Prozess gegen Arafat Abou-Chaker:"Ich hatte Angst, dass ich da nicht lebend rauskomme"

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Der Rapper Kay One ist als Zeuge im Bushido-Prozess geladen und kommt ins Kriminalgericht Moabit. (Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Hat Arafat Abou-Chaker Rapper, die bei ihm unter Vertrag standen, bedroht oder ihnen sogar Gewalt angetan? Im Prozess sagt ein wichtiger Zeuge der Anklage aus: der Musiker Kay One.

Von Verena Mayer, Berlin

Kay One erscheint in einem für Rapper untypischen Outfit. Er trägt beige Leinenhose, kariertes Hemd und braune Lederschuhe. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass er im noblen Grünwald im Landkreis München lebt. Seine genaue Adresse will er nicht sagen, angeblich wegen der vielen Presseleute, die an diesem Mittwoch in den holzgetäfelten Saal 500 des Berliner Landgerichts gekommen sind. Vielleicht ist der Grund aber auch, dass Kay One nicht gerade im Guten mit Arafat Abou-Chaker auseinandergegangen ist, der hier auf der Anklagebank sitzt. Ihm und seinen Brüdern wird vorgeworfen, den Rapper Bushido bedroht und ihm Gewalt angetan zu haben, als der aus den gemeinsamen Geschäften aussteigen wollte.

Kay One, bürgerlich Kenneth Brodowski, 37, ist ein wichtiger Zeuge der Anklage: Denn er hat mit Arafat Abou-Chaker möglicherweise dieselben Erfahrungen gemacht wie sein Musikerkollege Bushido. Begonnen hat alles 2007, als Kay One aus Ravensburg nach Berlin kam und dort bei Bushidos Label Ersguterjunge unterkam. "Cool" seien "die Vibes" dort gewesen, erzählt er, "ich war beste Freunde mit Arafat". Doch 2012 stieg er aus. Warum - das hat er später öffentlich gemacht. Er verglich das Vorgehen von Bushido und den Abou-Chakers mit Mafiamethoden, er sei ein Sklave der Abou-Chakers gewesen. Nach seinen Auftritten sei er von maskierten Männern mit Messern bedroht worden, und einmal sei ein Auto an ihm vorbeigefahren und jemand habe etwas auf ihn gerichtet, das ausgesehen habe wie eine Pistole.

Vor Gericht verhält sich Kay One hingegen wie viele Zeugen, die in Sachen Clan-Kriminalität aussagen sollen. Er spricht nicht gerne über das, was er angeblich erlebt hat. Auf Fragen nach etwaigen Auseinandersetzungen antwortet er ausweichend, alles sei halb so schlimm, Abou-Chaker wie ein großer Bruder gewesen. Die Staatsanwältin hält ihm eine Aussage vor, die er 2013 bei der Polizei gemacht hat. Da erzählte Kay One, Abou-Chaker sei kurz davor gewesen zuzuschlagen, als er einen Vertrag nicht unterschreiben wollte. Und als er sich an Sängerinnen heranmachte, die ebenfalls im Label unter Vertrag standen, sei er von Abou-Chaker zur Rede gestellt worden. Erst mit den Worten "Mit der Firma schläft man nicht", dann mit einem Baseballschläger. Abou-Chaker habe eine Viertelstunde auf ihn eingeschlagen, so Kay Ones Aussage damals. Auch folgenden Satz hat er bei der Polizei zu Protokoll gegeben: "Ich hatte Angst, dass ich da nicht lebend rauskomme." Heute will sich Kay One daran nicht mehr erinnern. "Puh, zehn Jahre später ist das nicht mehr in meinem Kopf."

Wie hilfreich dieser Auftritt für das Verfahren ist, wird sich zeigen, Abou-Chakers Verteidiger nennen Kay Ones frühere Aussage eine Lüge, ja, "Bullshit". Und noch einen bemerkenswerten Gerichtstermin gab es am Mittwoch. In Potsdam kam das Villenensemble samt Grundstück unter den Hammer, auf dem der Rapper Bushido und Arafat Abou-Chaker einst zusammenziehen wollten. Auf Antrag des Musikers wurde es zwangsversteigert. Nach einer kurzen Sitzung ging es für 7,4 Millionen an den einzigen Bieter: den 21-jährigen Sohn von Arafat Abou-Chaker.

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