Biergarten im Kloster Andechs:"Es war schon ein sehr emotionaler Moment"

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Die Durststrecke am Heiligen Berg ist vorbei, das Kloster hat eine eigene Teststation auf dem Parkplatz. Das rührt den ersten Gast nach sieben Monaten fast zu Tränen.

Von Michael Berzl, Andechs

Der Regen tropft aufs Zeltdach, es ist nasskalt, aber Florian Kurz strahlt förmlich vor Glück. "Endlich wieder Andechs", schreibt er an diesem Freitag in einem Gedicht, das er droben beim Kloster im Biergarten des Bräustüberls verfasst. Ehrensache, dass er der erste Gast war, als die Gastronomie nach sieben Monaten Zwangspause wieder eröffnet hat. Um zehn Uhr war er beim Corona-Test am Container auf dem Parkplatz und um Punkt elf an der Eingangskontrolle.

Kurz hat es nicht weit, er kommt aus Widdersberg und ist sonst oft mehrmals pro Woche droben, um seinen Weizen-Bock zu trinken, die Gesellschaft zu genießen, das Stimmengewirr, das Krügeklirren. Nur das vergangene gute halbe Jahr nicht, da war Stille im Biergarten. "Es war schon ein sehr emotionaler Moment. Da muss man schon eine Träne verdrücken", erzählt er über die Rückkehr an seinen Stammplatz in der Nähe des Eingangs.

Er ist mit Sicherheit einer der treuesten Stammgäste in Andechs, seit 2006 führt er Buch über seine Besuche, füllt einen Band nach dem anderen mit Bildern, Gedanken und Gedichten. Mit gelbem Leuchtstift markiert sind die Worte "Zweites Lockdown Exil Andechs Stammtisch Solo" und die Abkürzung ZLEASS. Die Durststrecke ist überwunden, die Zeit des Exil-Stammtischs im eigenen Garten vorbei. Endlich. Leake Haileselasse, einer der etwa 20 Beschäftigten am Eröffnungstag kommt vorbei. Man kennt, man grüßt sich und plaudert. Es ist ein Wiedersehen. Wie eine Familie, findet Kurz.

Kurz ist einer von etwa 30 Gästen, die am Freitagnachmittag weit verteilt an den Tischen unter dem Zeltdach des Kloster-Gasthofs sitzen. Später als andere Lokale ist auch die Außengastronomie des Bräustüberls wieder geöffnet. "Die Umsetzung brauchte Zeit. Wir wollten einfach im Interesse aller auf Nummer sicher gehen", erklärt Josef Eckl, der Leiter des Bräustüberls. Um Sicherheit und Gesundheit aller so gut wie möglich zu schützen, habe man sich für ein mehrstufiges Test- und Hygienekonzept entschieden.

Genesen, getestet oder geimpft ist auch die Voraussetzung für einen Besuch im Bräustüberl von Kloster Andechs. (Foto: Georgine Treybal)

Genesen, getestet oder geimpft ist auch dort die Voraussetzung. Tests nimmt am Freitag Kevin Uhlig aus München, der zuvor für diesen Job eine Schulung mit einem Arzt absolviert hat, in einem Container vor. Allerdings gibt es dort immer wieder Komplikationen bei der Datenübermittlung via Handy, bei der Anmeldung zum Test, beim Senden des Ergebnisses. Die Mobilfunkverbindung streikt manchmal. Vor der Station bildet sich am Nachmittag eine Schlange. Eine verhinderte Biergartenbesucherin fragt schließlich nach, ob es nicht auch ohne Internet geht, mit einem Nachweis auf Papier. Doch Uhlig schüttelt den Kopf.

Bernd Schwenk, Corina Sinning und Björn Wittnewen, die extra aus Dillingen gekommen sind, um in Andechs einen Geburtstag nachzufeiern, müssen mehr als eine halbe Stunde warten, bis sie den nötigen QR-Code auf dem Display sehen und damit die Lizenz für die erste Bestellung. Das Trio, das direkt vor der Einlasskontrolle wartet, wird schon langsam ungeduldig. "Es ist der erste Restaurantbesuch seit ich weiß nicht wie vielen Monaten", sagt Schwenk. Er muss noch einmal hinunter zum Testcontainer, dann klappt es.

Björn Wittnewen, Corina Sinning und Bernd Schwenkwarten auf ihr Testergebnis, das aufs Handy geschickt wird. (Foto: Georgine Treybal)

Kurz darauf sitzen sie am Tisch, direkt neben Jens Christophers aus München, der zusammen mit Dirk Brouwer aus Hamburg gekommen ist. "Es war Zeit. Endlich wieder zusammen ein Bier trinken", sagt Christophers sichtlich zufrieden.

Das Bräustüberl in Andechs ist nun wieder täglich geöffnet. Montag bis Freitag von 11 bis 20 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertags von 10 bis 20 Uhr. Die Teststation auf dem Klosterparkplatz ist täglich offen von 9 bis 13 Uhr und von 13.45 bis 17 Uhr. Es wird empfohlen, sich vorher online anzumelden.

© SZ vom 22.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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