Super Bowl:"Für RTL wird das schwer zu toppen"

Lesezeit: 3 min

Zum vergangenen Super Bowl kamen 2500 Menschen in den Audi Dome. Heuer steigt in der Halle, die zwischenzeitlich in BMW Park umbenannt wurde, allerdings kein Public Viewing. (Foto: Leonhard Simon)

Deutschlands wohl größte Super-Bowl-Party wird gleichzeitig zur Abschiedsfeier der bekannten Football-Berichterstattung auf ProSieben. Künftig übernimmt der Kölner Sender RTL. Wie geht es weiter mit der NFL im deutschen Fernsehen - und dem Footballmedienstandort München? 

Von Christoph Leischwitz

Es beginnt so, wie es im November aufgehört hatte: Die Fans singen "Sweet Caroline, oh, oh, oh", eine heimliche Hymne der deutschen Football-Community. Sie sitzen oben auf den Rängen des Audi Dome, aber auch unten an den Bierbänken, dort, wo sonst die Basketballer des FC Bayern gegen Alba Berlin oder Partizan Belgrad auf Körbe werfen. Rund 2500 Menschen sind gekommen zu der vermeintlich größten Football-Party des Landes: Auf dem Videowürfel wird gleich das 57. Super-Bowl-Finale übertragen. Darunter ist eine Bühne aufgebaut, eine große weiße Couch steht darauf. Familiengefühl, Wohnzimmeratmosphäre, die Moderatoren im Football gehören dazu. Auf dieser Bühne findet gleichzeitig zum Mega-Event eine kleine Abschiedsfeier statt, bei der ganz zum Schluss auch die eine oder andere Träne fließen wird.

Genauso gut weiß das die Mannschaft von ProSiebenSat.1, die acht Jahre lang die Spiele aus Übersee moderierte. Eine Hälfte dieses Teams sitzt in der Nacht von Sonntag auf Montag im Stadion in Arizona, die zweite auf der Bühne des Audi Domes. Es ist die letzte Sendung für das Team des Münchner Senders, RTL hat sich ab der kommenden Saison die Rechte an der amerikanischen Profiliga gesichert.

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"Es ist das Ende einer Ära", sagt Volker Schenk am nächsten Morgen, nach wenigen Stunden Schlaf. Zusammen mit Carsten Spengemann und Roman Motzkus führte er durch den Abend. "Der Ursprung der Familie ist hier", sagt Schenk über den Hype der vergangenen Jahre, der den Spartensender ProSieben Maxx zu nie geahnten Einschaltquoten führte. Schenk selbst ist übrigens ein ehemaliger Spieler der Munich Cowboys und der Munich Thunder.

Weil sich dieses Team aber auch immer als Teil der Football-Gemeinde sah, wird der eine oder andere Besucher nostalgisch, obwohl der Super Bowl unterhaltsam und spannend ist. "Die leben das", schwärmt zum Beispiel der 46-jährige Andreas über die ran-NFL-Crew, der extra aus Thüringen angereist ist, um den Super Bowl im Audi Dome anzusehen. "Für RTL wird das schwer zu toppen", sagt der Fan der Green Bay Packers, der ein grünes T-Shirt trägt und während der Halftime-Show gerade Nacho Chips isst. Er hoffe sehr, dass einige der Moderatoren zum neuen Sender wechseln. Damit dieses Lebensgefühl, das der Football vermittelt, bestehen bleibt.

Moderator Volker Schenk: "Es ist das Ende einer Ära." (Foto: Leonhard Simon)

Schenk erzählt, wie im Laufe der Nacht Fans auf ihn zukamen und sich bedankten für diese familiäre, authentische Art der Berichterstattung, die dem Team vergangenes Jahr auch den Deutschen Fernsehpreis für die beste Sportsendung bescherte. Aber wie geht es nun weiter mit dem Footballmedienstandort München? Wird die vermeintlich größte Super Bowl Party bald ein RTL-Heimspiel in Köln sein?

Erstens wird es ja noch ein weiteres NFL-Spiel in München geben, vielleicht sogar zwei - das nicht zu verraten, ist Teil der Vermarktung, die Spannung soll hochgehalten werden. Gut möglich auch, dass die Kansas City Chiefs hierherkommen, seit Montagmorgen der neue Champion. Zweitens hat das ran-NFL-Team selbst ein kleines Erbe hinterlassen, in Form eines neuen Münchner Footballteams.

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Ausgelassen, aber nicht euphorisch

Im Merchandise-Shop nahe dem Haupteingang steht Sebastian Stolz, der General Manager der Munich Ravens. Das Team hat noch kein einziges Spiel absolviert, trotzdem verkauft Stolz hier durchaus erfolgreich T-Shirts, Hoodies - und die ersten Saisonkarten. Stolz ist Mitte 40 und ein gutes Beispiel für all jene, die seit Jahrzehnten für den Sport brennen und jetzt die große Gelegenheit sehen, das Hobby endgültig zum Beruf zu machen. "Reich wird damit noch niemand in Deutschland", sagt er, aber es sei auch schon mehr als einfach nur noch ein Hype - Football ist mittlerweile größer, als es die Spieler und Fans der erste Stunde, also in den 1980er- und 1990er-Jahren, sich hätten vorstellen können.

Ein Rabe für Unterhaching: Bilal Mawuena, hier bei der Super-Bowl-Party im Februar im Audi Dome, soll künftig in der Defensive Line der Munich Ravens spielen. (Foto: Leonhard Simon)

Und so wird zur besten Sendezeit auf dem weißen Sofa bekanntgegeben, wo die Ravens in der noch jungen European League of Football (ELF) künftig ihre Heimspiele austragen. "Wollt ihr das gern wissen?", schrie Schenk ins Publikum. Als Antwort hallt begeistertes Johlen durch die Halle. Also: Die Ravens werden künftig im Sportpark Unterhaching spielen. Das wiederholte dann sogar noch einmal Patrick Esume, der in Glendale im Stadion saß. Kein Wunder, denn Esume ist der Chef der ELF, er hatte jahrelang dafür gekämpft, dass München eine Mannschaft in dieser Liga bekommt.

Die Super Bowl Party ist die beste Werbefläche, und es ist hier wie bei den Kollegen aus den USA: Kaum jemand stört sich daran, dass ProSiebenSat.1 Werbung macht für das Projekt, das ab Juni auf ProSieben Maxx übertragen wird. Hinter all dem steht der Unternehmer Zeljko Karajica, der damals den Mut aufbrachte, die NFL ins Free-TV zu holen. Die letzten Sendeminuten dieser Ära werden genutzt, um das neue, eigene Produkt zu bewerben.

Die Stimmung in der Halle ist ausgelassen, aber nicht euphorisch. Viele sind von weither angereist, aber nicht um Party zu machen, sondern um in fachmännischer Gemeinschaft Football zu gucken. Die große Party ist ein Stück weit Normalität geworden, sofern man das nachts um drei Uhr sagen kann: Sie gehört fast schon zum Alltag. Noch während der ersten Halbzeit des Spiels rollen Mitarbeiter lange Kabel zusammen. Doch die Football-Popularität, sie wird wohl bleiben, auch wenn dem Münchner Wegbereiter für genau diese Popularität jetzt der Stecker gezogen wurde.

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