Wissenschaft:Liebesgrüße aus dem Weltall

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Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffenhofen plant die Experimente für die neue ISS-Mission "Cosmic Kiss".

Von Carolin Fries, Weßling

Wenn Daria Margiotta ihren Job beschreiben soll, dann sagt sie: "Ich sorge für einen reibungslosen Betrieb." Das Besondere daran: Dieser Betrieb umkreist 408 Kilometer entfernt im Weltall die Erde. Margiotta ist Flugdirektorin beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen und betreut von hier aus die Astronauten auf der Internationalen Raumstation ISS. Derzeit bereitet die 36-Jährige außerdem eine neue Mission vor. Im Oktober startet ESA-Astronaut Matthias Maurer als erster Deutscher in einer Space X-Raumkapsel des kommerziellen Nasa-Programms zur ISS. Sechs Monate wird er dort zusammen mit zwei Nasa-Kollegen leben und arbeiten. Das Columbus Control Center in Oberpfaffenhofen plant bereits seit zwei Monaten, mit welchen Experimenten sich die Astronauten im Labor auf der ISS beschäftigen werden.

"Cosmic Kiss" hat Maurer die Mission genannt, die für ihn "eine Liebeserklärung an den Kosmos" ist. Daria Margiotta hat den gebürtigen Sauerländer 2017 in Oberpfaffenhofen kennengelernt, jetzt entwirft sie eine Art Stundenplan für ihn und seine Kollegen. 6,5 Stunden täglich - mit Ausnahme der Wochenenden - würden diese arbeiten, etwa 140 Stunden davon dürfen das DLR und die europäische Raumfahrtorganisation ESA mit Inhalten füllen. Etwa 35 Experimente umfasst das Programm aktuell, koordiniert werden die Anfragen von Wissenschaftlern aus ganz Europa in Oberpfaffenhofen.

Die Nordwest-Küste Afrikas aus dem All gesehen. (Foto: Nasa)

Daria Margiotta und das etwa zehnköpfige Leitungsteam müssen einschätzen, wie zeitaufwendig und gefährlich die angefragten Untersuchungen sind. Insgesamt beteiligen sich etwa 80 Kollegen weltweit an den Vorbereitungen. "Die Experimente müssen wissenschaftsrelevant, aber auch technisch machbar und ausführbar sein", sagt die Luft- und Raumfahrtingenieurin. Das Auswahlverfahren sei noch nicht abgeschlossen.

Bei den bislang eingereichten Experimenten gehe um Humanphysiologie, Werkstoffwissenschaften und Technologieexperimente ebenso wie um Ausbildungsmaterial für Schüler. So sei etwa geplant, dass Maurer Videos physikalischer Versuche mache, die später im Unterricht an den Schulen eingesetzt werden könnten.

Ein Staubexperiment soll den Entstehungsprozess von Planeten im Universum untersuchen. Andere Untersuchungen gehen dem Geheimnis von kalten Atomen im Weltraum auf den Grund oder aber dem inneren Rhythmus des Menschen durch Bestimmung der Körperkerntemperatur über einen Mini-Doppelsensor. Auch ein Bio-Drucker werde getestet, der Wunden mit Bio-Tinte wieder verschließen soll, berichtet das DLR. Experimente zur nachhaltigeren Ernährung oder zu Pflanzensamen im Weltraum stünden ebenfalls auf dem Flugplan. Unterstützt werden die Astronauten bei ihrer Arbeit von Geräten mit künstlicher Intelligenz, etwa dem "Cimon-2"-Computer.

Daria Margiotta ist Flugdirektorin beim DLR und betreut - unter erschwerten Corona-Bedingungen - die Astronauten rund um den Deutschen Matthias Maurer. (Foto: privat)

Daria Margiotta kann sich schwer entscheiden, welches ihr Lieblingsprojekt ist. Der gebürtigen Sizilianerin gefallen vor allem Projekte, in die der Nachwuchs eingebunden wird, wie sie sagt. Etwa der "Beschützer der Erde"-Wettbewerb, bei dem Schulklassen eine der vier Klimazonen wählen und mit Erdbeobachtungsdaten erforschen, um schließlich ein Klimaschutzkonzept zu entwickeln. Maurer unterstütze die Schüler mit Videobotschaften.

Die Ergebnisse der Untersuchungen werden in Echtzeit oder einem festgelegten Turnus in das Columbus Control Center nach Oberpfaffenhofen übertragen. Andere müssen physisch zurück zur Erde transportiert werden. Daria Margiotta freut sich schon, wenn es endlich los geht und sie und die Kollegen dann den ganzen Tag lang über einen offenen Space-To Ground-Kanal mit den Astronauten sprechen werden. Zusammen mit den anderen Raumfahrtorganisationen würden die Systeme der ISS an Bord überwacht und kommandiert ebenso wie die Bodensysteme. Einmal in der Woche sei eine 15-minütige "private Videokonferenz mit Matthias" geplant, den man außerdem per Email erreiche. Der Astronaut habe zudem die Möglichkeit, im Columbus Control Center in Oberpfaffenhofen anzurufen. "Das ist aufregend", sagt Daria Margiotta. Sie hofft, dass dort im Herbst wieder gemeinschaftlich gearbeitet werden kann. Pandemiebedingt dürfe sich derzeit nur eine Person im Control Center aufhalten, alle anderen säßen in ihren Büros an deutlich kleineren Bildschirmen. Aber: "Wir sind trotzdem rund um die Uhr da."

© SZ vom 25.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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