Staus, Behinderungen und "Abkürzer" im Südlandkreis:"Das muss man jetzt eben ertragen"

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Am Pfingstmontag staut sich der Verkehr im Kochler Ortskern. (Foto: Manfred Neubauer)

Nach dem Zugunglück bei Garmisch-Partenkirchen kommt es vor allem in Kochel zu teils massiven Verkehrsbehinderungen. Bürgermeister Thomas Holz rechnet damit, dass sie noch einige Tage andauern werden.

Von Tobias Bug, Kochel am See

Nach dem schweren Zugunglück am Freitag bei Burgrain in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen dauern die Bergungsarbeiten weiter an. Die verunglückten Bahnwaggons müssen mit speziellen Bergekränen auf die Fahrbahn gehoben werden. Deswegen ist die Bundesstraße 2 bei Burgrain seit Freitagmittag in beiden Richtungen gesperrt. Die Auswirkungen auf den Verkehr machen sich seit Tagen im Süden des Landkreises bemerkbar.

Die Polizei hat mehrere Umleitungen eingerichtet, unter anderem wird der aus Mittenwald und Innsbruck kommende Verkehr bei Krün in Richtung Bundesstraße 11 über Wallgau, Walchensee und Kochel abgeleitet. Diese Umleitung und der ohnehin große Ausflugsverkehr über Pfingsten haben am langen Wochenende zu teils starken Behinderungen in und um Kochel am See geführt.

Der Verkehr sei in beiden Richtungen zähflüssig verlaufen, sagt Steffen Wiedemann, Leiter der Kochler Polizeidienststelle, nicht nur in Kochel selbst, sondern zeitweise auch in Benediktbeuern und Bichl. Die Staus seien phasenweise entstanden und hätten sich zwischendurch immer wieder aufgelöst. "Das ist natürlich belastend, gerade für die Anwohner in den Ortsbereichen. Insgesamt war die Situation aber nicht chaotisch, sondern handelbar", so Wiedemann weiter.

Der Kochler Bürgermeister Thomas Holz berichtet dagegen von kritischen Stunden am Freitagnachmittag: "Vor allem am Freitag, dem Hauptreisetag für die Pfingstferien, war es chaotisch." Von Norden kommend hätten sich die Autos bis zum Ortsteil Ried gestaut. "Manche vermeintlich findigen Autofahrer haben auch mal wieder versucht, über Forst- und Feldwege abzukürzen. Das hat nicht immer funktioniert." Über das gesamte Pfingstwochenende hinweg habe es ein "vehementes Verkehrsaufkommen" in seiner Gemeinde gegeben.

Am Sonntagnachmittag kam es auf der viel befahrenen Bundesstraße 11 im Walchenseer Ortsteils Lobesau zudem zu einem Verkehrsunfall. Ein 47-jähriger Münchner hatte mit seinem VW-Bus in einer Seitenbucht gewendet, wobei er mit dem Auto eines 68 Jahre alten Mannes aus Weiden zusammenstieß. Die beiden Männer blieben unverletzt, doch ihre Fahrzeuge wurden so stark beschädigt, dass sie abgeschleppt werden mussten.

Auch am Bahnhof und an der Bushaltestelle in Richtung Walchensee hat es in den vergangenen Tagen laut Holz "gefühlt mehr Passagieraufkommen" gegeben. "Viele Ausflügler sind wohl wegen der Straßensperrung vorsorglich vom Auto auf den Zug umgestiegen." Eventuell habe auch das Neun-Euro-Ticket, das seit vergangenem Mittwoch deutschlandweit für den Nahverkehr gilt, zu dem erhöhten Passagieraufkommen beigetragen, vermutet Holz.

"Es hat aber noch niemand geschimpft über die Situation. Das muss man jetzt eben ertragen", so Holz weiter. "Die Leute kennen ja die Ursache und sind in Gedanken bei den Opfern des Zugunglücks und deren Angehörigen." Der CSU-Politiker hofft, dass die Bergungsarbeiten schnell abgeschlossen sein werden. "Bis zum Wochenende, spätestens bis Fronleichnam, sollte die Umleitung aufgehoben sein und der Verkehr wieder normal laufen. Das wäre gut." Für die kommenden Tage rechnet er weiter mit mehr Verkehr als üblich, doch werde sich die Situation im Vergleich zum Pfingstwochenende wohl ein wenig entspannen.

"Viele Ausweichmöglichkeiten gibt es nicht", sagt Steffen Wiedemann von der Kochler Polizei, "man kann höchstens über den Sylvenstein fahren". Die Umleitung über Kochel sei aber die offizielle Umleitungsstrecke. Von München in Richtung Österreich könnten Autofahrer über den Tegernsee ausweichen.

Das Unglück hatte sich am Freitagmittag um kurz nach 12 Uhr auf der Bahnstrecke von Garmisch-Partenkirchen nach Oberau auf Höhe des Ortes Burgrain ereignet. Der Regionalzug war auf der eingleisig verlaufenden Strecke entgleist, Triebwagen und zwei Waggons waren aufrecht im Gleisbett stehengeblieben, drei weitere Waggons außerhalb des Gleises umgestürzt.

Fünf Menschen sind bei dem Unglück ums Leben gekommen: drei Frauen im Alter von 32, 39 und 70 Jahren, ein Junge im Teenageralter und nach bisherigen Erkenntnissen der Kriminalpolizei eine weitere 51 Jahre alte Frau. 44 Menschen wurden bei dem Unglück verletzt. Sie wurden in zehn verschiedenen Krankenhäusern in der Region untergebracht, auch im benachbarten Österreich. Für die endgültige Bergung des Zuges werden voraussichtlich mehrere Tage notwendig sein, teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Süd mit.

Wie es zur Entgleisung des Zuges kam, ist derzeit noch nicht bekannt. Um den genauen Unfallhergang aufzuklären, hat die Staatsanwaltschaft München II bei der Kriminalpolizeiinspektion Weilheim die "Sonderkommission Zug" eingerichtet. Experten des Eisenbahnbundesamtes und der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung unterstützen die Ermittler. Unabhängig davon hat die Staatsanwaltschaft einen externen Gutachter mit der Erstellung eines unfallanalytischen Gutachtens beauftragt.

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