Regionalplan-Fortschreibung:Wohin mit den Windrädern?

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Es gleicht einer Sisyphusarbeit, Vorrangflächen für Windräder in der Region 17 zu finden. (Foto: Hartmut Pöstges)

Naturschutz, Militär, Denkmalschutz und mehr haben bei der Ausweisung von Standorten für Windkraftanlagen mitzureden. Das macht es der Region Oberland schwierig, geeignete Flächen festzulegen, wie von der Bayerischen Staatsregierung gefordert.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Ein Blick auf die Karte macht es deutlich: Es gibt nur wenige Gebiete in der Planungsregion Oberland (Region 17), die sich als sogenannte Vorrangflächen für Windräder eignen, also als Standorte, wo der Bau solcher Anlagen wirtschaftlich sinnvoll ist. Die Flächen befinden sich überwiegend im Norden des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen, sowie im Landkreis Weilheim-Schongau, des Weiteren einige im Kreis Miesbach. Garmisch-Partenkirchen wie der gesamte Alpenraum sind so gut wie außen vor. Diese Nord-Süd-Unwucht wurde im Planungsausschuss der Region 17 kontrovers diskutiert.

Der Bau von Windrädern ist nur dort sinnvoll, wo ausreichend Wind weht und keine gesetzlich vorgegebenen Ausschlusskriterien greifen. So haben unter anderem der Naturschutz, das Militär, der Deutsche Wetterdienst oder der Denkmalschutz ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Nachdem Regionsbeauftragte Cornelia Drexl und ihr Kollege Jakob Hüppauff seit Juli vergangenen Jahres die möglichen Standorte näher untersucht haben, sind die knapp neun Prozent der Gesamtfläche, die für Windkraftanlagen infrage kämen, drastisch zusammengeschmolzen. Grund dafür sind etwa die "Dichtezentren kollisionsgefährdeter Vogelarten". So sollten drei Arten in schlechtem Erhaltungszustand (Steinadler, Baumfalke und Rohrweihe) geschützt werden. Bei Rotmilan, Schwarzmilan, Uhu, Weißstorch, Wespenbussard und Wanderfalke sind Kompromisse möglich. Auch Wiesenbrütergebiete, Biotope und Schwerpunktvorkommen von Fledermausarten stellen sich als Hürde dar. Nichts geht in der Nähe der Luftlandeschule Altenstadt und im Einzugsgebiet des Radars des Militärflughafens Lechfeld. Wobei bei Altenstadt noch einige Fragen offen sind, die Bundeswehr bislang Antworten schuldig geblieben ist.

Was noch übrig bleibt, ist eine "konsolidierte Suchraumkulisse", die Drexl und ihre Kollegen am Dienstag dem Planungsausschuss vorstellten. Lediglich 3,9 Prozent der Regionsfläche bieten sich für eine weitere Prüfung an. Wobei Klärungsbedarf bei Fragen des Artenschutzes bestünde, so Drexl. Je nachdem, wie die Antworten ausfallen, könnten sich die Suchräume auf zwei Prozent der Gesamtfläche verringern. Dass der Planungsverband bereits 2015 Vorranggebiete festgelegt hat, ist teilweise Makulatur. Die Gebiete 1 (Ingenried/Schwabsoien) und 7 (Hohenpeißenberg) im Regionalplan sind weggefallen, nachdem die Luftlandeschule Altenstadt doch nicht verlegt wurde und der Deutsche Wetterdienst einen fünf Kilometer Radius um seine Messstation auf dem Hohen Peißenberg freihalten möchte.

Kommunen werden in Planung eingebunden

Sind weitere "erhebliche Konflikte" gegeben und reduzieren sich in Folge die Vorrangflächen weiter, habe es irgendwann keinen Sinn mehr, weiterzuarbeiten, sagte Drexl. Vorsitzender und Tölzer Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) umschrieb es so: "Wir müssen einen riesigen gordischen Knoten lösen." Die Regionalbeauftragte möchte daher nicht gleich Flächen aus der Prüfung nehmen, auch wenn Widerstände absehbar sind. Also bleibt es vorerst bei den 3,9 Prozent. Bislang nicht gehört in dem Verfahren wurden die Städte und Gemeinden in der Region 17. Drexl möchte die Kommunen im April/Mai über den Planungsstand informieren. Die Beteiligten sind aufgerufen, ihre eigenen Präferenzen für Standorte anzugeben. Voraussichtlich im ersten Quartal 2026 wird der Teil-Regionalplan in Kraft treten.

Haben die vier Landkreise, die zur Region 17 gehören, nicht bis 2027 1,1 Prozent ihrer Fläche als Vorranggebiete für Windräder ausgewiesen, könnte der bestehende Regionalplan ungültig werden. Dann gilt Windkraft als privilegiert, ein Investor kann einen Bauantrag einreichen, der entsprechend von der betroffenen Kommune behandelt werden muss. Es geht dabei nicht allein um kleine Windräder, sondern um "raumbedeutsame Anlagen", die maßgeblich einen Teil zur Energiewende beitragen. Als Referenzanlage zieht Drexl Windräder mit einer Höhe von 267 Metern heran. Sie sind damit wesentlich höher als jene Windräder in der Gemeinde Berg, die von der A 95 aus zu sehen sind.

Weilheim-Schongau möchte Vorranggebiete

Die von Drexl vorgeschlagene Vorgehensweise wurde im Ausschuss kontrovers diskutiert. Ehrlicher sei es, den Süden der Region Oberland gleich aus der Prüfung zu nehmen, sagte Elisabeth Koch, Bürgermeisterin des Markts Garmisch-Partenkirchen (CSU). "Ich werde kein weiteres Mal kommen", meinte sie, weil die endlose Debatte um Standorte keinen Fortschritt zeige. Ihr Einwand sei nicht verkehrt, erwiderte Niedermaier. Aber der Prozess sei von der Staatsregierung vorgeschrieben. Niedermaier wie sein Miesbacher Amtskollege Olaf von Löwis (CSU) und andere Ausschussmitglieder plädierten dafür, das Verfahren weiterlaufen zu lassen. So könne man der Staatsregierung den "guten Willen" der Region Oberland zeigen. Während man im Tegernseer Tal und im Garmischer Landkreis nicht unglücklich wäre über keine oder wenige Vorranggebiete auf eigener Flur, sieht es im Kreis Weilheim-Schongau anders aus. Doch wie Drexl betonte, dürften einzelne Kommunen nicht von Windrädern "umzingelt" werden. Man müsse sich um Ausgewogenheit bemühen. Der Ausschuss stimmte letztlich dafür, mit den 3,9 Prozent ins weitere Verfahren zu gehen.

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