Verkehr im Landkreis Starnberg:Kein Mucks aus Berlin

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Tafel mit überholtem Datum, die Angabe ist mittlerweile getilgt: Der Starnberger Tunnelbau ist in Verzug, vor 2033 ist kaum mit einer Freigabe zu rechnen. (Foto: Nila Thiel/Nila Thiel)

Der Fahrplan zum Bau des Starnberger B2-Tunnels verzögert sich zwar, doch beim Staatlichen Bauamt gibt man sich allen Widrigkeiten zum Trotz weiterhin zuversichtlich.

Von Peter Haacke, Starnberg

Wie geht es weiter mit dem B2-Tunnel in Starnberg? Wann könnte er fertiggestellt sein, was wird er kosten? An welcher Stelle klemmt das Verfahren, und wie wirkt sich der Weggang des Tunnelbau-Experten auf das Jahrhundertprojekt aus? Diese und andere Fragen versuchte am Donnerstag die "Chef-Etage des Staatlichen Bauamts" - so hatte Jürgen Busse als Vorsitzender des Vereins " Umweltbewusste Verkehrsentlastung" das Trio der Behörde begrüßt - im Wirtshaus Tutzinger Hof zu klären.

Amtsleiter Stefan Scheckinger, Abteilungsleiter Lukas Schulte und der scheidende Tunnel-Fachmann Ludwig Herwig mühten sich zwar um verbindliche Aussagen. Doch abgesehen von allen bereits bekannten Fakten blieb eine gewisse Unschärferelation im Hinblick auf den weiteren Tunnel-Fahrplan.

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Wer weiß schon, was in zwei oder fünf Jahren ist? Der Chef des Staatlichen Bauamts Weilheim jedenfalls nicht. Dennoch zeigte sich Stefan Scheckinger vor knapp 50 Zuhörern verhalten optimistisch: "Wir werden den Tunnel bauen, sofern ich das jetzt beurteilen kann", sagte er. Der Bund als Bauherr habe bislang "keinen Mucks verlauten lassen, dass da irgendwas im Busch ist". Soll heißen: Das komplizierte und komplexe Starnberger Verkehrsprojekt steht derzeit nicht zur Debatte im Bundesverkehrsministerium. "Wir sind auf einem sehr guten Weg", befand Amtsleiter Scheckinger, den allerdings ein gravierendes Problem plagt: Personalmangel.

Mit dem Weggang von Projektleiter Ludwig Herwig, der in München anheuert, verliert das Staatliche Bauamt zum Jahresende seinen "Ober-Maulwurf": Der erfahrene Tunnel-Experte wird sich die nächsten Jahre dem Ausbau des U-Bahn-Systems in der Landeshauptstadt widmen. Zwar ist seine alte Stelle schon seit Wochen ausgeschrieben, doch Fachpersonal ist rar: Fraglich, ob der Posten des Sachgebietsleiters beim Bauamt adäquat von 2024 an nachbesetzt werden kann. "Es ist nicht einfach, einen Fachmann zu kriegen", weiß Scheckinger.

Probelauf mit geänderter Verkehrsführung: Zwischen Ostern und Pfingsten soll eine Simulation getestet werden, die den Baustellenverkehr für den Tunnelbau mit einbezieht. (Foto: Staatliches Bauamt Weilheim)

Abteilungsleiter Schulte skizzierte in einem Kurzvortrag die wesentlichen Fortschritte zum Tunnelbau und gab einen Ausblick auf die nächsten Bauabschnitte. Die gute Nachricht: Bereits Ende November wird die seit Monaten gesperrte vierte B2-Fahrspur wieder freigegeben. Bis Jahresende soll die Baustelle ebenso abgeschlossen sein wie die Erkundung der unterirdischen Wasserströme. Zwischen Ostern und Pfingsten 2024 ist ein Probelauf mit geänderter Verkehrsführung in der Stadt geplant, zudem soll eine Anlage zur Wasservorreinigung installiert werden. Die Ausschreibung zur geplanten Verlegung eines Mittelspannungskabels, das für die Tunnelbohrmaschine benötigt wird, muss wiederholt werden, nachdem sich 2023 kein Anbieter gefunden hat. Schulte: "Alles, was wir machen können und dürfen, machen wir 2024."

Wann das Bauwerk bestenfalls fertiggestellt sein könnte? Schwer zu sagen

Entscheidend für den Fortgang des Großprojekts ist das seit Jahren bei der Regierung von Oberbayern anhängige Planänderungsverfahren; eine Entscheidung wird bis Jahresende erwartet. Ob der Beschluss nach Auslegung und Anhörung beklagt wird und wie schnell gegebenenfalls das juristische Verfahren abgeschlossen ist, bleibt abzuwarten. Erst von diesem Zeitpunkt an startet die Ausschreibung für die Tunnelbohrmaschine.

Die reine Bauzeit soll sieben Jahre betragen. Immerhin: Die Planungsunterlagen sind im Grundsatz seit einem Dreivierteljahr fertig, hieß es. Die zentrale Fragestellung aber, wann das Bauwerk fertiggestellt sein könnte, blieb offen. "Das ist aktuell schwer zu sagen", erklärte Schulte - im Idealfall im Jahr 2033, vielleicht später. Ungewiss ist auch die Kostenprognose. Mit knapp 200 Millionen Euro rechnete die Behörde 2017, drei Jahre später waren es bereits 320,5 Millionen. Eine aktuelle Schätzung steht noch aus, nur so viel steht schon jetzt fest: Es wird nicht billiger.

Auf Einladung des Vereins "Umweltgerechte Verkehrsentlastung Starnberg" berichteten die führenden Mitarbeiter des Staatlichen Bauamts über den aktuellen Stand zum Bau des B2-Tunnels. Von links: Ludwig Herwig, Patrick Janik, Lukas Schulte, Stefan Scheckinger und Jürgen Busse. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Unmittelbar vor der Infoveranstaltung hatten 19 Mitglieder des Vereins "Umweltbewusste Verkehrsentlastung", der sich seit 2011 für den Bau des Tunnels einsetzt, ihren Vorstand bestätigt. Vorsitzender bleibt Jürgen Busse, 74, seine Stellvertreter sind die CSU-Ortsvorsitzende Charlotte Meyer-Bülow und Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger. Neben den Beiräten ergänzen Stephanie Weber (Schriftführerin), Hildegard Hirschbold (Schatzmeisterin) und Rudi Nirschl (Webmaster) den Vorstand.

Jürgen Busse rät Starnbergs Bürgermeister: "Geh' ihnen auf die Nerven, Patrick!"

Verkehrsreferent Thorsten Schüler stellte seinen Beitrag unter das Motto "Wo die Reise hingehen sollte" mit fünf Aspekten zu Tunnel und Verkehr und rückte dabei Überlegungen zur Mobilitätsentwicklung in den Fokus seiner Betrachtungen. Grundsätzlich sei mit einer Steigerung des Verkehrsaufkommens in Starnberg zu rechnen. Bürgermeister Patrick Janik (CSU, UWG, SPD, BLS) betonte, er sei nicht sonderlich nervös wegen des B2-Tunnels: Sollte der Tunnel "beerdigt werden auf höherer Ebene", dann würden Behördenleiter Scheckinger und er gewiss rechtzeitig über diese Entscheidung informiert. Aus Sicht der Stadt bestehe daher "keine Sorge".

Busse hatte in diesem Zusammenhang einen Tipp parat. Im Halbjahres-Turnus möge Starnbergs Bürgermeister bei entscheidenden Stellen immer wieder anfragen, wann das Planänderungsverfahren für den Tunnel denn nun endlich abgeschlossen sei. Busse: "Geh' ihnen auf die Nerven, Patrick!"

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