Bad Tölz-Wolfratshausen:a² + b² = Corona²

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Wie hier an der Grundschule am Isardamm in Geretsried werden die vierten Klassen seit Montag wieder unterrichtet - freilich mit viel Abstand. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Seit dieser Woche werden Viertklässler wieder unterrichtet - allerdings nur mit krisenbedingten Einschränkungen. Nächsten Montag sollen die 1. Klassen folgen. Grundschulen stellt das organisatorisch vor eine schwierige Aufgabe.

Von Konstantin Kaip, Bad Tölz-Wolfratshausen

Nach Wochen des verordneten Hausarrests konnten am Montag zahlreiche Schüler einen behutsamen Schritt zurück in die Normalität machen. Denn nachdem die Abschlussklassen schon seit 27. April wieder die Schulbank drücken, hat nun auch für die Viertklässler an Grund-, und die Achtklässler an Mittelschulen der Unterricht wieder begonnen. Der Schulalltag unterscheidet sich allerdings deutlich von den unbeschwerten Tagen vor der Pandemie - und stellt die Schulen vor große organisatorische Herausforderungen. Denn um die Abstandsregeln einhalten zu können, müssen die Klassen in kleine Lerngruppen eingeteilt und zeitversetzt unterrichtet werden. Eine Aufgabe, die immer anspruchsvoller wird: Denn kommende Woche sollen die Erst- und Fünftklässler zurückkommen, nach den Pfingstferien - bei weiter niedriger Infektionsrate - wieder alle Jahrgangsstufen.

An der Grund- und Mittelschule Wolfratshausen gibt es heuer gleich fünf 4. Klassen, die seit Montag wieder in die Schule am Hammerschmiedweg gehen. Wie Rektor Frank Schwesig erklärt, hat man die Klassen jeweils in zwei Lerngruppen mit maximal zwölf Schülern eingeteilt, die dann separat unterrichtet werden. Jede Lerngruppe hat drei Stunden Unterricht pro Tag - zwei mit dem Klassenleiter und eine mit einer Fachlehrkraft. Um Begegnungen unter den Schülern zu vermeiden, werden die jeweiligen Gruppen zeitversetzt unterrichtet. Die eine, erklärt Schwesig, beginne in der ersten Stunde mit dem Klassenleiter und bekomme dann in der dritten Stunde den Fachlehrer, wenn der Klassenleiter den Unterricht für die andere Hälfte der Klasse beginne. "Wir schauen, dass jede Lerngruppe möglichst wenige Lehrkräfte braucht", sagt Schwesig.

Auf dem Gang gilt ein Maskengebot. "Jeder, der ins Schulhaus kommt, soll eine Maske aufsetzen", sagt Schwesig. Das sei zwar nicht zwingend vorgeschrieben, dennoch habe man sich dazu entschlossen. Schließlich müssten die Fahrschüler auch im Bus Mund und Nase bedecken. Im Schulalltag klappe das gut. "Jeder hält sich daran", sagt der Rektor, "sowohl die Schüler als auch die Eltern." Der Unterricht findet dann ohne Gesichtsmaske statt, die Schüler sitzen an Einzeltischen mit ausreichend Abstand, die Lehrer sind laut Schwesig zudem angehalten, die Räume regelmäßig zu lüften. Um Kontakte zu vermeiden, gibt es nur eine zehnminütige Pause. Diese verbringen die Kinder im Klassenzimmer.

Der dreistündige Unterricht beschränkt sich auf die Kernfächer Deutsch, Mathematik und Heimat- und Sachunterricht (HSU) - in der Mittelschule Deutsch, Mathe und Englisch - und findet für die Viertklässler derzeit von Montag bis Freitag statt. "Weil die anderen Klassen noch nicht in die Schule kommen, haben wir genug Räume und Fachlehrer", sagt Schwesig. Dies werde auch noch so bleiben, wenn am kommenden Montag die Erst- und die Fünftklässler wieder in die Schule dürfen. Nach den Pfingstferien allerdings sei das voraussichtlich nicht mehr möglich. Denn dann soll laut Plan des Kultusministeriums in allen Jahrgangsstufen der Präsenzunterricht wieder beginnen.

Um dann Kontakte zu vermeiden, sollen auch die Viertklässler, wie bereits jetzt die 8. Klassen, im rotierenden System an unterschiedlichen Tagen unterrichtet werden - im Wechsel jeweils zwei und drei Tage pro Woche. "Die einen kommen montags und dienstags, die anderen donnerstags und freitags, und der Mittwoch wird im Wechsel erst der einen und dann der anderen Lerngruppe zugeschlagen", erklärt Schwesig. Dieses "Blockmodell" komme auch den Eltern zugute, die ihre Arbeit dann besser planen könnten. Der Pausenhof bleibt in jedem Fall auch nach Pfingsten leer. Der Schulalltag werde immer nur in halber Klassenstärke mit gestaffeltem Unterrichtsbeginn und -ende stattfinden, sagt der Rektor. "Damit sich so wenig Kinder wie möglich begegnen."

Auch in der Grundschule Am Lettenholz in Bad Tölz will man Kontakte so gut wie möglich vermeiden. Die beiden 4. Klassen sind in je zwei Lerngruppen geteilt worden, die mit zeitversetztem Beginn täglich drei Stunden unterrichtet werden. Gesichtsmasken sind im Schulgebäude verpflichtend, und auch im Klassenzimmer gilt die Empfehlung, sie aufzubehalten, sagt Rektorin Bärbel Weixner. Kinder, die im Unterricht mit dem Mund- und Nasenschutz nicht zurechtkämen, dürften ihn jedoch absetzen.

Unterrichtet werden die Tölzer Schulkinder von vier Lehrkräften, ihren Klassenlehrern und den Leitern der 3. Klassen. Für die sei das eine zusätzliche Belastung, da sie sich noch im Homeschooling um ihre eigenen Klassen kümmern müssten, sagt Weixner. Deshalb setze man zur Entlastung auch andere Lehrer ein. Auch sie selbst habe schon unterrichtet. "Es ist ein bisschen distanzierter als sonst", beschreibt sie ihren Eindruck vom ersten Schultag nach der Corona-Schließung. "Die Kinder sind sehr vorsichtig und versuchen, sich an alle Regeln zu halten."

Auch an der Tölzer Schule soll für die Viertklässler der tägliche Unterricht bis zu den Pfingstferien weitergehen. Bei den Erstklässlern, die am Montag wiederkommen, werden die geteilten Klassen im wöchentlichen Wechsel unterrichtet. "Es sind ja nur 14 Tage", sagt die Rektorin. Sollten nach den Pfingstferientatsächlich alle Schüler wieder kommen, werde man das "System variieren", sagt Weixner. Vermutlich gebe es dann für jede Lerngruppe vier Stunden Unterricht an zwei festen Tagen pro Woche - "sodass wir jedes Kind jede Woche sehen".

Der Schulalltag zu Corona-Zeiten ist eine Herausforderung für alle Beteiligten. "Wir freuen uns, dass die Schüler wieder da sind", sagt Schwesig, der Rektor der Hammerschmiedschule in Wolfratshausen. Der Unterricht laufe jedoch anders ab. Einerseits sei er in den kleinen Gruppen "wesentlich intensiver". Andererseits aber gebe es keine Partner- oder Gruppenarbeit, auch ein Stuhlkreis sei nicht möglich, Bewegungsspiele müssten am eigenen Platz stattfinden. "Weil viele soziale Möglichkeiten nicht mehr gegeben sind, haben die Lehrer den Unterricht ein Stückweit neu zu erfinden", sagt der Rektor. Die kurzen Drei-Stunden-Tage seien nicht nur für die Schulleiter, die sie organisieren müssen, eine Last. "Ich habe die Rückmeldung bekommen, dass es sowohl für die Lehrer als auch für die Schüler sehr anstrengend ist." Nun hofft er, dass sich die Situation mit dem Virus weiter entspannt, "und dass sich die Kombination aus Unterricht an der Schule und lernen zu Hause gut einspielt".

© SZ vom 14.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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