Agrarpolitik:Mittel der Wahl

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Demonstrierende Landwirte und Handwerker am Badehaus Waldram, während Katharina Schulze innen über Demokratie sprach. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Katharina Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, spricht im Waldramer Badehaus über Demokratie - und wird von protestierenden Landwirten umkreist.

Von Claudia Koestler, Wolfratshausen

"Es geht hier nicht um das Badehaus, das möchte ich klarstellen", sagte Maximilian Kranz. Am Mittwochabend hatten sich Dutzende Landwirte in ihre Traktoren gesetzt und sich damit in die engen Straßen des Wolfratshauser Ortsteils Waldram gestellt. Auf Plakaten oder per Beamer auf Hausdächer protestierten sie gegen die aktuelle Landwirtschaftspolitik, vor dem Erinnerungsort postierten sich weitere Dutzende Demonstranten. Der Grund: Der Ortsverband der Grünen hatte Katharina Schulze zu Gast, Fraktionsvorsitzende der Partei im Bayerischen Landtag. Eigentlich sollte sie über das Thema "Demokratie stärken" referieren. Doch der Anlass erhielt einen sehr konkreten Rahmen durch die Kundgebung vor der Tür. Was umso mehr das Bild verzerrte, als es eine Stunde zuvor ein Treffen zwischen Schulze und Vertretern von Landwirtschaft und Handwerk in Waldram gegeben hatte, und beide Seiten zu dem Zeitpunkt bereits ein positives Fazit gezogen hatten.

"I hab' mit der Frau Schulze um 16.45 Uhr ein Gespräch begonnen, das eine Stunde lang ging. Das war auch sehr in Ordnung", erklärte Kranz vor dem Badehaus, während drinnen Schulze ihr Demokratie-Referat hielt. "Sie war sehr kommunikativ und auch schwer in Ordnung. Und man muss jetzt auch sagen, das war jetzt die erste Partei, die ohne Gegenargumente, ohne Streit zugehört hat, das sage ich ganz offen und ehrlich", fügte er an.

Man habe ihr und ihrem Sachbearbeiter mehrere Punkte schriftlich gegeben, die es aus Sicht der Landwirte neu zu justieren gilt: "Die Düngeverordnung, die CO₂-Steuer, Lkw-Maut, die Fal-By-App, die nicht funktioniert, und das Milchabkommen, wo der Preis vom Staat gedeckelt werden sollen", zählte Kranz auf. "Wir haben schon einmal Milchkontingente gehabt, die nicht funktioniert haben, jetzt soll uns das noch einmal auferlegt werden, das wollen wir absolut nicht." Die Grünen-Fraktionsvorsitzende habe daraufhin versprochen, dass es einmal im Monat weitere Rücksprachen geben solle.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag Katharina Schulze beim Gespräch in Waldram. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Schulze selbst bilanzierte das Treffen so: "Wir hatten eine gute Stunde lang ein inhaltlich sehr konstruktives Gespräch über die Frage, wie die Agrarpolitik der Zukunft aussehen kann." Landwirte, so ihre Erkenntnis, bräuchten mehr Planbarkeit. Ihr konkreter Vorschlag: Für alle staatlichen Kantinen, sei es in Kitas, Schulen oder Landratsämtern, solle der Staat als Abnehmer fungieren für Bio oder regionale Produkte. "Das wäre eine doppelte Win-win-Situation: Zum einen haben Landwirte dann einen festen Absatzmarkt, und wir stärken Kinder und Jugendliche durch gesunde Verpflegung, vor allem, wenn 2026 das Recht auf Ganztag kommt." Diesen Vorschlag habe sie in Waldram mit den Vertretern der Landwirtschaft diskutiert. "Das würde helfen", war sie sich sicher und bestätigte, "dass wir mit den Obmännern in Kontakt bleiben".

Das alles aber hatte die Demonstranten offenbar noch nicht erreicht, oder aber es ging um den Protest um des Protests Willen - jedenfalls blieb die Menge stehen. Davon wiederum hatte Schulze gar nichts mitbekommen. Sie war für die Besprechung mit den fünf Landwirtschafts-Vertretern bereits im Haus gewesen, als die Protestierenden sich draußen sammelten. Darauf hingewiesen, was sich da vor der Erinnerungsstätte tue, kommentierte Schulze: "Ja, der Vorstoß mit den Agrardiesel-Subventionen hat das Fass zum Überlaufen gebracht. Das war der letzte Tropfen. Aber auf dem Fass selbst steht doch ganz klar CSU."

Traktoren vor dem Waldramer Badehaus. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Sie selbst sei "jederzeit gesprächsbereit", das gehöre zum Demokratie-Verständnis - ihr eigentliches Thema an diesem Abend in Waldram. "Es verrutscht gerade etwas in unserer Gesellschaft, die Demokratiefeinde werden lauter, Rechtsextremismus wird stärker, da müssen wir nur die jüngsten Landtagsergebnisse sehen." Sie sei der Meinung, dass man nicht verzagen dürfe, sondern betonen müsse, was man tun könne. Vor allem forderte sie eines: "Mehr Repression. Das sage ich ganz bewusst als Grüne, denn mit einem Stuhlkreis alleine werden wir Rechtsextremisten und Demokratiefeinde nicht zurückdrängen." Ihre konkreten Vorschläge: "Mehr Investition in Sicherheitsbehörden, in Polizei, in Verfassungsschutz." Sie wolle - was den Hass im Netz angeht - "Waffengleichheit", etwa mit einer virtuellen Polizeiwache, wo Opfer umgehend Anzeigen erstatten können.

Etwa eine Stunde, nachdem Schulze ihr Demokratie-Referat begonnen hatte, zogen die Demonstranten vor dem Haus wieder ab.

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