Verkehrsentlastung für Starnberg:Alter Streit, neu belebt

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Die Staatsstraßen vom Maxhof-Kreisverkehr in Starnberg bis zur Autobahnanschlussstelle in Gilching möchten die Gegner des B2-Tunnels in Starnberg zur "B2 neu" umwidmen. Es gibt jedoch berechtigte Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Vorhabens. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Tunnelgegner möchten die Staatsstraßen im Westen der Stadt zur "B2 neu" umwidmen, um den Tunnelbau überflüssig zu machen. Der Verein "Umweltgerechte Verkehrsentlastung" hält das für unsinnig.

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Debatte um die beste Verkehrsentlastung Starnbergs ist wieder einmal neu entbrannt - diesmal allerdings unter neuen Vorzeichen. Sieben Jahre nach dem historischen Beschluss des Starnberger Stadtrats zugunsten des B2-Tunnels statt einer Umfahrung gibt es nun eine neue Idee mit dem Ziel, den Tunnelbau zu verhindern: die "Bundesstraße 2 neu". Der Vorschlag kommt - wenig überraschend - vom Bündnis der Tunnelgegner, der Bürgerinitiative "Pro Umfahrung - contra Amtstunnel" und ihrem politischen Vertreter im Stadtrat, der WPS.

Nachdem jetzt aber auch der Starnberger Arbeitskreis "Verkehr" die Idee aufgegriffen hat und offenbar über Möglichkeiten einer B2-Verlagerung auf die Westtangente diskutieren will, scheint sich eine weitere Grundsatzdebatte über das strittige Thema anzubahnen. Der Verein "Umweltgerechte Verkehrsentlastung Starnberg", der im Tunnelbau die einzige Entlastung sieht, hat reagiert und erachtet den Vorschlag als "kontraproduktiv" und wenig sinnvoll.

Die Idee der Tunnelgegner sieht im Kern vor, dass die Staatsstraßen 2563 und 2069 zwischen dem Starnberger Maxhof-Kreisel und dem Autobahnanschluss Gilching (A 96) zur "B2 neu" aufgestuft werden. Die Umstufung könne binnen zwei bis drei Jahren vollzogen sein - damit brauche es die Bundesstraße mitten durch Starnberg nicht mehr. Gleichwohl halte man weiterhin am Ziel einer Umfahrungslösung fest, die derzeit aber nicht existiert.

Beim Arbeitskreis "Verkehr" ist der Vorschlag auf offene Ohren gestoßen. Dort ist schon vergangenen Sommer im Bemühen, eine temporäre Lösung für die Starnberger Verkehrsprobleme zu finden, die gleiche Idee aufgekommen. Arbeitskreis-Mitglied Helm Andreas Heigl etwa sagt: "Angespannte öffentliche Haushalte, vom Bund über das Land bis in die Kommune, ungeklärte Genehmigungsfragen und eine Baukostenexplosion machen eine rasche Umsetzung des B2-Tunnels durch Starnberg immer unwahrscheinlicher." Er verweist in diesem Zusammenhang auf das seit 2019 ausgearbeitete Konzept "Lebendiges Starnberg", das vom Stadtrat einstimmig als Leitbild für die Umgestaltung und bessere Aufteilung der Verkehrsflächen verabschiedet wurde. Der Arbeitskreis will am Freitag, 15. März (18 Uhr), im kleinen Saal der Schlossberghalle die Möglichkeiten einer temporären Verlagerung der B2 auf die Westtangente und eine damit verbundene Aufwertung für Starnbergs Innenstadt erörtern, Anregungen aufnehmen und Fragen beantworten.

Jürgen Busse, Vorsitzender des Vereins "Umweltgerechte Verkehrsentlastung Starnberg", bezweifelt den Sinn einer "Umetikettierung" von Straßen. (Foto: privat/oh)

Dieser Umstand hat wiederum den Verein "Umweltgerechte Verkehrsentlastung Starnberg" auf den Plan gerufen. Dessen Vorsitzender Jürgen Busse hält die Idee der Tunnelgegner zur Umstufung der Staatsstraßen aus verschiedenen Gründen schlicht für abwegig. Sein Hauptargument: Da Staatsstraßen untereinander Anbindungen haben müssen, könnte die Hauptstraße bestenfalls im Bereich zwischen Söckinger Straße und Tutzinger-Hof-Platz von einer Bundes- zur Staatsstraße abgestuft werden. Ansonsten hätte die Possenhofener Straße (Staatsstraße 2063) keine Anbindung an eine andere Staatsstraße. "Dies kann sich nur mit dem B2-Tunnel ändern lassen", argumentiert Busse.

Seit Anfang der 2000er-Jahre bestehe zudem ein Abkommen zwischen den Gemeinden Pöcking, Feldafing und der Stadt Starnberg, wonach der Abstufung der Seeuferstraße zu einer Gemeindeverbindung nur zugestimmt werde, sobald der B2-Tunnel gebaut sei. Weiterhin bliebe die Tatsache, dass der Autobahnzubringer A 952 direkt in der Stadt endet. Busse interpretiert den Vorstoß der Tunnelgegner als weiteren Versuch, den Bau des Tunnels zu torpedieren.

Neuer Name, weniger Fahrzeuge? Ein Trugschluss, meint der Verkehrsreferent

Doch was soll die Umetikettierung der "Westumfahrung" zur B2 bringen? Starnbergs Verkehrsreferent Thorsten Schüler (UWG), ebenfalls Mitglied im Verein "Umweltgerechte Verkehrsentlastung", glaubt jedenfalls nicht daran, dass sich dadurch an der Verkehrsbelastung der Stadt irgendetwas ändern würde. Autofahrern aus dem Münchner Osten und Süden in Richtung Weilheim und Umgebung sei es völlig egal, ob die Hauptstraße in Starnberg eine Bundesstraße oder Staatsstraße ist. Auch die Schlussfolgerung, dass nach einer Umwidmung der Westumfahrung der meiste Verkehr über A 96 und "B2 neu" abgewickelt werde und Starnberg entlastet wäre, hält er für einen Trugschluss. Die Umwidmung sei ein Placebo.

Mit dem Tunnelbau selbst hat die Debatte wohl nur am Rande zu tun. Bislang gibt es keinerlei Zeichen, die den Bau infrage stellen. Ende Februar betonte Katja Hessel (FDP), Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, dass die Finanzierung des Tunnels gesichert sei. Nach aktuellem Stand soll am 25. März ein neunwöchiger Test mit geänderter Verkehrsführung starten. Seit vergangenem Montag wird erneut die Fließrichtung des Grundwassers am Fuß des Almeida-Berges mittels eines Markierungsstoffes untersucht. Sollten sämtliche Genehmigungen vorliegen, könnte der B2-Tunnel nach sieben Jahren Bauzeit frühestens 2033 in Betrieb gehen.

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