"Stunde der Wintervögel":Kanadagans vor Meise und Spatz

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Die Kandagans wurde bei der "Stunde der Wintervögel" im Landkreis besonders häufig gezählt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bei der winterlichen Vogelzählung im Landkreis gibt es einen überraschenden Spitzenreiter - was allerdings auch an den Beobachtungsorten liegen kann.

Von Yannik Achternbosch, Bad Tölz-Wolfratshausen

Durchschnittlich 36,29 Vögel haben die Teilnehmenden der "Stunde der Wintervögel" 2023 im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gezählt, das sind sechs Vögel mehr als im landesweiten Durchschnitt. Im Landkreis haben sich 356 Menschen an der Zählung beteiligt, gezählt wurde in 207 Gärten. Einsamer Spitzenreiter der lokalen Erfassung ist dabei die Kanadagans, die 1804 mal gezählt wurde. Sie ist allerdings nur auf einem Prozent der ausgezählten Flächen aufgetaucht, vermutlich haben sich also an einigen Zählstellen besonders viele Gänse aufgehalten. Aufgerufen zum Vogelzählen hatten der bayerische Landesbund für Vogelschutz (LBV).

Auf die Besonderheit der Kanadagänse angesprochen, muss Sabine Tappertzhofen, Leiterin der LBV-Kreisgruppe Bad Tölz-Wolfratshausen, lachen. "Da haben wohl einige Leute am Starnberger See gezählt und da einige Gänse gesehen." Denn auch wenn bei der Stunde der Wintervögel vor allem Gartenvögel gezählt werden, ist den Teilnehmern nicht vorgeschrieben, wo sie ihre Stunde des Vogelzählens verbringen. Die Kanadagans sei zwar kein gewöhnlicher Gartenvogel, dennoch korrigiert der LBV solche Meldungen nicht, da die Vögel tatsächlich in der Region auftreten. "Wenn allerdings jemand einen gelb-grünen Papageien meldet, dann nehmen wir das schon raus", erklärt Tappertzhofen.

Auf den weiteren Spitzenplätzen der Vogelsichtungen stehen im Landkreis mit der Kohlmeise (837 Sichtungen), dem Haussperling (817) und der Amsel (687) alte Bekannte. Kohlmeise und Amsel zeigen außerdem flächendeckend die größte Präsenz und wurden jeweils in etwa 90 Prozent der Gärten gesichtet. Die Zahl der gezählten Wasservögel ist ansonsten überschaubar: Gezählt wurden im Landkreis eine Stockente, ein Höckerschwan, zwei Graureiher sowie drei Blässhühner.

Bundesweit ist die Zahl der gesichteten Vögel allerdings hinter den Vorjahren zurückgeblieben. 21 000 Beobachter zählten mit rund 630 000 Exemplaren die niedrigste Menge gefiederter Besucher seit Beginn der jährlichen Zählungen. Auch in anderen europäischen Ländern wurden weniger Wintervögel als in den vergangenen Jahren gezählt. Einen Grund zur Sorge sieht der LBV in den niedrigen Zahlen allerdings nur bedingt. Die Anzahl der Vögel kann gerade in den Wintermonaten mit unterschiedlicher Witterung sehr stark variieren. Ein Grund für den leichten Rückgang der gezählten Vögel in den örtlichen Gärten ist der Klimawandel: Durch die warmen Temperaturen finden Vögel wie der Bergfink, der Erlenzeisig und die Wacholderdrossel auch in ihren Brutgebieten in Skandinavien genug Nahrung und kommen daher zum Teil gar nicht nach Mitteleuropa. Außerdem bieten Eiche, Buche und Fichte durch das wärmere Wetter auch im Winter genug Nahrung für die Vögel, sodass zumindest die klassischen Waldvögel wie Buchfinken und Eichelhäher im Wald bleiben und zur Nahrungssuche nicht in die heimischen Gärten kommen müssen.

"Insgesamt entspricht das Ergebnis unseren Erwartungen", sagt Tappertzhofen. Die Zahl der Vögel schwanke immer wieder, der diesjährige Ausreißer sei erst einmal kein Grund zur Beunruhigung. In der langjährigen Betrachtung ist die Zahl der Vögel bei der Winterzählung relativ stabil. "Wir verzeichnen da eine ganz leichte Abwärtstendenz", berichtet Tappertzhofen. Den Gartenvögeln, die bei der Zählung im Winter allerdings primär vorkommen, gehe es in Deutschland aber relativ gut. "Die Zahl der Wiesen- und Feldvögel geht dagegen dramatisch zurück", sagt Tappertzhofen. Diesen Rückgang könne man in den winterlichen Gärten zwar nicht erfassen, dennoch sind die Daten aus der "Stunde der Wintervögel" relevant. Die Aufzeichnung erfolgt seit vielen Jahren, so können auch schleichende Trends erkannt werden. "Die Masse der Daten ist da das Wichtigste", erklärt Tappertzhofen. Über die große Datenmenge, die über einen langen Zeitverlauf vorliegt, lassen sich auch minimale Veränderungen und kleine Trends gut erkennen.

Aus diesem Grund ist auch die Zahl der Teilnehmer besonders wichtig, damit möglichst viele Daten zusammenkommen. "Das sind vor allem vogelbegeisterte Menschen, die da zählen", sagt Tappertzhofen. "Die Menschen müssen bereit sein, sich mal eine Stunde hinzusetzen und genau hinzusehen." Das haben in diesem Jahr wieder viele Leute gemacht und so zur Datensammlung beigetragen, die irgendwann vielleicht nützliche Hinweise auf die Veränderung von Vogelpopulationen in der Region geben kann.

Zur nächsten Vogelzählungen ruft der LBV vom 12. bis 14. Mai 2023 auf. Unter dem Motto "Stunde der Gartenvögel" sollen dann Brutvögel in Gärten und Parks erfasst werden.

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