Bad Tölz-Wolfratshausen:Planungsstopp für Asyl-Unterkünfte

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Die Halle der Königsdorfer Stockschützen soll zwar bald geräumt werden, neue Unterkünfte dürfen aber nicht mehr dazu kommen. (Foto: Hartmut Pöstges)

Der Landkreis darf keine neuen Einrichtungen mieten, die Regierung will alle Adressen überprüfen. Der Landrat fürchtet einen baldigen Notstand.

Von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Freistaat setzt künftig verstärkt auf Gemeinschaftsunterkünfte statt auf eine dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen. Das hat das Kabinett vor Kurzem beschlossen. Das hat Auswirkungen auf die bisherige Unterbringungsstrategie des Landkreises: Alle Maßnahmen und Projekte werden von der Regierung von Oberbayern überprüft. Sie hat das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen angewiesen, keine neuen Wohnungen mehr anzumieten. Es sei vom Ausstieg aus bestehenden Verträgen die Rede und der Zahlung von Entschädigungen, sagte Landrat Josef Niedermaier (FW) am Montag im Kreisausschuss des Kreistags. Ob dies tatsächlich so kommen wird, ist offen. Das Landratsamt hänge in der Luft, sagte die zuständige Abteilungsleiterin Helga Happ auf Nachfrage.

"Umsteuerung in der Unterbringung von Asylbewerbern" nennt das Kabinett den neuen Kurs. Ziel ist es nach Aussagen von Sozialministerin Emilia Müller (CSU), Kommunen zu entlasten. Doch die sind ratlos: Was dieses "Umsteuern" und die Entlastung bedeutet - "das wissen wir nicht. Wir warten auf konkrete Ansagen aus München", sage Happ. "Uns ist die Entscheidungskompetenz genommen."

Große Unterkünfte sind günstiger als Wohnungen

Neue Unterkünfte dürften nicht angemietet werden; die Objekte, über die es Gespräche gegeben habe, aber bei denen noch nichts unterzeichnet wurde, habe man der Regierung von Oberbayern zur Prüfung vorgelegt; ebenso solche, für die es bereits gültige Verträge gebe. Ebenfalls gemeldet habe man die beiden im Bau befindlichen Unterkünfte an den Schulzentren in Geretsried (fertig im Juli; 251 Plätze) und in Bad Tölz (fertig im August; 120 Plätze). Es könne sein, dass die beiden Liegenschaften von der Regierung übernommen und als Erstaufnahmeeinrichtungen betrieben werden, sagte Happ. Damit reagiert München nicht nur auf die stagnierende Anzahl an Flüchtlingen, es ist auch eine Kostenfrage: Die zentralen Unterkünfte sind günstiger, als Wohnungen vom freien Markt zu ortsüblichen Mieten zu akquirieren.

Ob der neue Kurs bedeute, dass der Landkreis von der Regierung von Oberbayern aufgefordert werden könnte, bereits bestehende Mietverhältnisse zu kündigen und die Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünfte umzusiedeln, bleibe abzuwarten. "Hypothetisch könnte das sein", sagte Happ. Aber aus bestehenden Verträge mit Festlaufzeiten könne man nicht so ohne Weiteres heraus. "Die Vermieter hätten dann Anspruch auf Regress."

Der Geretsrieder Bürgermeister fürchtet eine Gettoisierung

Niedermaier erklärte in der Sitzung, der Kreis sei angehalten, Turnhallen und "schlecht geeignete Objekte" zu räumen. Das seien das Vereinsheim in Münsing oder die Stockschützenhalle in Königsdorf. Seine Sorge ist, dass im Laufe des Jahres sich die Anzahl der ankommenden Flüchtlinge in Bereichen bewegen wird wie 2015. "Ich habe dann keine Lust, mich im Sommer hinzustellen und nach Unterkünften zu bitten", sagte Niedermaier. Er würde es verstehen, wenn sich manch einer denken würde, dass man im Landratsamt "nicht alle Tassen im Schrank" habe.

Sicher sei folgendes, sagte Niedermaier: Den beiden Unterkünften an den Schulzentren habe die Regierung von Oberbayern zugestimmt. Die Pläne in Icking wolle er weiter verfolgen. Was aus der Unterkunft im Kloster Beuerberg werde, wisse er nicht, weil die Erzdiözese direkt mit der Regierung verhandle.

Kritisch könnte es auch für die von den Städten Wolfratshausen und Bad Tölz geplanten Unterkünfte werden. CSU-Kreisrat und Tölzer Bürgermeister Josef Janker wies darauf hin, dass die Verträge unterzeichnet seien. Auf Niedermaiers Erwiderung, dass über Schadenersatz nachgedacht werde, erwiderte Janker: "Wenn er eine bestimmte Höhe hat, können wir reden." Der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller (CSU) zeigte sich wenig erfreut über eine mögliche Gettoisierung, wenn es nur noch große Unterkünfte gebe.

Einig war sich der Kreisausschuss, die angemieteten Wohnungen für Fehlbeleger, also anerkannte Asylbewerber, zu halten. Der Landrat zweifelte, ob Vermieter dem Folge leisten. "Der Landkreis ist dann nämlich nicht mehr der Mieter."

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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