Gesucht werden: Systemtechniker, Molkereimeister, Elektroniker, Informatiker, Bäcker, Metzger, ganz zu schwiegen von den vielen unbesetzten Ausbildungsplätzen. Und selbst wenn die Mittelstands-Unternehmer im Fünfseenland übertarifliche Bezahlung anbieten, haben sie Probleme, Mitarbeiter zu finden. Die größte Schwierigkeit dabei ist der Mangel an günstigen Wohnungen. Immer öfter überlegen Firmenchefs jetzt, selbst Wohnraum zu schaffen. "Schmid Alarm" in Stockdorf ist schon sehr weit damit. Das Familienunternehmen hat die Oberland GbR gegründet und baut an der Gautinger Straße 18 öffentlich geförderte Wohnungen, die im April fertig sein sollen.
Fünf Millionen Euro habe das Unternehmen, das 50 Mitarbeiter beschäftigt, in das Projekt "Oberland" investiert, sagt Geschäftsführer Tobias Schmid. Ursprünglich wollten die Spezialisten für Alarmanlagen auf dem Gelände der früheren Gaststätte Haus Oberland die Firma erweitern. Doch der Fachkräftemangel verstärkte sich rapide, gleichzeitig stiegen die Mieten höher und höher. Für Tobias Schmid, seine Eltern Rudolf und Uta sowie seine Schwester Ina ist das Projekt Oberland ein langfristiges. Die Sozialbindung laufe über 25 Jahre. Schmid: "Uns geht es nicht um die Maximierung der Rendite." Profitieren davon sollen die Mitarbeiter. Wobei es sich in Stockdorf nicht um reine Betriebswohnungen, sondern um öffentlich geförderte handelt. Freilich sollen die Schmid-Mitarbeiter bevorzugt werden. Wer einziehen will, braucht aber einen Wohnungsberechtigungsschein.
"Wir brauchen günstigen Wohnraum", sagt Christoph Winkelkötter. Ein heikles Thema, meint er, denn noch würden zu viele Einfamilien- und Doppelhäuser gebaut anstatt Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen. Die Folge: zu viele Pendler. Von den 52 000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Landkreis arbeite nur ein Viertel hier. Winkelkötter: "Das ist aus ökologischer Sicht sehr schlecht." Das Konzept der Unternehmerfamilie Houdek, die Industriebaracken im Starnberger Gewerbegebiet abzureißen und dort auf 30 000 Quadratmetern ein modernes Quartier mit Wohnungen, Arbeitsplätzen und Freizeitangeboten zu realisieren, findet Winkelkötter einfach nur "toll".
Ganz konkrete Vorstellungen von Mitarbeiterwohnungen hat Barbara Scheitz. Die Chefin der Andechser Biomolkerei mit ihren 200 Beschäftigten hat im Dezember im Andechser Gemeinderat einen Antrag eingereicht für den Bau eines Boarding-Hauses. 25 kleine Wohnungen sind geplant. Neue Mitarbeiter könnten dort ein paar Monate überbrücken, bis sie eine eigene Bleibe gefunden hätten, begründet Scheitz das Projekt.
Innovatives Projekt in Starnberg:Buntes Quartier statt graues Gewerbe
Robert und Rudolf Houdek wollen ihr Grundstück in ein attraktives Mischgebiet verwandeln. Gedacht ist sogar an eine Brücke über die B 2 zum See.
Aber die Sache hat einen Haken: Das Grundstück gegenüber der Molkerei ist als Grünfläche ausgewiesen. Zwar wurde die Änderung des Flächennutzungsplans vom Gemeinderat bereits beschlossen, muss aber vom Landratsamt noch genehmigt werden. Im neuen Bauleitplan ist die Wiese als Mischgebiet ausgewiesen. Der Scheitz-Antrag wurde zurückgestellt, bis das Landratsamt sein Plazet gegeben hat.
Mit dem Gedanken, günstigen Wohnraum zu bauen, spielt auch Detlef Schneider, der Geschäftsführer des Seefelder Unternehmens TQ Systems. Er besitzt ein Grundstück am Oberfeld in Hechendorf. Dort sollen aber nicht nur Wohnungen entstehen, Schneider möchte das Quartier insgesamt attraktiver machen. "Wir haben keinen Bäcker und Metzger mehr in Hechendorf,", sagt er. Vorstellen könnte er sich dort einen kleinen Supermarkt und auch ein Café. Es gebe aber noch keinen Zeitrahmen.
Kreisbaumeister Christian Kühnel begrüßt die Anstrengungen der Firmenchefs "grundsätzlich" - wenn sie denn verfügbare Baugrundstücke haben. Davon gebe es aber zu wenig im Landkreis. Wiesen einfach in Bauland umzuwandeln, sieht er kritisch. Und generell Wohnungen in einem Gewerbegebiet zu bauen, gehe außer für Hausmeister oder Betriebsleiter gar nicht. "Das ist baurechtlich nicht vorgesehen", sagt der Kreisbaumeister.
Diese Erfahrung musste Michael Padberg machen. Der Chef des Unternehmens PTC Telekom in Etterschlag, das 60 Mitarbeiter hat, hatte vor vier Jahren dem Wörthseer Gemeinderat Pläne für den Bau von 30 Mietwohnungen auf seinem Firmengelände präsentiert. Die Miete sollte unter zehn Euro pro Quadratmeter liegen. Nur Geringverdiener aus dem Landkreis sollten in den Genuss dieser Wohnungen kommen. Der Gemeinderat war willig, aber das Kreisbauamt spielte nicht mit: baurechtlich nicht vorgesehen. Doch Padberg gibt nicht auf. Nach der Kommunalwahl will er das Thema erneut angehen, "aber nicht mehr so blauäugig", sagt er. Sich um soziale Aspekte zu kümmern, gehöre zu einem Mittelständler, "wir denken nicht nur an Kohle".