35 Kilometer neue Leitungen:Die Kochelseebahn wird modernisiert

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Die Kochelseebahn ist ein beliebtes Transportmittel für Ausflügler. Nun stehen Bauarbeiten an und Nutzer müssen auf Busse ausweichen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die Deutsche Bahn erneuert die Oberleitung auf der Strecke zwischen Tutzing und Kochel am See. Reisende der beliebten Ausflugsstrecke müssen sich bis Dezember auf Schienenersatzverkehr einstellen.

Von Jana Daur, Kochel am See / Penzberg

Im Sommer zieht seine Lage vor den oberbayerischen Bergen viele Besucher an: Der Kochelsee ist ein beliebtes Ausflugsziel in der Region. Schon die Anfahrt mit dem Regionalzug bietet eine traumhafte Kulisse. Wer einmal auf Schienen nach Kochel gefahren ist, weiß um die Schönheit der Strecke. Unterwegs haben Naturfreunde den Blick auf Wald und Wiesen, den Starnberger See und zur Brutzeit sogar auf Weißstörche, die auf den Obermasten nisten. Allerdings müssen sich diese vielleicht bald einen neuen Platz suchen: Denn noch dieses Jahr wird die Strecke der Kochelseebahn modernisiert.

Seit Kurzem informiert eine große Tafel an den Gleisen des Penzberger Bahnhofs über die Bauarbeiten. Kürzlich lud die Deutsche Bahn außerdem zum Pressegespräch ein und stellte das Projekt offiziell vor. Auf dem knapp 35 Kilometer langen Abschnitt zwischen Tutzing und Kochel am See wird die komplette Oberleitungsanlage einschließlich des Fahrdrahts erneuert. Fast 600 neue Oberleitungsmasten werden dafür aufgestellt. Die Bauarbeiten sollen bis Mitte Dezember andauern und sind in vier Phasen eingeteilt.

Busse bringen die Kunden ersatzweise ans Ziel

Aktuell finden täglich noch bis zu 56 Zugfahrten der Kochelseebahn statt, diese sollen während der Bauphasen vom Schienenersatzverkehr übernommen werden. Ralf Kreutzer vom Regionalverbund RVO organisiert die Fahrzeuge, die ihm zufolge alleine bis Ende April 130 000 Kilometer Strecke zurücklegen werden. Die Busse fahren von Penzberg aus nach Tutzing und Kochel.

Vom 21. März an bis zum 30. April finden die ersten Arbeiten an der Strecke statt. Zwischen dem 12. Juni und dem 3. August werden dann die alte Anlage rückgebaut und die neuen Masten aufgestellt. Danach wird zwischen Tutzing und Penzberg der Schienenverkehr wieder aufgenommen. Bis zum 16. September werden die Fundamente der neuen Anlage gebaut. Finalisiert wird das Projekt ab dem 5. Oktober bis zum 10. Dezember, anschließend wird der Regelbetrieb wieder aufgenommen. Außerdem fahren die Bahnen zwischen den Bauphasen im Mai - pünktlich zum Start des Deutschlandtickets - und im Oktober zur Wiesn-Zeit.

Abnutzungen führen zu Störanfälligkeiten

Michael Kunze, der Projektleiter von DB Netz, nutzte den Termin, um über die Hintergründe des Schienenausbaus in der Region zu erzählen. Bereits im Jahr 1865 wurde die Kochelseebahn in Betrieb genommen. Genau 60 Jahre später begann das kurz zuvor errichtete Walchenseekraftwerk die Strecke zu elektrifizieren. Auch heute noch produzieren dort vier Turbinen den Strom für den Betrieb der Bahnen. Jedoch wurde die Anlage seither kaum modernisiert, sondern stammt immer noch aus dem Jahr 1927. Die lange Inbetriebnahme verursachte Abnutzungen und sorgte für Störanfälligkeiten. In den kommenden Monaten sollen diese beseitigt werden.

Die Arbeiten an der Kochelseebahn sind Teil eines Investitionsprogramms der Deutschen Bahn für die Regionen Werdenfels und Oberland. Die Kosten der Erneuerung belaufen sich auf etwa 33 Millionen Euro. Sie werden vollständig vom Bund übernommen. "Im Idealfall halten die Leitungen wieder 100 Jahre", sagt Kunze. Das Projekt verfolgt den Zweck, den Bahnverkehr in der Region stabiler zu machen und für mehr Zuverlässigkeit im Zugverkehr im Ballungsraum München zu sorgen. Außerdem wolle man in Kochel am See den Strom zum Bahnbetrieb unabhängig vom Walchenseekraftwerk herstellen.

Bauarbeiten bedeuten Einschränkungen, aber...

Thomas Kahnert, der Teilnetzmanager für die Werdenfelsbahn bei DB Regio Bayern, blickt optimistisch auf das Vorhaben. "Die Bauarbeiten bedeuten zwar Einschränkungen wie verlängerte Reisezeiten. Die sind aber kurzfristig, mit Blick auf das langfristig Positive", bilanziert er. Dass während der Modernisierungen an der überwiegend eingleisigen Strecke alles reibungslos klappe, lege an einem ausreichenden Planungsvorlauf der Bahn. Seit 2018 führt das Unternehmen Abstimmungsgespräche mit den betroffenen Gemeinden sowie Fachbehörden. Vergangenes Jahr wurde schließlich die Ausführungsplanung fertiggestellt. Die Zustimmung zur Modernisierung an der Kochelseebahn sei groß. Die Verwaltungen unterstützen die Bahn mit Logistikflächen für Lagerungen und Baustellenbüros, auch Privateigentümer hätten ihre Grundstücke zur Verfügung gestellt.

Michael Kunze bezeichnet die Erneuerungen an der Strecke als "Projekt zur nachhaltigen Mobilität." Das soll auch für die umliegende Flora und Fauna gelten. So wurde die Umgebung nach Abstimmungen mit der Naturschutzbehörde analysiert und quartiert. Neben der Aufstellung von Reptilienschutzzäunen gebe es Schutzzeiten, um lärmende Arbeiten während der Brutperioden ansässiger Vögel zu vermeiden. Naturfreunde können also aufatmen: Den Störchen in Bichl bleibt ihr Nistplatz voraussichtlich erhalten.

Informationen zu den Arbeiten an der Strecke der Kochelseebahn sind online unter bahn.de/bauarbeiten oder in der App "DB Bauarbeiten" zu finden. Dort sind auch bereits die geänderten Fahrpläne abrufbar, die ebenfalls an den betroffenen Bahnhöfen aushängen.

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