Bayerische Voralpen:Ein schwerer Kreuz-Gang auf den Berg

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Die Benediktenwand von Nantesbuch aus gesehen. (Foto: Manfred Neubauer)

Die Benediktbeurer bringen ein neues Gipfelkreuz auf die Benediktenwand: 1,4 Tonnen auf 1200 Höhenmeter. Holzarbeiter sollen im Juli 1877 das erste Exemplar nach einem Gelöbnis aufgestellt haben.

Von Benjamin Engel, Benediktbeuern

Der langgezogene Felsriegel der 1801 Meter hohen Benediktenwand dominiert den südlichen Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen - und ist bis weit in dessen Norden markant sichtbar. "Eigentlich ist das der Berg des Landkreises", sagt Benediktbeuerns Bürgermeister Anton Ortlieb (Bürgervereinigung Benediktbeuern) daher ziemlich zutreffend. Umso mehr musste sich der Rathaus-Chef des Dorfes am östlichen Bergfuß beim Blick ganz nach oben umgewöhnen, weil das Gipfelkreuz fehlt. Die Benediktbeurer Bergwacht und Feuerwehr haben das alte, 1958 aufgestellte im Herbst 2022 entfernen müssen, weil es marode war. Im Juli soll das neue auf den Gipfel transportiert und aufgestellt werden.

Ohne Gipfelkreuz fehlt im Dorf etwas, findet Bürgermeister Anton Ortlieb. (Foto: Ralf Gerard/oh)

Eine aufwendige bis anstrengende Aktion: Einerseits deshalb, weil viele Dorfbewohner am monatelangen Auswahl- und Fertigungsprozess für das neue Gipfelkreuz beteiligt waren - vom Aussuchen des dafür benötigten Baumes über das Verarbeiten und Zuschneiden der Balken, der Frage nach den Verankerungen am Aufstellungsplatz bis zu den Planungen des Transports. Der wird kräftezehrend sein. Denn der knapp zehn Meter lange Längs- und der fünf Meter lange Querbalken des Gipfelkreuzes aus Lärchenholz wiegen laut Bergwacht-Sprecher Tobias Döring zusammen 1,4 Tonnen. Etwas mehr als die Hälfte der über 1200 Höhenmeter vom Tal hinaufführenden Wegstrecke ist zwar für Traktoren befahrbar. Um die 500 Höhenmeter geht es dann aber auf schmalen Steigen nur noch zu Fuß weiter. Darum müssen die Helfer die schweren Kreuzbalken hauptsächlich von Hand aufwärts hieven, mit Seilen und Sicherungen arbeiten. "Insgesamt werden um die 140 Leute involviert sein", so Döring.

Das letzte Kreuz hielt 65 Jahre

Ein für das Dorf Benediktbeuern wichtiges gemeinschaftsstiftendes Zusammenarbeiten, wie Döring und Bürgermeister Ortlieb betonen. Und etwas Besonderes. Schließlich kann es einige Generationen lang dauern, bis ein Kreuz ausgetauscht werden muss. Das bisherige stand sechseinhalb Jahrzehnte am Berg. Die Benediktbeurer Feuerwehr und die Bergwacht hatten es 1958 aufgestellt. Schon damals lockte das wohl viele Zuschauer an, wie Bürgermeister Ortlieb berichtet.

Seitdem hat sich das Gipfelkreuz gut gehalten. Der Rathaus-Chef spricht davon, dass allein unter den Beschlägen am Kreuzungspunkt zwischen Längs- und Querbalken Fäulnis aufgetreten sei. Unter den Eisen habe sich Feuchtigkeit gesammelt, welche sonst durch die an der Benediktenwand vorherrschenden starken Westwinde schnell abtrockne, so Ortlieb.

Damit es möglichst lange hält, haben die Bergwacht und die Feuerwehr den Baum für das Holz des neuen Kreuzes besonders sorgfältig ausgesucht. Dieser sollte laut Ortlieb möglichst gerade und astfrei sein. Bei Bad Heilbrunn seien die Organisatoren fündig geworden - eine Lärche und damit dieselbe Baumart, die bereits für das Vorgänger-Kreuz verwendet worden war. Im Sägewerk Hundegger bei Bad Heilbrunn habe der Bearbeitungsprozess begonnen. Ein Schreiner aus Benediktbeuern habe die Feinarbeiten übernommen, seine Expertise eingebracht, so Döring. Ein Schmied habe die alten Beschläge aufgearbeitet und wiederverwendet.

Das erste Kreuz bekam die Benediktenwand 1877

Es wird das sechste Kreuz in mehr als eineinhalb Jahrhunderten auf der Benediktenwand sein. 1877 hatten vier Holzarbeiter das erste aufgestellt. Im vorangegangenen Oktober hatte es früh geschneit, und das auch noch ungewöhnlich kräftig. Zwei Meter hoch soll der Schnee damals am Eibeskopf gelegen haben, welcher der Benediktenwand vorgelagert ist. Daher schien es unmöglich, das wären damit verloren gewesen. Daher sollen die vier Holzarbeiter gelobt haben, am Jakobitag (25. Juli) des Folgejahres ein weithin sichtbares Kreuz auf der Benediktenwand aufzustellen, wenn sich das Wetter bessere. Das trat tatsächlich ein und ermöglichte den Holztransport ins Tal.

Wer abergläubisch ist, könnte womöglich denken, dass es ohne Kreuz wieder mehr schneien könnte. Doch das wünscht wohl kein Benediktbeurer. Bürgermeister Ortlieb jedenfalls hofft, dass das neue Kreuz noch vor dem nächsten Jakobitag unfallfrei am Berg steht. Damit man es bis nach Österreich sehen kann.

Spendenaktion der Gemeindestiftung Benediktbeuern für die Verpflegung der Helfer und Materialkosten für den Transport des Kreuzes: Sparkasse Tölzer Land, IBAN DE69 7005 4306 0011 1111 76, Verwendungszweck: Benediktenwandkreuz.

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