Kino:Stars, Heroin und Brecht auf Stelzen

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Ina (Anne Ratte-Polle) hat Druck auf der Brust: Szene aus "Alle wollen geliebt werden". (Foto: Camino Filmverleih)

Auf dem Spielplan des 16. Fünfseen-Festivals stehen mehr als 130 Filme. Ein Überblick übers Programm.

Von Gerhard Summer, Starnberg

So viele deutsche Stars, so viele bekannte Schauspielerinnen und Regisseure schlagen hierzulande nur zu Matthias Helwigs Fünfseen-Filmfestival auf. Mehr als 80 internationale Gäste haben sich zur 16. Ausgabe des Großereignisses vom 24. August bis 4. September in Starnberg, Gauting, Seefeld und Weßling angekündet, wer sie erleben will, muss nur ins Kino oder in die Open-Air-Vorstellung gehen. Iris Berben kommt und Sandra Hüller. Nobert Lechner stellt alle sechs Filme seiner Werkschau vor. Und in der Tutzinger Akademie für Politische Bildung sind Marcus H. Rosenmüller und Oscar-Gewinner Pepe Danquart bei einer Diskussion über die "Tragikomödie Kino" dabei.

Zu den täglichen Gesprächen in der neuen Reihe "Meet The Festival" in Gauting wird gleich ein ganzer Schwarm von Filmemachern erwartet. Sie alle reden über ihre Arbeit, aber auch über aktuelle Themen. Unter anderem diskutieren jeweils von 19 Uhr an Annika Pinske ("Alle reden übers Wetter") und Saralisa Volm mit ("Schweigend steht der Wald"), Maryna Er Gorbach und Mehmet Bahadir Er ("Klondike"), Sophie Linnenbaum ("The Ordinaries") und Keti Stamo ("Sons of Cain"). Das Festival bekommt damit erstmals einen eigenen Treffpunkt, der Eintritt zu den Abenden ist frei.

Abstieg in die Gletschermühle: Lars Henrik Ostenfeld begleitet den Forscher Alun Hubbard bei einer riskanten Mission. (Foto: FSFF)

Wer sich guten Mutes einen Weg durchs Programmdickicht des Festivals bahnen will, stößt auf eine Mischung aus liebgewonnenen Standards und Neuigkeiten. Erstmals steht wieder die Dampferfahrt an (29. August, 18.30 Uhr), die in den zwei Vorjahren wegen der Pandemie ausgefallen ist. Es gibt wie immer Tango und Lyrik im Kino mit Ralf Sartori und Anton G. Leitner aus Weßling, der diesmal mit Jaromir Konecny skurrile Gedichten und Geschichten vorträgt (30. August, 19.30 Uhr, Gauting). In der Reihe "Kino und Klima", die 2021 Premiere hatte, laufen sechs Filme. Die Restrospektive gilt heuer Klassikern unter den Tragikomödien - von Billy Wilders "The Apartment" bis Miloš Formans "Einer flog übers Kuckucksnest". Und: Die gut 130 Dramen, Dokus, Komödien und Tragödien aus 30 Ländern, die auf Helwigs Spielplan stehen, sind erneut in 16 Sektionen aufgeteilt, die "Perspektive Spielfilm", "Odeon" oder "Best Of Festivals" heißen. In zehn Wettbewerben vergeben Jurys oder das Publikum Auszeichnungen wie den Fünfseen-, Horizonte- oder den SZ-Publikumspreis.

Die Dokumentation "Die Liebe frisst das Leben" dreht sich um den Ausnahmemusiker Tobias Gruben, der in Starnberg aufgewachsen ist. (Foto: FSFF)

Zu den vielen absolut sehenswerten Festivalfilmen, ob sie nun in Serbien spielen oder in Rimini, in der Ost-Ukraine oder in Berlin, gehört auch eine Dokumentation über Tobias Gruben (1963 bis 1996), "Die Liebe frisst das Leben". Der Musiker, der in Starnberg aufwuchs und ungewöhnlich starke und düstere deutsche Texte schrieb, spielte einst mit Christoph Schlingensief in der Gruppe "Die vier Kaiserlein". Anfang der Achtzigerjahre machte er sich nach Hamburg auf und sang bei den Bands "Cyan Revue" und "Die Erde". Kurz vor seinem Durchbruch starb Gruben an einer Überdosis Heroin. Er wurde 34 Jahre alt. Die Doku läuft am 28. August in Starnberg (17 Uhr), zur Vorstellung kommen Regisseur Oliver Schwabe, der Bruder des Musikers, Sebastian Gruben, und Kulturmanagerin Elisabeth Carr, die das Ausnahmetalent kannte.

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Ebenfalls auf dem Programm: das Drama "What Remains On The Way", das die inzwischen in Berlin lebende Starnbergerin Annika Mayer produziert hat. Der Film erzählt die Geschichte von Lilian, die ihren gewalttätigen Ehemann in Guatemala verlässt und sich mit ihren vier kleinen Kindern einer Migrantenkarawane anschließt. Ihr Ziel ist die 3000 Meilen entfernte mexikanisch-amerikanische Grenze (2. September, 17.30 und 20.30 Uhr, in Gauting, 3. September, 17 Uhr, in Seefeld).

Szene aus Robert Fischers Dokumentation "Das Arturo Projekt". (Foto: Robert Fischer)

Was die Weltpremieren betrifft, sind neben zwei Kurzfilmen ein Drama über Pädophilie ("Yellow Is The Sky" von Laura Kansy) und Robert Fischers Dokumentation über Brecht auf Stelzen zu sehen. Sein Film "Das Arturo-Projekt" zeigt die sich über zwei Jahre hinziehende Arbeit an einem "halsbrecherischen Unterfangen" von der ersten Probe bis zur Premiere. Bei der Inszenierung des Stücks "Der unaufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" arbeiteten nämlich zwei Schauspieltruppen, ein Wanderzirkus und eine Band zusammen, viele der Mitwirkenden begegneten sich zum ersten Mal (27. August, 19.30 Uhr, Gauting, 4. September, 11 Uhr, Starnberg).

Beim Auftakt an diesem Mittwoch setzt Festivalleiter Helwig wieder alles auf eine Karte: Der Start ins zwölftägige Vergnügen geht nämlich erneut unter freiem Himmel im Seebad Starnberg über die Bühne. 500 Gäste sind zur Eröffnung eingeladen, hinterhältige Regenwolken gehören hoffentlich nicht dazu. Die Wetterprognose ist immerhin vielversprechend: Am Abend soll der Himmel über der Kreisstadt blankgeputzt sein, die Temperaturen liegen nachts voraussichtlich bei 17 Grad. Geboten ist neben Reden und Fingerfood Katharina Wolls "Alle wollen geliebt werden". Die Komödie dreht sich um eine Psychotherapeutin, an der alle zerren: die Tochter, ihr neuer Partner und vor allem ihre Mutter. Die Regisseurin und ihre Hauptdarstellerinnen, Anne Ratte-Polle und Ulrike Willenbacher, sowie Produzent Markus Kaatsch kommen zum Fest.

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