Arbeiten im Sommer:"Ich bin für jeden Regentropfen dankbar"

Lesezeit: 5 min

Ob Sonnenschein oder Regen, Bademeister Lorenz Demmel verbringt den Sommer im Naturfreibad Lenggries. (Foto: Manfred Neubauer)

Extreme Hitze und Trockenheit, Dauerregen, Sommergewitter: Wie Menschen, die draußen arbeiten, mit Wetterextremen umgehen. Fünf Beispiele aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.

Von Celine Chorus, Benjamin Engel, Konstantin Kaip und Stephanie Schwaderer, Bad Tölz-Wolfratshausen

Dieser Sommer ist sehr groß - was seine Palette an Wetterphänomenen betrifft: Trockene Affenhitze von Juni bis Mitte Juli, dann herbstlich nass-kalt und nun wieder sommerlich heiß, mit immer wieder heftigen Gewittern. Vom Schreibtisch aus lässt sich das fasziniert beobachten. Wie aber gehen Menschen, die draußen arbeiten, mit den Wetterextremen um? Fünf Beispiele.

Bademeister Lorenz Demmel vom Naturfreibad Lenggries

Wer drei Jahrzehnte lang als Bademeister im Freibad tätig ist, hat sicherlich alle Wetterextreme erlebt - von verregneten und kühlen bis zu heißen und trockenen Sommern, Hagel und Sturm. Wenn die Saison im Naturfreibad Lenggries im Mai beginnt, sind zwei Maßnahmen für Lorenz Demmel immer wichtig: Sich mit Sonnencreme einzuschmieren und einen großen Hut aufzusetzen. "Damit der Kopf im Schatten ist", wie er sagt. Die Sonnencreme werde vom Arbeitgeber gestellt, Lichtschutzfaktor 50. Damit creme er sich schon von Saisonbeginn an besonders sorgfältig ein, um einen Sonnenbrand zu vermeiden.

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Wenn es regnet, bleibt das Naturfreibad geschlossen. Das bedeutet aber nicht, dass Demmel an solchen Tagen arbeitslos ist. "Wir müssen schauen, dass das Gelände sauber ist, die Zäune in Ordnung sind", erklärt er. Mal müsse an den Holzstegen etwas gerichtet, mal der Rasen gemäht werden. Zudem fänden sich auch zahlreiche Arbeiten unter Dach, wenn es regne.

Ob und zu welcher Uhrzeit das Freibad aufsperrt, wird laut Demmel täglich gegen 9 Uhr entschieden. Als es am 8. August nur 18 Grad Luft- und 19 Grad Wassertemperatur hat, macht er trotzdem auf. Bei solch eher mauer Witterung sei die Entscheidung schwierig, so Demmel. "Aber wir probieren es." Glücklicherweise habe das Naturfreibad viele Einheimische als Stammgäste.

Dachdeckermeister Michael Schilcher aus Bad Heilbrunn

"Bei Regen geht auf dem Flachdach nichts", sagt Michael Schilcher. (Foto: Manfred Neubauer)

Die idealen Witterungsbedingungen, um im Freien arbeiten zu können, findet Zimmerer-, Dachdecker- und Spenglermeister Michael Schilcher eher im Frühjahr und im Herbst. Denn dann sind die Temperaturen nicht zu hoch und es gibt meist mehr Trockenperioden als im Sommer. So beschreibt es der Chef der Schilcher Dach GmbH aus Bad Heilbrunn. Jegliches Extremwetter behindert das Arbeiten auf dem Dach. "Bei Regen geht auf dem Flachdach nichts", sagt Schilcher. "Dafür muss es trocken sein." Um die Bitumen-Bahnen zu verschweißen, müsse das Team zum Gasbrenner mit offener Flamme greifen. Das sei zu gefährlich, wenn es regne. Außerdem dürfe kein Wasser zwischen die Bitumenbahnen eindringen, weil sich sonst bei wärmeren Temperaturen Blasen bildeten und das Dach dadurch undicht werde.

"Das gleiche Problem gibt es bei Hitze", sagt Schilcher. Es belaste den Kreislauf stark, bei Temperaturen von mehr als 30 Grad auf dem Dach zu arbeiten. "Auf der Dachpappe ist das wie ein Saunaaufguss." An solchen Tagen bemühten er und sein Team sich, die Arbeiten früher abzuschließen. Um seine Mitarbeiter vor der Sonneneinstrahlung zu schützen, stellt Schilcher Strohhüte, Sonnenbrillen und Sonnencreme bereit. Es gebe einen Spender für Handschutzcreme am Waschbecken im Betrieb. Wenn gar nicht im Freien gearbeitet werden könne, fänden sich meist genügend andere Aufgaben, etwa an der Außenschalung unterm Vordach oder im Innenausbau. "In unserem Betrieb arbeiten wir gewerkübergreifend", sagt Schilcher. Er habe aber auch schon gehört, dass allein auf das Dachdecken spezialisierte Betriebe ihre Mitarbeitenden bei schwieriger Witterung nach Hause schicken müssten.

Tara Tauscher, Meisterin für Garten- und Landschaftsbau, Königsdorf

Tara Tauscher sagt: "Ich mag es auch nicht besonders, wenn mir das Wasser in den Schuhen steht." (Foto: Stephanie Schwaderer/oh)

Am schlimmsten seien heuer die heißen und zugleich windigen Tage im Juni gewesen, sagt Tara Tauscher. "Das kannte ich so noch nicht." Die Böden seien innerhalb weniger Tage knochenhart geworden. "Da musste ich viele Überstunden machen und gießen, gießen gießen." Wie sie sich selbst dabei vor der Sonne geschützt habe? "Allmählich bin ich in einem Alter, in dem man sich irgendwann einen Sonnenhut aufsetzt", sagt sie. Ansonsten interessiere sie das Wetter vor allem im Hinblick darauf, was es mit den Pflanzen mache. "Wir hatten ja Glück", sagt sie. "Die ersten Gewitter kamen gerade noch rechtzeitig. Ich bin für jeden Regentropfen dankbar."

Als es dann richtig frisch und windig wurde, habe sie ihre Regenjacke ausgepackt und an Rhodos gedacht. Das half. "Wir leben hier in einem grünen Paradies und wollen dauernd Wohlfühlwetter", sagt sie. Das müsse man sich mal bewusst machen. Bei Regen könne man im Garten im Prinzip alles erledigen, wozu kein Strom nötig sei. "Man braucht halt mehr Zeit, sich selbst und alles andere wieder sauber zu machen." Wer sich auf diesen Beruf einlasse, lerne früh, dass es Tage gibt, "an denen einem das Wasser zum Kragen rein- und zu den Ärmeln wieder rausläuft". Manche kämen besser damit klar als andere. "Ich mag es auch nicht besonders, wenn mir das Wasser in den Schuhen steht."

Mit ihrem knallroten Pritschenwagen ist Tauscher bei jedem Wetter unterwegs. Nur hin und wieder, wenn es schüttet oder die Sonne besonders sticht, leiste sie sich "den Luxus der Selbständigkeit", sagt sie. "Dann bleibe ich einfach bei meinen Katzen und mache Büroarbeit."

Erzieherin Anette Hemme, Leiterin des Waldkindergartens Irschenhausen

Leiterin Anette Hemme (rechts, 2. v.o.) ist mit den Kindern im Waldkindergarten Irschenhausen bei jedem Wetter draußen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Ob bei Sonne, Regen oder Schnee, die Erzieherinnen des Waldkindergartens Irschenhausen sind fast immer im Freien. Die idealen Bedingungen findet Anette Hemme, wenn es warm ist, ein leichter Wind weht und der Boden trocken bleibt. "Im Wald ist es aber auch bei Hitze angenehm", sagt die Leiterin. Oft verhindere schon das Blätterdach zu hohe Temperaturen - und wenn es doch einmal zu warm werde, böten die Bäume genug Schutz vor der Sonne. An regnerischen Tagen gilt für Hemme: "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung." Dank Matschhosen und Regenjacken werden die Kinder beim Spielen nicht nass. Sonst steht aber immer auch ein Bauwagen als Unterschlupf bereit.

Starke Wetterwechsel sind für Hemme also kein Problem. Schwere Unwetter aber schon. Herabfallende Äste und umstürzende Bäume können die Sicherheit gefährden. Ab einer gewissen Windstärke muss der tägliche Ausflug in den Wald deshalb ausfallen. Wird eine Unwetterwarnung für die Region ausgesprochen, stehen dem Kindergarten Schutzräume außerhalb des Waldes zur Verfügung. Dann wird am Platz gemalt, gebastelt und gespielt - oder die Erzieherinnen nutzen die Gelegenheit, um den Kinder vorzulesen. So wird dann auch das Notfallprogramm zu einem Abenteuer.

Straßenwärter Andreas Hölzl von der Straßenmeisterei Bad Tölz

Andreas Hölzl von der Straßenmeisterei Bad Tölz räumt nach einem Unwetter mit Hagelschlag bei Dietramszell auf. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Die 25 Mitarbeiter der Straßenmeisterei Bad Tölz sind bei jedem Wetter draußen, auch wenn im Sommer die Sonne so richtig brennt. "Dann setzt man sich einen Hut auf und cremt sich ein", sagt Andreas Hölzl. "Und nimmt sich viel zu trinken mit." Das Wasser, still oder mit Sprudel, gebe es kostenlos. Das Staatliche Bauamt Weilheim, zu dem die Straßenmeistereien im Landkreis gehören, stelle auch Kappen, Strohhüte und reichlich Sonnencreme zur Verfügung. So sei auch an heißen Tagen die Arbeit auf der Straße möglich, sagt Hölzl. Man müsse eben öfter Trinkpausen im Schatten einlegen, bevor einem schwindlig werde.

Ebenso pragmatisch sieht der Straßenwärter, wie sein Beruf offiziell heißt, das andere Wetterextrem. Bei starkem Regen, sagt er, gebe es Regenjacken und -hosen. Sollte es zu nass werden, müssten Asphaltarbeiten aber unterbrochen werden, dann kümmere man sich so lange um die Entwässerung oder andere Dinge. Im Einzugsgebiet der Tölzer Straßenmeisterei, das vom Starnberger See bis Vorderriß und von Sachsenkam bis Benediktbeuern reiche und zu je etwa einem Drittel Bundes-, Staats- und Kreisstraßen umfasse, gebe es jedenfalls immer etwa zu tun, erklärt Hölzls Vorgesetzter und Dienststellenleiter Manfred Sitzberger.

An diesem Augusttag mitten in der Ferienzeit trifft man Hölzl auf der Staatsstraße 2368 in einem Wald bei Dietramszell. Er muss dort die Schäden eines Unwetters der vergangenen Nacht beheben und mit einem kleinen Bagger Äste und Laub von der Fahrbahn schaffen. Draußen brennt schon wieder die Sonne, auf dem schattigen Waldboden aber kann man noch die eisigen Reste des Hagels sehen. Die Frage, ob die Wetterextreme zugenommen hätten, möchte Andreas Hölzl nicht beantworten. "Ich bin erst seit vier Jahren bei der Straßenmeisterei dabei", sagt er. Sein Chef Sitzberger aber bejaht sie. "Die Unterschiede sind brutal geworden", stellt er fest. Erst sei es knallheiß, dann wieder richtig kalt. "Die Unwetter werden immer heftiger."

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