Wiederaufbau in Benediktbeuern:"Man darf nicht ungeduldig sein"

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Auf dem Dach der ehemaligen Post in Benediktbeuern liegen ein halbes Jahr nach dem Unwetter noch immer Notplanen. (Foto: Manfred Neubauer)

Ein halbes Jahr nach der Hagelkatastrophe sind in Benediktbeuern noch immer nicht alle Gebäude wieder instand gesetzt.

Von Philipp Rahn, Benediktbeuern

Wenn man im Büro von Toni Ortlieb aus dem Fenster blickt, sieht man noch immer zahlreiche Kräne. Auch etwas mehr als ein halbes Jahr nach der verheerenden Hagelkatastrophe sind noch längst nicht alle Baustellen in Benediktbeuern abgeschlossen. Nach wie vor liegen Planen auf Dächern, stehen Paletten voller Ziegel reihenweise in den Straßen und bewegen sich Kräne lautlos hin und her. "Es waren ja nicht 80 Prozent der Gebäude beschädigt, wie ursprünglich angenommen. Es war jedes Gebäude", sagt Bürgermeister Ortlieb (Bürgervereinigung Benediktbeuern) im Gespräch.

Der Kran vor dem Benediktbeurer Rathaus steht zwar noch, die Sanierung des Gebäudes ist laut Bürgermeister Toni Ortlieb aber abgeschlossen. (Foto: Manfred Neubauer)

Vor etwas mehr als sechs Monaten, genauer am 26. August vergangenen Jahres, ging ein Unwetter über den südlichen Teil des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen nieder, das es in dieser Intensität vorher kaum gegeben haben dürfte. "Es ist der Wahnsinn. Als sei der Krieg ausgebrochen", sagte Ortlieb seinerzeit der SZ. Auch weitere Orte in Oberbayern wurden vom Hagelsturm heimgesucht. Benediktbeuern hatte es mit am härtesten getroffen.

In Benediktbeuern blieb fast kein Dach unbeschädigt. (Foto: Manfred Neubauer)

"Ich denke schon, dass man mehr aufeinander schaut. Dass das die Dorfgemeinschaft zusammengeführt hat", sagt Ortlieb heute. Insbesondere in den ersten Tagen nach dem Unwetter habe jeder überall mitangepackt, wo es eben gerade am nötigsten gewesen sei. Das kann auch Silvia Rundbuchner bestätigen. Rundbuchner führt eine Hundeschule in Benediktbeuern. Während des Unwetters sei sie im Urlaub am Gardasee gewesen. Als sie nach sieben Stunden Fahrt in Benediktbeuern ankam, seien die ersten notdürftigen Abdeckungsarbeiten bereits von Freunden und Nachbarn erledigt worden. "Die ersten zwei Wochen waren ganz, ganz viele Helfer da." In dieser Zeit seien sie vor allem mit Aufräumarbeiten beschäftigt gewesen.

"Man darf nicht ungeduldig sein"

Neun Wochen habe sie im Wohnwagen gelebt, der nur unbeschädigt geblieben sei, weil sie damit im Urlaub war. Nachdem das Dach neu gedeckt war, in Eigenarbeit wohlgemerkt, habe sie das Wohnhaus von einer Fachfirma sanieren und trocknen lassen. Beim Wohnhaus sei alles relativ glücklich und schnell verlaufen, sagt sie. Bei der Halle, in der der familieneigene Elektrobetrieb angesiedelt ist, steht die Reparatur noch aus. Die Sanierung bis "Ende des Jahres wäre schön. Aber ob das klappt? Mei". Rundbuchner blickt entspannt auf die Situation, sie hat sich einen gewissen Pragmatismus angeeignet. "Man muss halt warten. Man darf nicht ungeduldig sein."

"Aber ob das klappt? Mei." Die Sanierung der Rundbuchnerschen Halle könnte noch auf sich warten lassen. (Foto: Manfred Neubauer)

Ungeduldig ist auch Toni Ortlieb nicht. Er weiß, dass man nicht alles gleichzeitig instand setzen kann. Dennoch seien mittlerweile fast alle gemeindeeigenen Gebäude repariert, so etwa das Rathaus, die kommunale Kindertagesstätte und die Tourist-Info. In der Umsetzung sei derzeit noch der Teilrückbau und die Sanierung der Don-Bosco-Kindertagesstätte. Noch ausstehend sind die Dachsanierungen des Alpenwarmbads und der Schule. Auch das Dach der alten Apotheke in der Ortsmitte muss noch neu gedeckt werden. Da es sich bei der Apotheke um ein denkmalgeschütztes Gebäude handle, befinde sich die Gemeinde derzeit in der Abstimmung mit der Denkmalschutzbehörde.

Für die Sanierung der Basilika könnte eine dreiviertel Million auf die Pfarrei zukommen

Da die Aussegnungshalle der Gemeinde gesperrt ist, sei auch das gemeindliche Leben eingeschränkt, sagt Ortlieb. Die Sperrung der Basilika treffe die Gemeinde sehr. Die Basilika ist, anders als oft angenommen, kein Teil des Klosters, sondern befindet sich im Besitz (und damit auch in der Unterhaltungspflicht) der Pfarrei Benediktbeuern-Bichl. Aufgrund statischer Probleme der Kirche wird sich die Sanierung schwieriger gestalten. "Man kann von Glück sprechen, den Anlass genutzt zu haben, um die Statik zu prüfen", sagt Pfarrer Bernhard Stiegel. Da das Gebäude derart gefährdet ist, kann das Dach nicht auf einmal erneuert werden. Die Verschiebung durch den Gewichtsverlust der Schindeln wäre schlicht zu groß.

Die Sanierung der Basilika könnte kosten- und zeitintensiv werden. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Um die Basilika schnellstmöglich wieder benutzbar zu machen, soll ein Unterdach eingezogen werden. So könnten trotz der Bauarbeiten wieder Gottesdienste stattfinden. Stiegler hatte ursprünglich gehofft, bereits den Pfingstgottesdienst wieder in der Basilika stattfinden zu lassen. Diese Hoffnung hat sich mittlerweile zerschlagen. "Noch schlimmer: Auch das Fronleichnamsfest und das Patrozinium im Juli" könnten nicht dort gefeiert werden. Frühestens Maria-Himmelfahrt könnte dort wieder ein Gottesdienst stattfinden. Also am 15. August. Für die Sanierung fallen hohe Kosten an. Einen guten Teil der Summe müsse die Pfarrei selbst tragen. Stiegler schätzt, dass etwa eine dreiviertel Million auf die Pfarrei zukommen könnte. Eine staatliche Unterstützung, wie sie gerade etwa dem Zentrum für Umwelt und Kultur im Kloster Benediktbeuern zugesagt wurde, wäre daher auch für ihn "sehr wünschenswert".

"Die Erfahrung wünsche ich keinem"

Die Staatsregierung hatte kurz nach dem Unwetter für Privatpersonen Hilfen angekündigt. Ortlieb hat jedoch von niemandem gehört, der diese in Anspruch genommen habe, auch weil die Hürden hoch waren. Die Kommune habe ebenfalls keine Unterstützung in Anspruch genommen. Dafür hat sie ihrerseits ein Hilfsprogramm aufgelegt, wenn auch in kleinerem Ausmaß. 87 000 Euro seien an Spenden nach dem Unwetter bei der Stiftung der Gemeinde Benediktbeuern eingegangen. Viele kamen von außerhalb der Kommune, auch von außerhalb Oberbayerns. Bis zu 3000 Euro können Betroffene beantragen, wenn sie vom Unwetter geschädigt wurden. Die Antragsstellung sei unbürokratisch. "Keiner soll die Scheu davor haben", betont Ortlieb. Antragsunterlagen gebe es im Einwohnermeldeamt oder auf der Homepage der Gemeinde.

Persönlich wird das Unwetter Ortlieb noch weiter begleiten, denkt er: "Jede Plane, die im Wind schlackert, lässt dich aufschrecken." Auch Gewitterwolken ließen ihn nach wie vor schaudern. Bei den Bürgern sei dies nicht anders, sagt er. Der Wiederaufbau zehre zwar an den Kapazitäten. "Andererseits wird man vielleicht in zehn bis 15 Jahren sagen, die Gebäude sind in einem guten Zustand und man hat Zeit für andere Dinge. Aber die Erfahrung wünsche ich keinem."

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