Flugverkehr:Hallo Menschen

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Weil sich von "Sehr geehrte Damen und Herren" nicht alle gemeint fühlen könnten, werden Passagiere bei der Lufthansa nun beispielsweise mit "Guten Tag" angesprochen. (Foto: Oliver Roesler)

Die Lufthansa verzichtet auf ihren Flügen künftig auf die Begrüßungsformel "Sehr geehrte Damen und Herren". Eine sehr zeitgemäße Entscheidung.

Glosse von Martin Zips

Es ist noch nicht lange her, sechs Jahre, da erschien in genau dieser Zeitung an bedeutender Stelle der folgende Witz: "Im Flugzeug sitzt eine Frau neben einem ihr nicht bekannten Mann. Man kommt ins Plaudern, und die Frau erzählt, dass sie auf einem Sex-Kongress gewesen sei. ,Aha', sagt der Mann, ,und was ist dabei herausgekommen?' Dass, erwidert die Frau, die Indianer und Schwaben die besten Liebhaber seien. Daraufhin der Mann: ,So, so. Aber ich habe mich Ihnen noch gar nicht vorgestellt. Gestatten, Winnetou Schäufele.'"

Das geht heute natürlich gar nicht mehr. Erstens Sexismus, zweitens Rassismus, drittens Flugscham, viertens Schwabenwitz. Fünftens: Wo bleibt das Gender-Sternchen? Aber auch ohne Winnetou Schäufele: Viel zu lang war die Fliegerei, das Zusammenpferchen Hunderter Passagiere und Bediensteter unterschiedlicher sexueller Orientierung in einer Art fliegendem Rohr, für alle Beteiligten, seien wir ehrlich, eine Zumutung. Körperliche Enge im Angesicht des Todes, permanente Anspannung durch unverhofft herabklappende Vorderstühle sowie die eigene Armlehne vereinnahmende Sitznachbar*Innen - wer vermisst das schon?

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Hinzu kamen, meist während mühsam angestrebter Perioden des Sekundenschlafs, akustische Ansagen von der Qualität eines "Bitte beachten Sie die Anschnallzeichen." Oder: "Sie haben jetzt die Möglichkeit zum zollfreien Einkauf." Oder: "Unser heutiges vegetarisches Menü ist: Pasta". Meist eingeleitet mit einem "Sehr geehrte Damen und Herren", was heute natürlich auch nicht mehr geht, weil sich jemand in Reihe 42 davon nicht angesprochen fühlen könnte. Jedenfalls hat jetzt die Lufthansa angekündigt, ihre Crewmitglieder*Innen würden künftig statt mit "Sehr geehrte Damen und Herren" oder "Ladies and Gentlemen" ihre Gäst*Innen auch mit geschlechtsneutralen Formulierungen an Bord begrüßen. Zum Beispiel mit "Guten Tag", "Guten Abend" oder "Herzlich willkommen". Das soll auch für alle Flüge der Gesellschaften Austrian, Swiss, Eurowings und Brussels Airlines gelten.

Immerhin war die Toilette unisex

Gut, einen Winnetou Schäufele auf dem Nachbarsitz würde das auf dem Langstreckenflug natürlich genauso wenig verhindern wie die Anwesenheit von Mitreisenden vom Schlage eines Gérard Depardieu. Auf einem Flug von Paris nach Dublin soll der Schauspieler mal in den Gang uriniert haben, da ihn die Stewardess nicht auf die Toilette gelassen hat. Immerhin war die Toilette unisex. Unvergesslich auch der Auftritt des Weltraumtouristen und Klimawandelbeschleunigers Sir Richard Branson als bärtige Stewardess während eines Air-Asia-Fluges. Winnetou Schäufele hätte hier sicher großen Spaß gehabt.

Der australische Komiker und Landschaftsmaler Barry Humphries jedenfalls, der jahrzehntelang auf seinen "Dame Edna"-Tourneen rund um die Welt flog, sagte kurz vor seinem Rückzug von der Bühne 2012: Er habe von Flugzeugen wirklich mehr als genug. Nie wieder! Für seine Mitmenschen erfand Humphries eine Anrede, die gerade wegen ihrer bestechenden Geschlechtsneutralität in der internationalen Luftfahrt noch Karriere machen dürfte: "Hallo, Beutelratten!"

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