Berge in Bayern:Ein Kreuz-Weg in drei Etappen

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Laut den Organisatoren beteiligten sich Mitglieder von sieben Vereinen aus dem Dorf bei der Aktion zum Aufstellen des neuen Gipfelkreuzes. (Foto: Bernd Ritschel/oh)

Ein Kruzifix auf den Berg zu bekommen, ist ein mühsames Unterfangen. Mehr als 200 Menschen braucht es, um das neue Gipfelkreuz für die Benediktenwand aufzustellen. Von der Brotzeit bis zum Blitzableiter muss alles ins Detail geplant sein.

Von Benjamin Engel, Benediktbeuern

Das neue Gipfelkreuz auf der Benediktenwand ist einen Tag später durch den Dunst aus dem Tal meist nur schemenhaft zu erkennen. Miniaturhaft klein erscheint der 9,60 Meter hohe Längsbalken, der 4,80 Meter lange Querbalken. Und doch machen diese Dimensionen deutlich, wie mühevoll es gewesen sein muss, das große Kruzifix auf den Berg zu bekommen.

Erleichtert und stolz sind die Mitglieder der Bergwacht und der Feuerwehr aus Benediktbeuern am Montagabend, dass die dreitägige Aktion unter ihrer Federführung gemeistert wurde - und zwar ohne dass sich irgendjemand verletzt hat. "Da fällt dir viel Last ab", sagt Sebastian Rieger junior, Vorsitzender der Feuerwehr. Von einem ergreifenden Moment, als das Kreuz endlich auf dem 1801 Meter hohen Gipfel gestanden habe, spricht der Bereitschaftsleiter der Bergwacht, Manuel Guglhör.

"Darauf können wir stolz sein", so der Zweite Bürgermeister

"Letztendlich war es eine Leistung des gesamten Dorfes, dass das so wunderbar funktioniert hat", sagt Zweiter Bürgermeister Frank Seller (CSU) beim Pressetermin im Benediktbeurer Rathaus. "Darauf können wir stolz sein." Das verdeutlichen auch die Eckdaten.

An den steilsten Stellen ging es nur mithilfe von Flaschenzügen weiter. Die Kreuzbalken waren mit Holzbrettern für den Transport eingehaust, um Beschädigungen zu vermeiden. (Foto: Bernd Ritschel/oh)

Mehr als 200 Einwohner aus sieben Vereinen - von der Bergwacht und der Feuerwehr über den TSV Benediktbeuern bis zu den Gebirgsschützen und Trachtlern - haben laut den Organisatoren mitgeholfen, die einzelnen Bestandteile des Kreuzes auf den Berg zu wuchten. Rund 1200 Höhenmeter mussten alle Beteiligten überwinden, in Talnähe noch mit Traktoren, die letzten 700 Höhenmeter auf teils bis zu 40 Grad steilen Bergwegen. An den steilsten Stellen mussten die Helfer zusätzlich einen Flaschenzug mit einem über Rollen gespannten Seil einsetzen, um die 600, respektive 300 Kilogramm schweren Balken aus weitgehend unbehandeltem, nur gebürstetem Lärchenholz nach oben zu bewegen. Etwa 500 Liter Wasser hätten die Teilnehmer getrunken, sagt Gesamtprojektleiter Lorenz Kellner von der Feuerwehr. 30 Leute hätten sich allein darum gekümmert, alle anderen mit Brotzeit und Getränken zu versorgen.

Das Vorgängerkreuz stand seit 1958 am Berg

Mithilfe von Stangen haben die Helfer das Kreuz am Gipfel aufgestellt. (Foto: Bernd Ritschel/oh)

Um alle Handgriffe aufeinander abzustimmen, hat das Organisationsteam mehr als 2000 Stunden für die Planungen aufgewendet. Dies lag laut Kellner auch daran, dass die Benediktbeurer das Vorgängerkreuz bereits 1958 aufgestellt hatten - nach so vielen Jahrzehnten fehlte Detailwissen zur Vorgehensweise. Allein das Kreuz auf unebenem Untergrund und engem Raum mit langen Holzstangen - wie beim Maibaumaufstellen - in die Endposition zu bugsieren, sei herausfordernd gewesen.

Mehrere Arbeitsgruppen seien damit beschäftigt gewesen, alle einzelnen Arbeitsschritte zu durchdenken, so Kellner. Eine befasste sich zum Beispiel nur mit den Beschlägen. So sei es gelungen, die früheren Beschläge des Vorgängerkreuzes aufzuarbeiten, um sie wieder zu verwenden. Einer weiteren Gruppe oblag es, das Holz für Quer- und Längsbalken auszusuchen und bearbeiten zu lassen. Wieder eine andere Runde klärte alle Transportfragen, noch eine alle Aspekte der Statik. Eine wichtige Thematik, wie Kellner erläutert. Die Benediktenwand habe eine exponierte Lage, "so kann auf dem Gipfelkreuz schnell einmal mehr als eine Tonne Winddruck lasten". Deswegen sichern zusätzliche, massiv im Boden verankerte Stahlseile das Kreuz. Zudem hätten die Helfer einen Blitzableiter installiert, um Schäden zu minimieren, die möglicherweise durch Unwetter verursacht werden.

Um das Risiko für die Teilnehmer möglichst gering zu halten, hatten die Feuerwehr und die Bergwacht drei Tage für die gesamte Aufstellaktion veranschlagt. Die Organisatoren hatten alle Vereine im Dorf aufgerufen, sich freiwillig zur Unterstützung zu melden. So kamen die mehr als 200 Helfende zusammen. "Wir hätten gar nicht so viele gebraucht. Aber der Gemeinschaftsgedanke war entscheidend", sagt Kellner.

Die erste Wegstrecke wurde am Freitag über Forstwege, die noch mit Traktoren befahrbar sind, und über die steilsten Abschnitte des weiter zum Gipfel führenden Fußsteigs zurückgelegt. Dies dauerte Kellner zufolge von 8.30 bis etwa 15 Uhr. Am Samstag gingen die Helfer dann schon um 6.30 Uhr in Benediktbeuern los. Sie transportierten den Längs- und den Querbalken sowie das übrige Material bis ganz nach oben. Schließlich brauchte man am Sonntag bis etwa 15 Uhr, um das Kreuz endgültig aufzustellen. "Anschließend hat uns die Benediktbeurer Blasmusik bei einer kleinen Andacht begleitet", sagt Kellner.

Warum Bergwacht und Feuerwehr das Datum für die Aufstellaktion vorher nicht publik machen wollten? Kellner begründet dies mit dem steilen Gelände auf Bergpfaden, die teils mit Latschen eingewachsen sind. Je mehr Leute sich dort bewegten, desto gefährlicher werde es, erklärt er. Zwar gleiche der Gipfelaufbau der Benediktenwand nach Süden hin einem gemütlichen Hang. Doch verlaufe der Weg direkt an der 400 Meter tiefen Abbruchkante nach Norden. Daher müssten alle dort vorsichtig sein.

Im Dezember soll ein Bildband zur Aktion erscheinen

Mehr Besucher erwarten sich Bergwacht und Feuerwehr, wenn das Kreuz am Sonntag, 20. August, bei einer Bergmesse offiziell eingeweiht werden soll. Ein Ersatztermin ist eine Woche später eingeplant. Eine Messe ist oben am Gipfelkreuz vorgesehen, ein weiterer Gottesdienst für alle, die schlechter zu Fuß sind, an der Tutzinger Hütte am Fuß des Nordabsturzes der Benediktenwand. Zudem sollen laut Bergwacht-Sprecher Tobias Döring im Dezember 2023 ein Bildband und ein Film zur Aufstellaktion des Kreuzes erscheinen. Bis dahin ist es den Organisatoren wichtig, sich bei allen Helfenden und Spendern zu bedanken.

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Von Benjamin Engel

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