Sorge um Frau in Wolfratshausen:Wenn Hilfe an Grenzen stößt

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Blick in eine Unterkunft für Obdachlose im Winternotprogramm. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Eine psychisch erkrankte Obdachlose irrt durch die Stadt und schürt Sorgen bei Passanten. Unterbringung und ärztliche Hilfe sind jedoch rechtlich diffizil.

Von Benjamin Engel, Wolfratshausen

Seit Monaten versuchen Behörden, Hilfseinrichtungen sowie die Polizei in Wolfratshausen einer 47-jährigen Obdachlosen zu helfen. Die stark abgemagerte Frau, die ursprünglich aus Nordrhein-Westfalen stammt, ist psychisch erkrankt, offensichtlich hilflos und irrt selbst bei Minusgraden durch die Stadt. Bereits einmal erließ das Amtsgericht Wolfratshausen einen Unterbringungsbeschluss. Die Frau wurde zur Fachklinik für Psychiatrie in Agatharied gebracht, nach wenigen Tagen aber wieder entlassen.

Jetzt gibt es einen erneuten Unterbringungsbeschluss, wie der stellvertretende Leiter der Wolfratshauser Polizei am Mittwochnachmittag bestätigt. Die Polizei habe die Frau erneut nach Agatharied gebracht, so Thomas Wackerle. "Ich kann nur sagen, dass die Ämter in Verbindung mit den Angehörigen versuchen, der Frau zu helfen, damit sie nicht mehr auf der Straße leben muss."

Die obdachlose 47-Jährige aus Nordrhein-Westfalen steht unter gesetzlicher Betreuung. Gegen Ende des Vorjahres tauchte die Frau in Wolfratshausen auf. Passanten fiel sie auf, weil sie häufig nur leicht bekleidet und ohne Schuhe in der Altstadt zu beobachten war. Der Fall der Frau beschäftige sie seit etwa drei Monaten, sagt Ines Lobenstein von der Wolfratshauser Obdachlosenhilfe. Aufgrund ihrer psychischen Erkrankung sei die Frau nicht in der Lage, von selbst Hilfe anzunehmen. Laut Lobenstein hat die Frau bislang jegliche Angebote abgelehnt. Gleichzeitig arbeiteten die hiesigen Behörden und Einrichtungen eng mit dem Betreuer und den Angehörigen in Nordrhein-Westfalen zusammen, um zu unterstützen.

Das Amtsgericht entscheidet, ob jemand in eine geschlossene Psychiatrie kommt

Jemand gegen seinen Willen in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung unterzubringen, ist rechtlich diffizil und komplex. Voraussetzung dafür ist, dass die Person wegen ihrer psychischen Erkrankung sich selbst oder Fremde erheblich gefährdet. "Das muss ein Arzt feststellen", sagt Rosemarie Mamisch, Sprecherin am Wolfratshauser Amtsgericht. Um jemanden bis zu sechs Wochen unterzubringen, sei ein ärztliches Zeugnis erforderlich. Für das Hauptsacheverfahren und bis zu zwei Jahre Unterbringung brauche es ein umfangreicheres ärztliches Gutachten. Darüber entscheiden und einen Unterbringungsbeschluss erlassen, das muss das zuständige Amtsgericht, genauer gesagt das Betreuungsgericht.

Ist jemand in einer Fachklinik zwangsuntergebracht, müssen die Ärzte laut Mamisch täglich überprüfen, ob die Voraussetzungen dafür noch vorliegen. Sei dies aus ärztlicher Sicht nicht mehr der Fall, müsse die Person entlassen werden. Nur mit einem Unterbringungsbeschluss mache sich eine Einrichtung nicht der Freiheitsberaubung strafbar. In akuten Gefahrensituationen könne zwar auch die Polizei jemanden gegen seinen Willen direkt in eine psychiatrische Einrichtung bringen, so Mamisch. "Bis zum Ablauf des nächsten Tages muss dann ein Richter darüber entscheiden." Kein Grund, jemanden in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen, könne sein, dass dieser obdachlos sei.

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