Brand in Uttinger Christuskirche:Spürnasen gegen Feuerteufel

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Brandmittelspürhund Moritz schnüffelt an der Ostfassade der Kirche im verkohlten Schutt nach verdächtigem Material. Die Polizeibeamten verfolgen die Aktion aufmerksam. (Foto: Georgine Treybal)

Die Brandmittelspürhunde Moritz und Loki sollen Kripo und Landeskriminalamt bei den Ermittlungen zur zerstörten Christuskirche in Utting helfen. Sie können noch nach Wochen Benzin oder Grillanzünder riechen.

Von Christian Deussing, Utting

Diese Vierbeiner sind absolute Spezialisten. Sie helfen, ungeklärte Brandfälle aufzuklären - wie jetzt vielleicht in Utting, wo in der Nacht zum Mittwoch die evangelische Christuskirche ausgebrannt ist. In der Ruine sind am Freitag der zweijährige Moritz und der ein Jahr ältere Loki im Einsatz. Zwei Brandmittelspürhunde aus Augsburg und Aschaffenburg mit speziell abgerichtetem Geruchssinn, von denen es in ganz Bayern nur noch einen weiteren gibt. Diese Hunde können noch nach Wochen Reste von Brandbeschleunigern, Benzin- und Dieseltropfen oder Krümel von Anzündwürfeln erschnüffeln und somit Fahnder auf die richtige Spur bringen. Das erhoffen sich in diesem Fall auch die Ermittler der Kriminalpolizei Fürstenfeldbruck.

Zu einer zerstörten Kirche sei Moritz aber noch nie angefordert worden, sagt sein Polizeihundeführer Carsten Massell. Er führt den schwarzen Deutschen Schäferhund an der Leine zur Brandruine der Holzknüppelkirche und geht auf die östliche Fassade zu. Hier vermuten die Ermittler bislang, dass dort der verheerende Brand ausgebrochen sein könnte. Der Spürhund schnüffelt an zerbrochenen Ziegeln, verkohltem Holz und Brandschutt. Der Rüde springt danach durch ein großes, klaffendes Loch ins Gotteshaus und konzentriert sich auf andere Ecken der Ruine. Nach 17 Minuten ist Pause, Moritz wird von seinem Kollegen Loki abgelöst, einem Belgischen Schäferhund mit beigem Fell.

Am Absperrgitter hängt ein Erinnerungsfoto an das Gotteshaus, das abgerissen werden muss. (Foto: Georgine Treybal)

Dessen Hundeführer ist Manuel Dümmig von der Polizei in Aschaffenburg. Er zieht sich seinen weißen Overall über und streift Loki Hundeschutzschuhe über die Pfoten, damit sie bei der Suchaktion unverletzt bleiben. Die Hunde dürften auch nicht ausrutschen, erläutert Dümmig. In 13 Wochen hatte er Loki zum Brandmittelspürhund ausgebildet, der bereits vor dem polizeilichen Spezialtraining zu hundert Prozent bewegungssicher sein müsse, so Dümmig.

Auch dieser junge Rüde ist sofort bei der Sache und lässt sich nicht ablenken. Ein Gutachter des Landeskriminalamtes (LKA) streicht mit seinem behandschuhten Zeigefinger auf einem Stein an der Holzfassade vorsichtig Asche zur Seite. Sofort ist Loki mit seiner hochsensiblen Nase dran, schlägt aber nicht an und schnüffelt woanders weiter. Ein brisantes Anzeichen wäre es, wenn einer der Hunde an einer bestimmten Stelle "einfrieren" würde, sagt Dümmig. Das bedeute, dass der gesamte Tierkörper von der Nase bis zum Schwanz erstarre.

Im Einsatz ist auch Spürhund Loki, der aber auch nicht anschlägt. (Foto: Georgine Treybal)

Doch es passiert nicht. Die Lage sei "unauffällig", sagt der Polizeihundeführer. Verdächtiges entdecken die Spürhunde also nicht am Brandort in Utting. Sie sind jeweils 20 Minuten im Einsatz, was einem Marathonlauf entspreche, berichtet Dümmig. Er muss mit seinem Kollegen Massell noch am selben Tag zu einem weiteren Brandort nach Sulzemoos, wo auch vor Kurzem aus bisher unbekannten Gründen ein Feuer ausgebrochen war.

Massells Spürhund hat schon in einigen Fällen Brandfahndern entscheidend geholfen - etwa in einem ausgebrannten Bauernhaus bei Miesbach, in dem Moritz einige Wochen nach dem Feuer noch Benzinreste entdeckt habe, erzählt Massell. Der Hundeführer steht jetzt vor der Uttinger Christuskirche und klappt sein Helmvisier hoch. Unterdessen schaufelt der Gutachter des Landeskriminalamtes noch verbranntes Material in ein Glasgefäß, die Probe wird in einem Labor untersucht. Nach etwa eineinhalb Stunden brechen auch der LKA-Experte und zwei Brandfahnder der Kripo ihren Einsatz an der Laibner Straße ab.

Am Brandort, der auch von einer Drohne überflogen worden ist, erscheinen auch der Vizechef der Kripo Fürstenfeldbruck, Roberto Rossi, und Alfred Ziegler, Leiter der Polizeiinspektion Dießen, zu deren Einzugsgebiet Utting gehört. Leider gebe auch am heutigen Tage keine neuen Erkenntnisse zur Brandursache, erklärt Ziegler, der sich persönlich betroffen zeigt: Denn seine Tochter wurde in der Christuskirche getauft und konfirmiert.

Dießens Polizeichef Alfred Ziegler. (Foto: Georgine Treybal)

Am Absperrgitter hängt ein schönes Foto der fast hundert Jahre alten Holzkirche. Darunter steht: "In memoriam. Mein Gott, wie konnte das geschehen???" Am Sonntag um 10.45 Uhr wird auf der Wiese vor der Ruine ein Zelt aufgebaut und ein Abschiedsgottesdienst gefeiert.

© SZ vom 28.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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