Nachruf:Der "Tornado-Schnitzer vom Ammersee" ist tot

Lesezeit: 1 min

Bootsbaumeister Herbert Glas (1. April 1940 - 29. Juni 2023). (Foto: Robert Haas)

Herbert Glas hat Katamarane entwickelt, die nicht nur bei Olympischen Spielen für Gold gut waren. Jetzt ist der Bootsbauer vom Ammersee im Alter von 83 Jahren gestorben.

Von Peter Haacke, Herrsching

Manchmal kann ein einsamer Spaziergang ein ganzes Leben prägen: So muss es jedenfalls bei Herbert Glas, geboren am 1. April 1940, gewesen sein. Eigentlich wollte er sich 1958 als Lehrling beim Vermessungsamt bewerben, weil man da immer so schön an der frischen Luft ist, dachte er sich. Doch dann geschah etwas, was man heutzutage als "Magic Moment" bezeichnen würde: Glas hatte noch Zeit bis zu seinem Vorstellungstermin, schlenderte am Seeufer entlang - und entdeckte die Rambeck-Werft in Starnberg. Der junge Bursche beobachtete die Arbeiten und wusste sogleich: Das ist es! Glas wurde Bootsbauer.

Ein "Tornado" in Aktion - hier bei der Internationalen Segelwoche 2013 in Ilhabela (Brasilien). Der extrem schnelle Katamaran war von 1976 bis 2008 olympische Bootsklasse. (Foto: Imago Sportfotodienst)

Zehn Jahre später, nach Berufserfahrungen in der Schweiz, Chile, bei der Stummbaum-Werft in Herrsching und am Bodensee, machte der Geselle in einer eigenen kleinen Werkstatt sein Meisterstück. Seine volle Aufmerksamkeit aber galt einem neuen Bootstyp, den der Engländer Rodney March 1967 entwickelt hatte: der Tornado. Das Zweirumpfsegelboot gilt als bisher schnellste internationale Segelbootsklasse. Mit dem Klassenzeichen im Segel, ein T mit zwei Linien darunter, war der Katamaran von 1976 bis 2008 olympisch - und der Bootsbauer vom Ammersee hatte daran maßgeblichen Anteil.

Bootsbaumeister Herbert Glas und sein Partner Christian Gallasch (rechts) bei einer Probefahrt mit dem von ihnen entworfenen Bootstyp "Wikinger". (Foto: Robert Haas)

Unermüdlich arbeitete er an der Verbesserung des Bootes, unzählige Masten gingen zu Bruch. Ständig war Glas auf dem Wasser, um den Tornado noch schneller zu machen - und er verkaufte den 6,10 Meter langen Holzkatamaran mit beeindruckenden 23,8 Quadratmetern Segelfläche weltweit. Einige Wodka-Gelage mit der russischen Nationalmannschaft bescherten ihm einen Großauftrag, die Russen orderten gleich 30 Boote. Der Glas-Tornado wurde zum Markenzeichen, die bis zu 50 Stundenkilometer schnellen Boote aus extrem leichtem Mahagoni-Sperrholz gewannen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften.

Glas bekannte später: "Ich wollte den besten Tornado der Welt bauen." 1988, nach rund 300 gebauten Tornados, war Schluss damit. Gesundheit und private Probleme bremsten Glas aus. Zwischendurch entwarf er noch "Funcat" und "Mini Corn" - kleinere Holz-Katamarane. 2010 präsentierte Glas in Breitbrunn den "Wikinger", ein pfiffig konstruiertes Ruder- und Segelboot.

Glas, der "Tornado-Schnitzer vom Ammersee", ist am 29. Juni im Alter von 83 Jahren gestorben. Die Beerdigung findet am Donnerstag, 6. Juli, um 10 Uhr in Breitbrunn statt.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusFreizeit
:Die zehn goldenen SUP-Regeln

Stand-Up-Paddler gelten oft als ahnungslose Newcomer. Viele paddeln unbedarft los, ohne sich über Vorschriften oder Sicherheit Gedanken zu machen. Zehn Regeln für den Wassersport.

Von Tim Graser

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: