Landtagswahl im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen:Für Chancengleichheit und weniger Bürokratie

Lesezeit: 3 min

Tim Sachs arbeitet als selbständiger Unternehmensberater und ist seit 2008 Mitglied in der FDP. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Tim Sachs geht als Direktkandidat für die FDP ins Rennen. Er fordert eine bessere Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum und die Stärkung des Mittelstands.

Von Celine Chorus, Bichl

Auf den ersten Blick entspricht Tim Sachs dem Klischee eines typischen FDP-Anhängers: Er ist 33 Jahre alt, arbeitet als Unternehmensberater und hat sich selbstständig gemacht. Wenn man ihn darauf anspricht, wird er fast ein bisschen wütend. Die FDP sei nicht die Partei der reichen Menschen, für die sie noch immer oft gehalten werde, sagt er. "Die Leute wählen die FDP, weil es ihrem Modell entspricht, das Leben selbst in die Hand zu nehmen und sich nicht auf andere zu verlassen."

Sachs hat sich schon immer für Wirtschaft interessiert. Als Jugendlicher habe er sich auch mit anderen Parteien auseinandergesetzt und zwischen der CDU und der FDP geschwankt. "Das Freiheitsgefühl des Liberalismus war mir dann aber deutlich näher als das Bild der CDU." Seit 2008 ist der gelernte Betriebswirt FDP-Mitglied, vor zwei Jahren ist er in die aktive Politik gegangen. Schließlich wurde er als Direktkandidat im Stimmkreis 111 für die Landtagswahl nominiert. Im bayerischen Parlament würde er sich gerne für mehr Selbstbestimmung der Menschen einsetzen. Allerdings macht er sich eher keine Hoffnung, direkt in den Landtag einzuziehen. Eine größere Möglichkeit sehe er darin, es über die Liste ins Parlament zu schaffen: "Darüber würde ich mich umso mehr freuen."

Sachs stammt aus Hessen und kam vor sechs Jahren nach München, seit zwei Jahren lebt er in Bichl. Dass er den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen erst kennenlernen musste, sieht er auch als Vorteil, weil er dadurch unvoreingenommen auf die Themen schauen könne. "Ich übernehme nicht einfach die Meinungen von vor 20 Jahren, die mir vielleicht meine Eltern mitgegeben haben, sondern versuche, mir Themen im Ganzen anzuschauen."

Bildungschancen vom Elternhaus entkoppeln

Sachs sagt, er wolle für mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung sorgen. Er möchte strukturelle Benachteiligungen ausräumen und auch Menschen aus ärmeren Haushalten die gleichen Chancen ermöglichen. "Bildung funktioniert nur dann, wenn jeder Mensch unabhängig seiner Herkunft die gleiche Ausbildung bekommt." Konkret fordert Sachs, dass der Staat mehr Geld für Bildung ausgibt - und zwar nicht nur für digitalisierte Schulen, sondern auch für die Nachmittagsbetreuung.

"Es ist nicht damit getan, dass wir überall neue Laptops bekommen. Jemandem, der aus dem falschen Umfeld kommt oder der zu Hause keine Unterstützung erfährt, ist damit nicht geholfen." Stattdessen hätte er gerne mehr Budget, um materiell benachteiligten Kindern zu helfen. Das Elternhaus dürfe nicht mit den Kosten für Material oder Nachhilfe belastet werden. Sachs wünscht sich, dass das Essen in der Kantine für alle kostenlos ist und das BAföG (die Sozialleistung aus dem Bundes­ausbildungs­förderungs­gesetz) einkommensunabhängig gestaltet wird, notfalls auch durch höhere Rückzahlungen. "Wir müssen die Chancen endlich vom Elternhaus entkoppeln."

Sachs wurde im Dezember einstimmig als Direktkandidat für die Landtagswahl gewählt. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Ein zentraler Punkt ist auch Sachs' Engagement für das Gesundheitswesen. Ein großes Problem sieht er darin, dass zwar Geld vorhanden sei, wegen der schlechten Arbeitsbedingungen aber zu wenige Mitarbeiter. Dieser strukturelle Personalmangel führe dazu, dass die Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, extreme Überstunden machten, mit ihrer Arbeit unzufrieden würden und schließlich ebenfalls gingen. "Dadurch entsteht ein Teufelskreis, der sich immer weiter befeuert."

Als Unternehmensberater hat Sachs viel mit dem Gesundheitswesen zu tun, seine Freundin arbeitet als Ärztin im Klinikum Starnberg. Durch seine Kandidatur will er bessere Arbeitsbedingungen schaffen, damit "das Menschliche in der Pflege" nicht verloren geht. Kliniken im ländlichen Raum müssten erhalten und eine flächendeckende Versorgung mit Hausärzten sichergestellt werden. "Der Staat muss dafür sorgen, dass Ärzte auf dem Land genauso viel verdienen", fordert Sachs, "sonst gehen junge Menschen lieber nach München als nach Bad Tölz."

Bürokratieabbau und digitaler Aufbau

Sachs will sich auch für eine Stärkung des Mittelstands einsetzen: durch weniger Bürokratie und mehr Digitalisierung. Vor allem mittelständische Betriebe kämpften mit den bürokratischen Herausforderungen und könnten sich deswegen oftmals gar nicht mehr auf ihr eigentliches Geschäft fokussieren, erklärt Sachs: "Und was macht die Politik? Die sorgt nicht für weniger Auflagen, sondern bringt gleich die nächsten Verordnungen, für die kleine Unternehmen eigentlich gar keine Kapazitäten haben."

Als Abgeordneter möchte Sachs all jene Menschen vertreten, die mitten im Leben stehen. "Viele mit Ende 20, Anfang 30 legen ihre Prioritäten eher auf die Familie und den Beruf. Das ist gut, aber ich finde es schade, dass darunter die politische Teilnahme dieser Altersgruppe leidet." In der Kommunalpolitik engagierten sich vor allem junge Leute und dann wieder ältere Generationen. Bei Menschen im erwerbsfähigen Alter sei die Zeit meist nicht vorhanden, um sich einzubringen. "Dabei ist dies eine extrem wichtige Zielgruppe, weil sie unsere Gesellschaft wirtschaftlich trägt."

In der Politik werde der "durchschnittliche" Bürger, der seinem Job nachgehe, Steuern zahle und seine Kinder zur Schule bringe, nicht so sehr vertreten, findet der FDP-Kandidat. "Die breite Mitte fühlt sich nicht mehr abgeholt mit ihren Problemen." Eine normale Arbeiterfamilie müsse sich schon fast von einer Eigentumswohnung verabschieden, weil es finanziell nicht machbar sei - und dies sei vor allem in Bayern ein Problem. "Das sind Themen, die wegen der Unterrepräsentation zu kurz kommen - und die mir ein großes Anliegen sind, weil es einfach unfair ist."

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