Bundestagswahl:Nominierung ohne Begeisterung

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Die Rochade der CSU ist in Gang: Alexander Radwan ist, wie von der Parteispitze gewünscht, Kandidat für den Bundestag. Ilse Aigner kann sich nun um sein Landtagsmandat bewerben - und um ein hohes Amt in Bayern.

Matthias Köpf

Alexander Radwan wurde als Bundestagskandidat nominiert, Ilse Aigner gratuliert herzlich. (Foto: Hartmut Pöstges)

Die CSU hat den Rottacher Landtagsabgeordneten Alexander Radwan zu ihrem Direktkandidaten für das Bundestagsmandat der Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Starnberg und Miesbach nominiert. Nach dem Willen Parteidelegierten soll der 48-jährige Radwan damit den Wahlkreis von Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner übernehmen, die sich ihrerseits um Radwans Landtagsmandat im Kreis Miesbach bewerben wird. Damit vollzogen die Delegierten am Freitag in Aufhofen eine Rochade, die CSU-Chef Horst Seehofer im September verkündet hatte. Die Bundestags- und Landtagswahlen finden im Herbst 2013 statt.

Bei der Landtagswahl soll die 48-jährige Aigner, inzwischen auch Vorsitzende des einflussreichen CSU-Bezirks Oberbayern, die herben Verluste der Christsozialen aus dem Jahr 2008 wettmachen. Dafür wolle sie ihr politisches Gewicht in die Waagschale werfen. "Das entscheidende Wort heißt Verantwortung", sagte Aigner am Freitag, der für sie nach eigenen Worten "ein nicht ganz einfacher Tag" war. Denn 14 Jahre zuvor war sie im selben Saal erstmals als Bundestagskandidatin nominiert worden - nach vier Jahren im Landtag und ohne lange Vorbereitung, weil der eigentlich vorgesehene Kandidat Marinus Dießl wegen Ungereimtheiten bei Grundstücksgeschäften zurücktreten musste.

Aigner hat das Direktmandat im Wahlkreis, das seit Gründung der Bundesrepublik stets an die CSU ging, seither behauptet. Sie blickte vor den Delegierten auf ihre Berliner Karriere zurück - auch auf die Niederlage von Edmund Stoiber, dem 2002 nur 6000 Stimmen zum Bundeskanzler gefehlt hatten und den am Freitag noch ein Delegierter auf seinen Stimmzettel schrieb. Zwei Parteifreunde votierten ungültig, zwei stimmten mit Nein, doch die große Mehrheit von 126 Delegierten wählte so routiniert wie wunschgemäß Radwan als einzigen Vorgeschlagenen zum CSU-Direktkandidaten.

Der kennt das Wort vom politischen Gewicht schon wegen seiner äußeren Erscheinung nur zu gut, doch der Miesbacher Landrat Jakob Kreidl als Versammlungsleiter wollte seinem langjährigen Vertrauten den Satz auch dieses Mal nicht ersparen. In die Waagschale wirft Radwan neben den vergangenen vier Jahren im Landtag ein technisches und ein juristisches Studium, einige Jahre in der Industrie und vor allem zehn Jahre als Europaparlamentarier. In Brüssel widmete sich Radwan der Währungspolitik und dem Wettbewerbsrecht und war wirtschaftspolitischer Sprecher der konservativen EVP-Fraktion.

Diese politischen Erfahrungen wolle er neben denen aus dem Haushaltsausschuss es Landtags und denen als Lokalpolitiker im Miesbacher Kreistag in Zukunft auch im Bundestag einbringen, sagte Radwan in seiner Bewerbungsrede, die die Delegierten ebenso wie Aigners Auftritt mit freundlichem Applaus, aber keineswegs mit Begeisterung aufnahmen. Als politische Ziele nannte Radwan unter anderem, Bayern mit einer Reform des Länderfinanzausgleichs mehr eigenen finanziellen Spielraum zu verschaffen.

Der Freistaat sei Vorbild beim Schuldenabbau und investiere trotzdem in die Zukunft. Deutschland muss aus seiner Sicht weiterhin auf Sparsamkeit und Haushaltsdisziplin in den europäischen Krisenländern dringen, sagte Radwan. Ferner forderte er europaweit strengere Auflagen für den Kapitalmarkt und die Banken, wobei er die lokalen Sparkassen und kleinen Genossenschaftsbanken von einer europäischen Regulierung ausdrücklich ausnehmen will. Die seiner Ansicht nach von einigen EU-Beamten betriebene Liberalisierung des Wassermarkts habe in Brüssel nichts zu suchen.

© SZ vom 03.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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