammlungen unserer Museumspartner weltweit zu finden." Man fotografiert sich mit der App selbst (oder Promis) und die Suchmaschine schaut nach, wem das Bild in der Kunstgeschichte ähnlich sieht. In den USA ist die App ein großer Erfolg. Der Mensch vergleicht sich einfach gern, auch wenn das sehr schlechte Laune macht: Wer hat das grünere Gras, die röteren Kirschen, die reizenderen Kinder, schöneren Frauen/Wohnungen/Urlaube? Dank Google: Wer hat den fescheren Doppelgänger in den Kunstmuseen dieser Welt? Schrieb nicht Søren Kierkegaard: "Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit"? War Google aber offenbar egal. Und mal angenommen, man gäbe sein Bild ein und es erschiene einfach - nichts. Ist man dann einzigartig? Oder nicht existent. Veronica Ferres / "Femme accoudée" Original: Deutschlands bekannteste Schauspielerin. Kunstwerk: Eine Frau, auf ihre Ellenbogen gestützt, von Pierre-Auguste Renoir (1841-1919). Interpretation: Veronica Ferres, besser bekannt als "die Ferres", ist als Schauspielerin natürlich ein Chamäleon allererster Güte. Verträumt gucken kann sie , die Ferres. Praktisch: Da muss man auch gar nicht so viel Text sprechen.

Boris Becker / "Porträt von Octave Raquin"

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(Foto: AFP, MASP)

Original: In seinem Twitterprofil steht: Entrepreneur, Tennispro, Wimbledonchampion, Ambassador. Das trifft es grob. Kunstwerk: Stammt vom Franzosen Henri de Toulouse-Lautrec, 1901. Interpretation: Abgebildet ist ein stolzer, älterer Herr, der im Wohnzimmer sitzt. Müsste Becker sympathisch sein, obwohl er in Wimbledon, das man sein Wohnzimmer nannte, nicht zu sitzen, sondern zu hechten pflegte.

Christian Lindner / "Der Mann mit dem Goldhelm"

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(Foto: AFP, Gemäldegalerie Berlin)

Original: Oberster Liberaler. Wollte nicht nach Jamaika. Kunstwerk: In den 70er-Jahren kam heraus, dass es kein echter Rembrandt ist, sondern um 1650 in seinem Dunstkreis entstand. Interpretation: Der Helm symbolisiert große Macht. Der Helmträger indes verblasst, wirkt schwermütig ob der Last der Verantwortung. Doch wie sagte Lindner einst: Probleme sind nur dornige Chancen.

Angela Merkel / "Technical Sergeant Gerda Thomas"

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(Foto: Reuters, Hudson River Museum)

Original: Oft Mutti genannt, aber in der Forbes-Liste siebenmal mächtigste Frau der Welt. Kunstwerk: US-Künstler Francis V. Kughler ehrte 1944 mit dem Porträt die Deutsche Gerda Thomas, die sich freiwillig für die US-Armee meldete. Interpretation: Die Mütze sitzt schief, der Wind weht ins Gesicht, aber der Blick: unbestechlich. Zwei Frauen, denen Widerstand nichts anhaben kann.

Til Schweiger / "Zittende jonge vrouw"

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(Foto: dpa, Rijksmuseum)

Original: Manchmal zart, öfter hart. Kunstwerk: Eine sitzende junge Frau vom niederländischen Maler Albert Neuhuys (1844-1914). Interpretation: Til Schweiger, dem Tatort-Publikum bekannt als "Nick" Tschiller, kann herrlich nuscheln und finster dreinblicken. Als besonders wandlungsfähig galt er bisher nicht. Und jetzt das! Sein Alter Ego ist ein blasses Fräulein. Hat unser Tschiller doch mehr Facetten?

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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