Baustelle in Starnberg:Unterirdischer Bach stoppt sozialen Wohnungsbau

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Die Genossenschaft hat das Rätsel vom See an der Leutstettener Straße gelöst. Es handelt sich tatsächlich um Grundwasser. Nach Monaten können die Arbeiten weiter laufen.

Von Sabine Bader, Starnberg

August Mehr wird sich noch lange an das jüngste Bauvorhaben der Wohnungsgenossenschaft Starnberger See erinnern. Denn der Vorsitzende hat mit dem Grundstück am Bahnhof Nord jede Menge Ärger. Angefangen hatte alles im vergangenen September, da stand plötzlich die Baugrube für die 40 Wohnungen unter Wasser. "Mit abpumpen war das nicht mehr beherrschbar", erinnert sich der Vorsitzende. Und sturzbachartig geregnet hatte es auch nicht. Für die Misere musste es also eine andere Ursache geben: Die Verantwortlichen dachten sofort an Grundwasser. Und auch die Tunnelgegner führen das problematische Bauvorhaben gerne an, um auf mögliche Grundwasserprobleme beim geplanten Tunnelbau hinzuweisen.

Doch die Situation an der Ecke Leutstettener Straße/Himbselstraße ist weit komplizierter, denn es handelt sich hier nicht einfach um Seegrund, der nach oben drückt, sondern um einen regelrechten Bachlauf. August Mehr geht davon aus, dass der Bach vom Hang herab kommt, das Grundstück genau an dieser Stelle passiert, dann unter dem Bahndamm durchfließt und schließlich in die Würm mündet. Die Wassermenge sei wohl etwa vergleichbar mit dem Georgenbach, meint er.

Die Genossenschaft überlegte hin und her, wie sie die Situation auf dem rund 3000 Quadratmeter großen Baugelände in den Griff bekommen könnte. Es folgten etliche Monate Stillstand. "Wir haben uns letztlich dann für das so genannte Düsenstrahlverfahren entschieden", erzählt Mehr. Das sei ein seltenes Verfahren, das in Deutschland bislang nur von sechs Firmen gemacht werde. Eine davon habe ihren Sitz günstigerweise im Großraum München und erklärte sich bereit, den Starnberger Fall zu übernehmen.

Im vergangenen Januar begann das Unternehmen dann mit der Arbeit. Diese besteht, vereinfacht ausgedrückt, darin, eine Art Zementgemisch an die besagte Position in 16 bis 17 Metern Tiefe zu injizieren und den Boden über dem Bachlauf so abzudichten, dass für eine gewisse Zeitspanne kein Wasser mehr durchkommt. Das scheint gelungen. Denn in der Baugrube steht derzeit nur mehr recht wenig Wasser. Diesen Rest will man jetzt abpumpen und noch in dieser Woche mit dem weiteren Aushub für die Tiefgarage beginnen. Wenn Garage und Erdgeschoss erst einmal fertig sind, soll ihr Gewicht ausreichen, um den Bach dauerhaft zu verdrängen. Davon geht der Vorsitzende aus. "Ich hoffe sehr, dass sich der Erfolg einstellen wird."

So sollen der entstehende Komplex mit 40 Wohnungen einmal aussehen. Illustration: Wohungsgenossenschaft Starnberger See (Foto: N/A)

Natürlich hat die Verzögerung die Genossenschaft nicht nur Zeit gekostet, sondern auch viel Geld. Zwölf Millionen Euro waren für das Bauprojekt angesetzt gewesen, "jetzt werden es wohl dreizehn Millionen werden", glaubt der Vorsitzende. "Das trifft uns natürlich voll." Unklar ist bislang noch, ob seine Genossenschaft die Mehrkosten alleine tragen muss, oder einen Dritten mit in die Pflicht nehmen kann, in dem sie - wie Mehr es möglichst gefällig ausdrückt - auf einen sogenannten "Haftungspartner" zurückgreifen kann.

Der zeitliche Ablauf sieht jetzt so aus: Angang April will man mit dem Bau von Tiefgarage und Bodenplatte beginnen. Danach werden Erdgeschoss und die drei weiteren Stockwerke folgen. Bis zum Winter 2019 will man dann mit allem fertig sein, so dass die Bewohner in den ersten Monaten 2020 einziehen können. 30 der 40 Wohnungen sind öffentlich fördert. Es gibt 29 Zwei-Zimmer-Wohnungen und eine Ein-Zimmer-Wohnung zu einem monatlichen Mietpreis von 6,50 bis 8,50 Euro pro Quadratmeter je nach Förderstufe. Die restlichen zehn Wohnungen sind keine Sozialwohnungen, sondern werden frei finanziert. Sie sind mit um die elf Euro pro Quadratmeter und Monat aber immer noch günstiger als auf dem freien Markt. Da könne man für Neubauten schon mal mit bis zu 15 Euro rechnen, meint der Vorsitzende. "Unser Ziel ist und bleibt es, in Starnberg erschwinglichen Wohnraum zu schaffen."

Derzeit hat die Genossenschaft, die traditionell ausschließlich in der Kreisstadt sozialen Wohnungsbau betreibt, 550 Wohnungen in ihrem Bestand. Mit den entstehenden 40 werden es dann 590 sein. Und für die neuen Wohnungen gibt es offenbar auch schon ziemlich viele Bewerbungen. "Die Nachfrage ist groß", erzählt der Vorsitzende.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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