Gemeinde Eurasburg:Gemeinschaft neu erleben

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Christoph Kürzeder im künftigen Gastraum, der stark von Naturmaterialien und klarer Formensprache geprägt ist. (Foto: Hartmut Pöstges)

Klare Formensprache und natürliche Materialien prägen den künftigen Gast- und Übernachtungsbetrieb im Josefstrakt von Kloster Beuerberg. Eröffnet wird aber erst im zweiten Halbjahr 2024.

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Im Josefstrakt von Kloster Beuerberg dürfte die neueste Nutzungsphase für die meisten sofort betriebsbereit scheinen. Der helle Dielenboden aus gedämpftem Tannenholz im Gastraum des Erdgeschosses wirkt wie blankgeputzt. Griffbereit für die ersten Gäste scheinen sich die Stühle aus Eschenholz auf den Tischen zu stapeln. Wenn nun noch ein Barista hinter der Theke am Südende des einladenden Raums stünde, würde das auf den ersten Eindruck kaum wundern. Nur wäre Christoph Kürzeder diese Zustandsbeschreibung sicherlich viel zu oberflächlich.

Die Theke mit dem in "Beuerberger Grün" gekachelten Sockel wirkt wie betriebsbereit. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Direktor des Freisinger Diözesanmuseums spricht von einer Baustelle, als er Ende Oktober den Raum betritt. Mit seinem Team organisiert er den Umbau in der früheren Klosteranlage. Er entwickelte dort jahrelang Ausstellungen, ehe das wegen der angelaufen Sanierung nicht mehr möglich war. Entsprechend detailvertraut ist Kürzeder. Die von oben herunterhängenden Klappen der Deckenheizung beispielsweise stören ihn sichtlich.

"Deshalb mag ich keine Baustellenführungen", sagt er. Er wolle vermeiden, dass sich ein unfertiger Eindruck in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit einpräge. Bis der Betrieb beginne, werde es noch dauern. "Wir werden nächstes Jahr öffnen. Aber sicher nicht im ersten Halbjahr." Dann werden die Gäste einkehren, in der südlich angrenzenden Bäckerei und dem Klosterladen einkaufen oder in einem der 23 Zimmer der oberen zwei Stockwerke übernachten können.

Charakteristische Farb- und Formensprache in den Übernachtungszimmern... (Foto: Hartmut Pöstges)
...sowie den Bädern mit hellen Naturtönen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Anspruch, aus der jahrhundertelangen Historie und der architektonischen Formensprache für die moderne Umgestaltung zu schöpfen, wird trotzdem überall spürbar. Beispielhaft dafür stehen die an den tragenden Säulen im Gastraum angebrachten dunklen Eisengitter. Die wie Raumteiler wirkenden Elemente greifen die Strukturen der Klausurgitter auf, die den öffentlichen Raum von dem nur den Salesianerinnen vorbehaltenen Bereich der Klosteranlage abgrenzten. Genauso haben die Gestalter im Josefstrakt aus der angrenzenden Klosteranlage bekannte Elemente wie Deckenbögen oder die geschwungenen Wandvertiefungen an Eingangstüren der Übernachtungszimmer integriert. Die Holzläden an den dortigen Fenstern sind denen aus den früheren Nonnenzellen nachempfunden.

Die Treppengeländer im Übernachtungsbetrieb greifen die Form der früheren Klausurgitter im Kloster auf - genauso wie die Raumteiler im Gastraum. (Foto: Hartmut Pöstges)

"Wir haben die Materialien und Formen aus der Klostertradition entwickelt", sagt Kürzeder. Es gelte ein hoher Anspruch an gestalterische Qualitäten. Die Ausstattung sei aber bewusst einfach gehalten. Originalgetreuem Vorbild folgt auch die Farbgebung. Kürzeder spricht vom "Beuerberger Grün" - in heller Tonausführung -, wie es sich an den Kacheln der Gastraumtheke oder an den Türen wiederfindet. Im Kloster seien viele Möbel so ausgestaltet gewesen. Die rötlichen Fenster-Umrahmungen an der Fassade folgen der barocken Anlagengestaltung.

Eine einheitlich klare, reduzierte Farb- und Formensprache prägt die gesamte Innenausstattung über alle Nutzungsfunktionen vom Erdgeschoss bis zu den Übernachtungszimmern in den beiden Obergeschossen - von hellen Dielenböden und den Holzmöbeln in jedem Raum bis zu den blassgrünen Kacheln in den Bädern. Für die Ausstattung arbeitet die Erzdiözese München und Freising, die das Kloster samt Josefstrakt gekauft hat und umbauen lässt, mit dem Grünwalder Innenarchitekturbüro Formstelle und dem Wolfratshauser Möbeldesignbetrieb Zeitraum zusammen. Mit der Sanierungsplanung der Anlage sind die Büros AHG Architekten Haushofer &Gnadke und DAI Dorn Architekten beauftragt.

Die Winde (Bildmitte mit Seil) im freigelegten Gebälk des Dachstuhls über der Gemeinschaftsküche stammt noch aus der Zeit der Augustiner-Chorherren. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Josefstrakt ist das einst im Westen an das Stift angrenzende klösterliche Ökonomiegebäude. Auf eines der bedeutsamen Relikte aus dessen Nutzungsgeschichte werden die Gäste in der im zweiten Obergeschoss eingerichteten Gemeinschaftsküche stoßen. Zwischen den freigelegten Balken des Dachstuhls ist noch die einstige Winde aus der Zeit der Augustiner-Chorherren erhalten. Damit hievten die Mönche einst Versorgungsprodukte wie etwa Getreide zum Einlagern in den Speicher.

"Der Substanzerhalt war uns ganz wichtig", sagt Kürzeder. Das zeigt sich ebenso an den äußeren, noch historisch erhaltenen und wieder eingebauten Fenstern im Josefstrakt. Gleiches gilt für die alte Gewölbedecke im Verkaufsraum der künftigen Bäckerei, der südlich an den Gastbetrieb im Erdgeschoss angrenzt. Wer genauer hinschaut, kann dort moderne und zugleich an historische Vorbilder anknüpfende Details entdecken. So ist in den Bodenfliesen das für Kloster Beuerberg typische Logo eines von Pfeilen durchbohrten Herzes integriert.

Bodenfliesen mit dem Beuerberger Herz-Logo im künftigen Verkaufsraum der Bäckerei. (Foto: Hartmut Pöstges)

Mit dem jetzigen Gast-, Verkaufs- und Übernachtungsbetrieb beginnt die Erzdiözese das neueste Nutzungskapitel im Josefstrakt. Die Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts markierte wohl einen der gravierendsten historischen Einschnitte der Entwicklungsgeschichte. Als der Staat die Klöster auflöste, mussten die Augustiner-Chorherren ihr Stift verlassen. Fast 700 Jahre nach Gründung kam es zum Traditionsabbruch. Daran knüpften die Salesianerinnen an, als der Orden die Anlage Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm. Die Nonnen nutzen das einstige Wirtschaftsgebäude vielfältig - vom Internat für Schülerinnen bis zum Müttergenesungsheim. Später waren im Josefstrakt Aussiedler untergebracht. Aus dem angrenzenden Kloster zogen die Salesianerinnen im Jahr 2014 aus. Schließlich kaufte die Erzdiözese München und Freising die gesamte Anlage.

Gemeinschaftsküche und Kaminzimmer

Das den Klosteralltag bestimmende Gemeinschaftsgefühl soll auch für die künftigen Gäste im Josefstrakt erlebbar werden. Wer übernachtet, soll in der Gemeinschaftsküche zusammen Essen zubereiten und so in Kontakt kommen können. Sich zu treffen wird genauso im kleinen Kaminzimmer am gegenüberliegenden Nordende des Josefstrakt möglich sein.

Weiter gedacht soll dieser inklusive Leitgedanke laut Kürzeder solchen Übernachtungsgästen im Josefstrakt Urlaub ermöglichen, die nur über begrenzte finanzielle Mittel verfügen. So gibt es Familienzimmer für vier Personen, in denen die Gäste kochen und sich selbst versorgen können. Vier der 23 Zimmer sind barrierefrei gestaltet. Dort sind die Duschen in den Bädern ebenerdig und schwellenlos eingerichtet sowie die Türöffnungen so breit, dass auch ein Rollstuhl problemlos durchpasst.

Im ursprünglichen Barockstil restaurierte Fassade des Josefstrakts vom Maierhof aus gesehen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Später sollen den Übernachtungszimmern Namen und Tugenden aus dem religiösen Hintergrund des Klosters zugeordnet werden. Zufrieden dürfte Kürzeder erst sein, wenn gleichzeitig auch noch der Maierhof wieder hergerichtet ist. Wenn die Bauarbeiten dort abgeschlossen sind wieder ein stimmiger Hofeindruck entstehen - mit dem nach der Form des 19. Jahrhunderts neogotisch gestalteten Brunnen, dem geschnittene Stichkieselbruchpflaster, das den Teeruntergrund ersetzt, und Obstspalieren.

Zum jetzigen Zustand am Josefstrakt sagt Kürzeder: "Die typischen Einzelheiten fehlen noch." Und nur damit würde der leidenschaftlich-perfektionistische Direktor des Freisinger Diözesanmuseums die Anlage wohl für vorzeigbar halten.

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