Fünfseen-Filmfestival in Starnberg:"Wenn man ein Leuchtturmprojekt haben will, muss man es fördern"

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Kinoerlebnis am See: Der Eröffnungsabend des Fünfseen-Filmfestivals 2020 im Starnberger Seebad. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Weil Städte und Gemeinden sparen müssen, könnten Festivalleiter Matthias Helwig bis zu 30 000 Euro Fördergeld fehlen. Ein Gespräch über die Bedeutung von Dampferfahrten, den Effekt von Filmfestivals für die Kinobranche und den Stellenwert von Kultur in der Politik.

Interview von Linus Freymark, Starnberg

Nahezu jede Kommune in Deutschland kämpft mit leeren Kassen. Die Stadt Starnberg ist da keine Ausnahme, seit Wochen überprüfen die Stadträte jeden Posten auf Kürzungspotenzial. Fündig geworden sind sie dabei auch beim Fünfseen-Filmfestival (FSFF), einem der größten seiner Art im deutschsprachigen Raum. 20 000 Euro Förderung könnten für die Veranstaltung wegfallen, die dieses Jahr vom 3. bis zum 12. September stattfindet. Weil auch die Nachbargemeinde Gauting kürzt, könnten Festivalleiter Matthias Helwig insgesamt bis zu 30 000 Euro fehlen. Ein Gespräch über die Bedeutung von Dampferfahrten, den Effekt von Filmfestivals für die Kinobranche - und den Stellenwert von Kultur in der Politik.

SZ: Herr Helwig, die Stadt Starnberg will nun beim Fünfseen-Filmfestival kürzen. An welcher Stelle würde Ihnen dieses Geld fehlen?

Matthias Helwig: Die Eröffnungsfeier ist nicht mehr möglich. Für den Auftakt werden wir in die Schlossberghalle umziehen, bislang fand die Feier unten am See statt. Dort ist es zwar sehr schön, aber das ist nicht mehr finanzierbar. Auch die Dampferfahrt auf der MS Starnberg ist wahrscheinlich nicht mehr machbar. Und wir haben das Festival zwei Wochen nach hinten schieben müssen.

Eine abgespeckte Auftaktveranstaltung, keine Dampferfahrt mehr - das ist natürlich schade, klingt jetzt aber ehrlich gesagt nicht so dramatisch.

Da liegen Sie falsch. Durch die Einsparungen verliert das Festival an Strahlkraft: Der Dampfer zum Beispiel war immer eines unserer Aushängeschilder, auch der Blick vom Seeufer bis zu den Bergen war eines unserer Markenzeichen. Ein Filmfest lebt nicht nur von den Streifen, die dort gezeigt werden, sondern auch vom Rahmenprogramm. Die Location direkt am See, die Schifffahrt - das waren neben der Filmauswahl die Dinge, die unser Festival berühmt gemacht haben. Diese wunderschönen Sachen fallen jetzt weg. Das haben wir bereits entschieden, auch wenn der Haushalt noch nicht durch ist. Aber wir brauchen Vorlauf.

Bei den Kürzungen könnten auch die 3000 Euro für den Nachwuchs-Filmpreis des Festivals enthalten sein. Besteht die Gefahr, dass diese Auszeichnung dann wegfällt?

Das ist noch in der Diskussion. Ich hätte es schön gefunden, wenn die Stadt den Preis weiterhin zur Verfügung gestellt hätte. Aber wenn das Geld dafür nicht da ist, müssen wir andere Sponsoren für den Filmpreis finden. Nur, wenn wir keine finden, fällt der Preis weg.

Matthias Helwig beim Eröffnungsabend des Fünfseen-Filmfestivals 2023. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Stadt muss aber nun mal sparen. Und das Geld, das die Kommunalpolitiker für das Fünfseen-Filmfestival zur Verfügung stellen, würde ja wiederum an anderer Stelle fehlen.

Klar, das ist eine enorm schwierige Situation. Ich sehe auch, dass die Kommunen alle klamm sind, ich bin ja selbst Kreisrat. Aber wenn man solche "Leuchtturmprojekte" wie das Fünfseen-Filmfestival haben will, muss man sie entsprechend fördern. Wie soll das Festival überleben, wenn die Gelder dafür immer weiter gekürzt werden? Irgendwann kann man eine Veranstaltung in dieser Dimension nicht mehr machen. Dabei wären sie besonders wichtig für die gesamte Region und die Kultur.

Haben Sie das Gefühl, dass Kultur in der Politik den Stellenwert hat, den sie bekommen sollte? Seit Jahren werden Fördermittel generell ja eher gekürzt als aufgestockt.

Das ist eine sehr bedauerliche Entwicklung, die mit Corona begonnen hat. Damals hieß es noch: Wir müssen jetzt zwar Mittel streichen, aber wir sehen, wie wichtig Kultur für unsere Gesellschaft ist. Ich glaube ja: Eigentlich hat man damals eher erkannt, dass man in dem Bereich große Kürzungen vornehmen kann, ohne dass sich allzu viele Leute darüber aufregen. Das ist das Tragische: Durch die pandemiebedingten Schließungen und Einschränkungen ist eben nicht der politische Gedanke erwachsen, dass man der Kultur durch Förderungen wieder auf die Beine helfen muss. Im Gegenteil: Die Unterstützung ist ausgeblieben.

Viele Kinos kämpfen wie in Tutzing ums Überleben , seit der Pandemie gehen die Menschen nicht mehr so oft ins Kino. Haben Veranstaltungen wie das Fünfseen-Filmfestival denn Einfluss auf die Besucherzahlen?

Jedes Filmevent hat einen direkten Effekt. Die Oscar-Verleihungen etwa haben bewirkt, dass am Montag deutlich mehr Menschen ins Kino gegangen sind. Auch die Berlinale oder das Festival in Cannes führt dazu, dass mehr Leute kommen. Wenn das Filmfest dann auch noch vor Ort und so präsent in der Öffentlichkeit ist wie das Fünfseen-Filmfestival, ist dieser Effekt noch einmal deutlich stärker.

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