Starnberger Sternekoch Maximilian Moser:"Viele Freunde haben Angst, mich zu bekochen"

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Während Maximilian Moser noch immer an fünf Tagen in der Woche arbeitet, kochen seine Teammitglieder nur mehr an vier Tagen pro Woche. (Foto: Arlet Ulfers)

Der junge Küchenchef des "Aubergine" hat sich zum sechsten Mal einen Michelin-Stern erkocht. Zu Hause mag er eher einfach essen - und wenn er eingeladen wird, sucht er keine Fehler.

Interview von Astrid Becker, Starnberg

Dieser Tag ist kein normaler Tag für die Beschäftigten im Starnberger Hotel "Vier Jahreszeiten". Gespannt sitzen Köche und Servicekräfte vor dem Computer, warten auf die Bewertung durch den "Guide Michelin". Wird das hoteleigene Gourmetrestaurant "Aubergine" wieder mit einem Stern bedacht? Das ist die Frage, die auch den 34-jährigen Küchenchef Maximilian Moser am Dienstagvormittag umtreibt. Und dann ist sie plötzlich da, die Entscheidung: Das Aubergine hat auch heuer wieder die begehrte Gourmetauszeichnung erhalten - bereits zum sechsten Mal in Folge. Im Gespräch mit der SZ erzählt Moser, was das für seine Mitarbeiter und ihn bedeutet und was sich seit dem ersten Stern Ende 2014 verändert hat.

SZ: Herr Moser, herzlichen Glückwunsch. Einen Stern zu bekommen, sei schwierig, heißt es in der Gastroszene, einen Stern zu behalten, noch weitaus schwieriger. Wie haben Sie das geschafft?

Maximilian Moser: Das ist eine Gemeinschaftsleistung. Ich habe ein tolles Team, und ich bin stolz darauf. Und eines war mir ganz anders als 2014 klar: Wir haben das ganze Jahr eine unglaubliche Leistung erbracht. Was jetzt aber nicht heißen soll, dass ich in den vergangenen Tagen nicht angespannt gewesen bin.

Was hat sich denn für Sie seit dem ersten Stern geändert?

Damals hat niemand von uns mit einem Stern gerechnet, das war die totale Überraschung - für die Eigentümerfamilie Graessner, aber auch für uns alle im Haus. Wir wussten gar nicht, wie uns geschieht und wie wir jetzt damit umgehen sollen - vom Marketing angefangen, einfach in allem. Seither haben wir viel dazu gelernt, und auch auf einen persönlich wirkt das. Man entwickelt sich weiter.

Was hat der Stern mit Ihnen persönlich gemacht?

Ich bin gelassener geworden. Früher zum Beispiel konnte ich nur recht schlecht mit Kritik umgehen. Aber Kritik gibt es immer, sei es von den Mitarbeitern oder von außen. Das sehe ich heute entspannter.

Wollten Sie Sternekoch werden?

Nein. Ich habe zwar meine Ausbildung bei Dallmayr gemacht und dort wurde sicher mein Interesse für Gourmetküche geweckt, aber ich wollte immer die ganze Bandbreite kennenlernen - vom Hotel mit 400 Gästen bis zum Gourmetlokal mit 35 Plätzen, was ich dann auch in vielen anderen Stationen gelernt habe. Diese Bandbreite an Erfahrung kommt mir sehr zugute.

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Was müssen Köche mitbringen, um mit Ihnen zu arbeiten? Erfahrung in der Sterneküche?

Nein. Wenn ich zwei Bewerbungen auf dem Tisch habe, eine von jemandem, der schon in der Sterneküche gearbeitet hat und eine andere von jemandem, der keine Erfahrung damit hat, heißt das nicht, dass ich mich für den mit der Sterne-Erfahrung entscheide. Mich schreckt das gar nicht, wenn jemand diese Erfahrung nicht hat. Am liebsten sind mir Mitarbeiter aus der Umgebung, die langfristig bleiben. Denn das bringt Kontinuität in der Qualität, das ist wichtig. Und dass jemand Lust und Spaß daran hat. Schauen Sie: Wenn jemand vorher in einem ganz normalen, gut bürgerlichen Restaurant gearbeitet hat, zum Beispiel, dann kann derjenige sein Handwerk. Und alles andere lernt man dann schon. Und hier muss ja auch niemand allein in der Küche stehen.

Sondern? Wie läuft das bei Ihnen?

Ich habe derzeit eine Mannschaft von 23 Mitarbeitern, fünf bis sieben davon kochen für das Aubergine. Aber wir haben da ja auch noch das Restaurant Olivs, die Hotelgäste zu bewirten, das Bankett- und Tagesgeschäft zu bedienen und dergleichen. Gut ist, dass man flexibel reagieren kann, es geht ja immer mal einer in Urlaub oder ist krank. Dann hilft man eben auch woanders mit, das geht alles Hand in Hand, und das ist wichtig. Das hat Vor- und Nachteile, bedeutet manchmal auch eine Doppelbelastung für die Mitarbeiter.

Der Gründer des "Tantris", Fritz Eichbauer, hat vor Jahren einmal sinngemäß gesagt, er sei froh, dass er sein Geld mit seinem Bauunternehmen verdiene. Die Sternegastronomie sei immer ein Zuschussgeschäft. Ein Luxus. Wie ist das bei Ihnen?

Das stimmt schon so. Langfristig Qualität zu liefern, ist das Entscheidende, und dazu gehört der Wareneinsatz, der hoch ist, und auch mehr Personal, allein im Service, das alles kostet Geld. Und natürlich müssen auch wir wirtschaftlich arbeiten. Zum Glück ist unsere Auslastung mit etwa 80 Prozent bei unseren neun Tischen im Aubergine gut - und wir haben das Hotel im Nacken, was uns das Leben erleichtert. Ein Beispiel: Wir haben seit 2014 unseren Einkauf umgestellt, ich kaufe viel mehr als früher direkt beim Erzeuger, gern auch in der Region. Wenn ich ein Lamm vom Ammersee kaufe, dann nehme ich das ganze Tier: Die Edelteile sind fürs Aubergine, die Lammkeule verarbeite ich dann in anderen Bereichen - davon profitieren am Ende alle, der Erzeuger, der Gast im Aubergine und die Hotelgäste. Und ich bekomme die Qualität, die ich brauche.

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(Foto: Arlet Ulfers)

Liebevoll bereitet Moser auch das Dessert zu.

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(Foto: Arlet Ulfers)

Karamell...

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(Foto: Arlet Ulfers)

...mit Mais...

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(Foto: Arlet Ulfers)

...und Zitrone.

Das klingt nach einem umfangreichen Aufgabenfeld: nicht nur Kochen, sondern Personalplanung, Verwaltung, Einkauf. Wann entwickeln Sie Ihre Kreationen?

Am liebsten zu Hause, weil ich da den Kopf freier habe. Das sind dann die zwei Tage, also Sonntag und Montag, an denen wir geschlossen haben. Im nächsten Schritt kochen wir das dann im Restaurant Probe, und jeder kann sagen, was noch geändert werden muss oder eigene Ideen einbringen. Erst neulich zu Beispiel hat einer meiner Mitarbeiter ein eigenes Gericht kreiert, das so perfekt war, dass wir es in unser nächstes Menü im April aufnehmen werden: eine rote Garnele, ausgebacken, mit einer Zitronengraspolenta, aber speziell zubereitet, dazu einen Apfelselleriesud mit Rumschaum. Perfekt. Das hat mich wahnsinnig gefreut.

Wie inspirieren Sie sich ? Sie wechseln ja alle vier bis sechs Wochen Ihr Menü.

Klar, brauche auch ich Input. Und dazu gehört auch der Austausch mit Kollegen, da sind seit 2014 viele Kontakte entstanden, auch gute Freundschaften. Und auch im Urlaub finde ich Anregungen. Ich bin zum Beispiel zuletzt mit Freunden von München an den Gardasee geradelt, da haben wir unterwegs in Südtirol Schlutzkrapfen gegessen, die waren so großartig, dass ich dachte, das könnten wir auch mal in unser Menü einbauen. Das kam sehr gut bei den Gästen an.

Haben Sie eigentlich ein Vorbild?

Allergrößten Respekt zolle ich Hans Haas, der über so viele Jahre im Tantris Höchstleistung erbracht hat. Unglaublich. Denn so etwas fordert einen ja auch körperlich und psychisch.

Wie halten Sie sich fit?

Ich versuche, viel Sport zu machen, ich laufe und radele gern. Und versuche auch, meine Leute zu animieren, beim Starnberger Stadtlauf mitzumachen. Aber natürlich muss jeder selbst entscheiden, was gut für ihn ist.

Sie haben ja auch Familie. Kochen Sie denn auch noch privat?

Wir wechseln uns an den zwei freien Tagen ab, einmal meine Frau, einmal ich. Sie ist Vegetarierin, also kommt bei uns viel frisches Gemüse auf den Tisch. Und sie kocht super und ist sehr kreativ. Ich koche dann auch gern, aber nichts, was fünf Stunden braucht. Gern mal eine Pasta, das liebe ich.

Werden Sie auch mal zum Essen eingeladen oder holen sich Freunde Tipps?

Ja klar, aber viele haben auch ein wenig Angst davor, mich zu bekochen. Dabei bin ich der dankbarste Gast, den man sich vorstellen kann. Ich bin niemand, der sich bei solchen Gelegenheiten auf "Fehlersuche" begibt. Im Gegenteil: Ich genieße so etwas in vollen Zügen. Das Wichtigste ist doch die Liebe, die man in das steckt, was man tut. Eben auch ins Kochen. Essen ist Leidenschaft.

© SZ vom 05.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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